F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

21.10.2015 / Verein

Kooperation zwischen F.C. Hertha 03 und Young Bafana (Südafrika)

Info über das Projekt und ein Interview mit Marco Reimann

F.C. Hertha 03 Zehlendorf und Young Bafana (Südafrika)

Der F.C. Hertha 03 Zehlendorf plant eine Kooperation mit dem Projekt „Young Bafana“ in Südafrika.

Ins Leben gerufen wurde das Projekt im Jahre 2010 von Bernd Steinhage und unserem ehemaligen Männerbetreuer Marco Reimann. Young Bafana bietet Kindern aus den Townships eine bessere Perspektive für die Zukunft durch Fußball und Bildung. Zudem werden dadurch gleichzeitig rassistische Barrieren abgebaut. Durch ein strukturiertes Training mit professioneller Periodisierung, einem ausgearbeiteten Ernährungsprogramm und eine gezielte schulspezifische Unterstützung ermöglicht Young Bafana die Erreichung des erfolgreichen Schulabschlusses.

Begonnen wurde das Projekt mit 8 Kindern und umfasst nun insgesamt 180 Kinder und Jugendliche im Alter von unter 9 bis unter 19 Jahren. 70% der Kinder kommen aus unterprivilegierten Familien und sprechen überwiegend kein Englisch.

Die Teilnehmer an diesem Projekt verpflichten sich zur Teilnahme am kostenfreien Unterricht, der durch ehrenamtlich arbeitende Lehrer durchgeführt wird. Neben dem fußballerischen Training wird in erster Linie Mathematik und Englisch unterrichtet.

Grundsätzlich zielt das gesamte Programm auf Wettbewerb, Sport, Spiel und Spass ab.

Praktikanten (speziell aus dem deutschsprachigen Raum), bleiben für mehrere Monate und gewährleisten kontinuierlich eine qualitativ hohe Ausbildung.

Über Sponsoren oder entsprechende Kooperationspartner/ Vereine erhält das Projekt professionelles Trainings- und Sportmaterial.

Ein großer Schwerpunkt, der relativ hohe Kosten verursacht, liegt beim Transport zwischen der Trainingsstätte und dem Township. Mit zwei Kleinbussen müssen die Jugendlichen über mehrere Kilometer transportiert werden. Benzin und Unterhaltskosten der Busse verschlingen hohe Summen und müssen durch Sponsorengelder abgedeckt werden.

 

„Viele Jungen dort unten haben wahnsinniges Talent!“

Marco Reimann über das Projekt „Young Bafana“ / Hertha 03 engagiert sich in Südafrika

Marco, worum geht es in Deinem Projekt „Youngbafana“ genau und seit wann bist Du dort engagiert bzw. hat Deine Position eine Bezeichnung? Wie viele Leute sind dort engagiert?

Marco Reimann: "Young Bafana" (übersetzt: die jungen Jungs oder junge Wilde) ist ein Sozialprojekt für Kinder und Jugendliche in Südafrika, Region Western Cape, Somerset West, das sich speziell an unterprivilegierte schwarze Kinder in Townships in Verbindung mit weißen Kindern aus allen Gesellschaftsschichten richtet, um sie zum einen mit Bildung (vorrangig Englisch und Mathematik mit ehrenamtlichen Lehrern ) und zum anderen mit der Möglichkeit zu versorgen, dem Fußballsport nachzugehen. Hier wird in den Kategorien leistungsorientiert im richtigen Meisterschafts-/ Pokalspielbetrieb oder im Breitensport beides abgedeckt. Ziel ist es , talentierten Spielern den Weg in den Vereinssport zu ebnen und durch das Bildungsangebot eine Perspektive für einen Schulabschluss und damit bessere Berufschancen zu ermöglichen, haben wir mit Eigenmitteln und ersten Spenden das Angebot erweitern können. Ich bin seit Gründung als Mitgründer 2010 dabei, fest engagiert sind neben dem Gründer Bernd Steinhage, ein Südafrikaner mit deutschen Wurzeln, noch drei bis vier feste Trainer, die auf geringer Honorarbasis dort arbeiten. Hinzu kommen seit zwei Jahren regelmäßig Praktikanten aus Deutschland, in der Regel lizenzierte Trainer für mehrere Monate, um ihr Wissen weiterzugeben und zu erweitern.

Wer hat dieses Projekt eigentlich ins Leben gerufen?

