F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

24.04.2016 / 1. Herren

Zweifel am Zehlendorfer Nervenkostüm

Schützenhilfe durch SV Lichtenberg 47 / Özdal & Warwel fehlen gegen TeBe

Besinnen sie sich auf ihre Stärken, können die Zehlendorfer das Meisterrennen durchaus zu ihren Gunsten entscheiden“, schrieben wir vor Wochenfrist an gleicher Stelle. Seit Freitagabend kommen arge Zweifel auf, ob sie dem zunehmenden nervlichen Druck gewachsen sind. Hätten die Fürstenwalder derzeit nicht scheinbar vergleichbare Probleme, hätte am Sonntag bereits eine Vorentscheidung im Aufstiegskampf fallen können – gegen die „kleine Hertha“. Doch vorerst geht das Duell weiter, wenn auch mittlerweile im Schneckentempo.

Am Freitag gab es erstmals Bedenken bezüglich des Zehlendorfer Nervenkostüms. „Wir dürfen uns nun keine Fehler mehr erlauben“, machte Präsident Kamyar Niroumand vor einigen Wochen klar, dass es bei dieser engen Konstellation auf Kleinigkeiten ankommen kann. In Strausberg produzierten sie Fehler in Serie, weil (vor und während des Spiels) diverse Nebenkriegsschauplätze eröffnet wurden und vom Wesentlichen ablenkten. Nur gut aus Zehlendorfer Sicht, dass es im einige Kilometer östlich von Berlin gelegenen Fürstenwalde ähnlich aussieht. Nur drei der letzten sechs Spiele konnten von den Unionern gewonnen werden. Es spricht einiges dafür, dass am Ende das Team das Rennen macht, das in den letzten Spielen die Ruhe und Lockerheit behält.

Im Spiel selbst war auffällig, dass einige Akteure, auch am Spielfeldrand, ihre Nerven nicht im Zaum hatten. Gerade in der hektischen Endphase, als sich die Rudelbildungen häuften, drohte einige Male eine Eskalation. Bei so viel zweifellos vorhandener spielerischer Klasse ist es schon bemerkenswert, wie viel Kraft (und Konzentration) für Reklamationen und Diskussionen vergeudet wird. Die Zehlendorfer können beinahe schon von Glück reden, dass sie am kommenden Freitag „nur“ auf ihren Kapitän Erdal Özdal (10. Gelbe Karte) und ihren Torjäger Niclas Warwel verzichten müssen. Gerade „Maxi“ Obst, ebenfalls mit vier gelben Karten vorbelastet, täte gut daran, seinen Gesprächsdedarf mit dem Unparteiischen einzuschränken. Auf ihren Regisseur können die Zehlendorfer in dieser Phase am allerwenigsten verzichten. Es muss in die Köpfe aller Spieler, dass sie eine Veranwortung für die Mannschaft tragen.

Einen Vorwurf bezüglich ihres Einsatzwillens kann man den Zehlendorfern im zweiten Abschnitt nicht machen, doch fehlte ihnen die klare Linie und einen echten Torschuss musste Strausbergs Keeper Timo Hampf in 45 Minuten nicht parieren. Zeitweise wirkte es so, als verkrampften sie regelrecht nach dem Rückstand. Vielleicht war ihnen auch ihre Bilanz im Hinterkopf: Von acht Spielen, in denen sie zurücklagen, gelangen ihnen anschließend nur noch zwei Siege (gegen SV Lichtenberg 47 und FC Anker Wismar jeweils 3:1).

Gegen Tennis-Borussia haben sie die letzte Gelegenheit, ihre verkorkste Bilanz im April aufzubessern und damit gleichzeitig den Druck auf Union Fürstenwalde wieder zu erhöhen. Dass dies auch am letzten Freitag ihre Absicht war, scheint die einzige vernünftige Erklärung für diesen unglücklichen Auswärtstermin. Es ist natürlich hypothetisch: Aber eine ausgeruhte Zehlendorfer Mannschaft hätte an einem Samstag oder Sonntag vielleicht wenigstens den einen Punkt mitgenommen, der ihnen zur Tabellenführung verholfen hätte. Auch hier lohnt es, auf eine Bilanz hinzuweisen: Von neun Freitagsspielen, konnten lediglich vier gewonnen werden. Keine ausgesprochen gute Bilanz für ein Spitzenteam. Gerade ein Auswärtsspiel an einem Wochentag erscheint nicht ideal. Einen Arbeitstag hinter sich zu haben, um anschließend eine Busreise antreten zu müssen, kann unmöglich leistungsfördernd sein.

Dass die Veilchen derzeit auch keine Bäume ausreißen, muss nichts bedeuten. In diesem Derby steckte immer schon eine besondere Brisanz, und die Borussen wollen sicherlich beweisen, dass sie besser sind, als man nach den letzten Resultaten glauben könnte. Die Personalsituation für Markus Schatte sah schon besser aus, allerdings bietet sich nun dem zweiten Anzug die Chance zu zeigen, was er „drauf“ hat. Dennis Dombrowe dürfte in die Innenverteidigung der Startformation rücken, Efräim Gakpeto den gesperrten Warwel ersetzen. Oder überrascht der Coach alle?

Dass die Partie gegen Tennis-Borussia überhaupt noch für die Zehlendorfer von solcher Bedeutung ist, haben sie ihren Berliner Kollegen aus Lichtenberg zu verdanken. Der SV Lichtenberg 47 leistete Schrittmacherdienste durch einen 3:1-Auswärtserfolg in Fürstenwalde – der ersten Heimniederlage der Gastgeber überhaupt. Für die „kleine Hertha“ auch ein Fingerzeig, dass dort womöglich in einigen Wochen etwas „zu holen“ ist.

Es sei an die Worte Niroumands zu Beginn erinnert. Können sich die Zehlendorfer auf ihre spielerischen (und durchaus auch vorhandenen kämpferischen) Stärken besinnen, unsägliche Nebenkriegsschauplätze vermeiden, ihre Nerven in den Griff bekommen und Disziplin bewahren, dann, nur dann, können sie an der Spitze weiter ein Wörtchen mitreden. Am Freitag kamen leise Bedenken auf, auch wenn der Druck auf Fürstenwalder Seite ungleich höher ist.

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