Bernd Steinhage hat mit mir anlässlich der Fußball-WM 2010 aufgrund der großen Nachfrage mit der Durchführung von Feriencamps begonnen und dann "Young Bafana" als nachhaltiges Projekt gegründet. Steinhage, mit dem ich seit 2005 befreundet bin, studierte 6 Jahre in Berlin und ist gebürtiger Südafrikaner. Offiziell starteten wir mit 8 Kindern (schwarz und weiß), besucht haben die Camps aber bis zu 30-40 Kinder. Um den finanziell schlecht gestellten Kindern aus den Townships, die in der Regel sehr talentiert sind, die Teilnahme zu ermöglichen, haben wir von der Teilnahmegebühr der Kinder, die an den Camps teilnehmen, mit Absprache der Eltern die Townshipkinder gesponsert. Unter anderem wurde auch das Taxi für die Teilnahme an den Beachturnieren oder an den Camps davon bezahlt. Mehr und mehr konnten wir einige finanziell gut gestellte Eltern zu einer Spende bewegen, die zumindest einen Teil der Kosten deckten. Diese Eltern haben erkannt, dass der Sport ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft ist und er erheblich zum Abbau von Vorurteilen beisteuert.

Was genau machst Du, wenn Du dort bist und wie sehen Deine Aufgaben in Berlin aus?

Wenn ich dort bin, leite ich für alle Alters-und Leistungsgruppen das Torwarttraining und schule andere Trainer, damit diese die Arbeit nach meiner Rückkehr nach Deutschland effizient fortsetzen. In diesem Jahr haben wir mit den Trainern einen TW-Trainer-Workshop durchgeführt, der sehr viel Spaß machte und allen verdeutlicht hat, wie wichtig dieser Trainingsbaustein ist. Ferner begleite ich Bernd Steinhage zu potenziellen Sponsorengesprächen, helfe beim Transport der Kinder und den Materialien und gebe in Trainingsgruppen (auch Feldspielern) meine Erfahrungen weiter. Leider ist die Zeit der Aufenthalte immer viel zu kurz.

Engagiert sich Hertha 03 Zehlendorf bereits oder wird das erst in Zukunft erfolgen?

Der Anstoß für eine Zusammenarbeit mit Hertha 03 ist jetzt erst erfolgt, konnte durch wertvolle Materialspenden aber bereits angeschoben werden. Ich verstehe natürlich, dass die aktuelle Flüchtlingsproblematik auf den Nägeln brennt, aber das muss eine Zusammenarbeit ja nicht ausschließen, zumal es auch mit kleinen Summen und Materialhilfen, wie bereits großzügig durch Schuh- und Ballmaterial erfolgt, möglich ist, uns mittel-und langfristig zu unterstützen. Das Schöne an der Sache ist, dass ich persönlich weiß, was wie wo ankommt, die Spenden nicht irgendwo versickern, sondern 1:1 dem Projekt zukommen. Dafür kann ich garantieren.

Wie kann der Verein ganz konkret helfen und wie soll eine Kooperation aussehen? Werden Vereinsverantwortliche auch einmal die Gegebenheiten vor Ort besuchen?

Natürlich sind Geldspenden (schon kleine regelmäßige Summen helfen uns) für die Unterhaltung des Projekt sehr wichtig. Speziell die beiden Transportbusse für die Spieler von den Townships zu den Trainings-und Spielstätten kosten enorm Sprit. Was aber auch interessant und wichtig ist, dürfte die Außenwirkung des Vereins sein und die Möglichkeit, z. B. im Urlaub in Südafrika, das Projekt live zu besuchen, um zu sehen, dass jede Sach-oder Geldspende sinnvoll angelegt ist in Trainingsmaterial oder Sprit für die Busse. Hier geht es nicht um Bequemlichkeit, sondern darum, dass das öffentliche Verkehrsnetz nicht ausgebaut ist oder viele Eltern der Townshipkinder schlicht kein Geld für Bildung oder Busfahrten haben, um die Kinder regelmäßig zum Training oder in die Schule zu schicken. Hier greift unser Projekt gezielt und nachhaltig ein. Die Kinder müssen, wenn sie an "Young Bafana" teilhaben wollen, neben dem Training auch dem Unterricht beiwohnen, den das Projekt finanziert bzw. wofür sich Lehrer teilweise ehrenamtlich engagieren.

Läuft es auf ein rein soziales Engagement hinaus, oder kann der Verein auf lange Sicht auch etwas erwarten bzw. zurückbekommen – abgesehen von der Dankbarkeit, die Du wahrscheinlich dort erlebst.

Wir erhoffen uns, dass es nicht nur ein rein soziales Projekt wird/bleibt. Wenn wir die Möglichkeit sehen, einem Spieler eine gute Perspektive in Deutschland geben zu können, wird er dem Verein Hertha 03 zugeführt. Natürlich muss er den hohen Ansprüchen des Clubs im Ober- oder Regionalligabereich entsprechen können und entsprechend auch sozial gefestigt sein. Ferner können wir uns einen regelmäßigen Austausch von Trainern vorstellen, Unterkunft vor Ort würde selbstverständlich von "Young Bafana" geregelt werden können. Ein sichtbarer Werbeeffekt auf den Fahrzeugen und auf der Homepage des Clubs ist natürlich machbar, ideal wäre die Verlinkung auf den jeweiligen Internetseiten beider Clubs. Und weitere Dinge können sich aufgrund von Gesprächen und besuchen ergeben, so wird Timo Steinert u.a. im November nach Kapstadt fliegen und hoffentlich einen Tag mal das Projekt live erleben und sich ein Bild unserer Arbeit machen. Das Erlebnis vor Ort öffnet einem extrem die Augen und entfacht Begeisterung, zeigt aber auch, wo unsere Defizite sind.

Wird es einen Austausch geben und wenn ja, wie könnte dieser aussehen?

Wie erwähnt, besteht die Hoffnung auf einen Austausch von Trainern und idealerweise auch von Spielern, zumindest zeitlich begrenzt.

Hofft der Verein eines Tages auf einen Samuel Eto’o?

Niemand ist ein Fantast, aber in der Tat haben viele Jungen dort unten ein wahnsinniges Talent, sind technisch begabt und lernen im taktischen Bereich schnell dazu. Das Tempo in einigen Spielen, die ich gesehen habe, ist enorm hoch. Bei der regelmäßigen taktischen und technischen Schulung der Jungen ist ein großer Fortschritt zu erkennen. Einige der Jungen kommen nach und nach ins Blickfeld der größeren Vereine in Kapstadt, u.a. Ajax Amsterdam, aber natürlich ist es bis zum Profi in der PSL ("professional soccer league") ein langer und steiniger Prozess. Wir bilden die Basis für die Jungen und legen keine Steine in den Weg, ganz im Gegenteil. Wenn "Young Bafana" ein Sprungbrett sein kann - umso besser!

Was wird noch benötigt und können sich auch Privatpersonen in irgendeiner Form engagieren, beispielsweise durch Geldspenden?

Jede Privatperson ist eingeladen und herzlich willkommen. Mit Material (Trainings-Spielkleidung und Trainingsmaterial) sind wir recht gut aufgestellt. Schwerpunkt ist der finanzielle Aufwand für die Spritkosten und die Unterhaltung der beiden Fahrzeuge (Wartung / Reparaturen / Verschleiß / Steuern / Versicherung). Wer Interesse hat, vor Ort aktiv mitzuhelfen, z.B. als Trainer, ist herzlich willkommen und wird hervorragend aufgenommen und mitgeführt. Es ist ein angenehmes, wunderbares Arbeiten mit willigen, dankbaren Menschen, die wissbegierig und offen für Neues sind. Diese Arbeit hilft stets, noch immer bestehende Barrieren zwischen den Rassen Stück für Stück einzudämmen, baut Vorurteile ab und bringt einen menschlich enorm weiter. Verbunden wird das mit einem herrlichen Ambiente in der Gegend um Somerset West / Stellenbosch. Wer einmal dort war, möchte immer wieder dorthin. Und ein Besuch der Traumstadt Kapstadt mit seiner Waterfront wird das bestätigen.

Haben wir etwas vergessen zu fragen, was Du aber gern „loswerden“ möchtest?

Das Thema Sicherheit wird ja immer wieder angesprochen. Ich persönlich habe in den ganzen Jahren seit 2007 keinerlei schlechte Erfahrung gemacht. Wenn man gewisse Dinge beachtet und mit klarem Verstand agiert, ist man dort unten genau so sicher/unsicher wie bei uns in Deutschland. Wir tun ja immer so, als sei Deutschland das sicherste Land der Welt. Die Realität sieht oft anders aus. Wer nicht gerade nachts mit dicker Rolexuhr und Geldbündeln in der Hand durch die Townships läuft, muss nichts befürchten. Die Menschen dort unten sind viel weltoffener und kontaktfreudiger als mancher Deutsche! Und Freundschaft wird dort unten nicht nur schnell geschlossen, sie wird nachhaltig gepflegt.

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