F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

06.08.2022 / 1. Herren

Zuschauer restlos begeistert

Geschlossene Teamleistung beim überzeugenden 4:0-Auftakt gegen FSV Union Fürstenwalde

Vielmehr noch überrascht haben an diesem Freitagabend unmittelbar nach Spielende die nüchternen Analysen von Zehlendorfs Trainer Robert Schröder und seinem Co. Timo Steinert. Während Zuschauer und Umfeld nach dem 4:0-Auftaktsieg der „kleinen“ Hertha über Regionalliga-Absteiger FSV Union Fürstenwalde noch vollkommen aus dem Häuschen waren, betonten beide Verantwortlichen, „dass von den Abläufen noch längst nicht alles funktioniert hat.“ Na, wenn's so ist! Das lässt für die Zukunft hoffen, der gestrige Abend mit dem Auftakt nach Maß hat jedenfalls Appetit auf mehr gemacht.

„Wundertüte“ Hertha Zehlendorf hieß es noch Stunden vor dem Anpfiff. Mit dem Auflaufen der Teams war zumindest schon mal klar, auf wen Schröder in den ersten 90 Minuten der Saison setzen würde. Tatsächlich fanden sich drei „Junioren-Aufsteiger“ in der Startaufstellung wieder: Oskar Praus in der Dreierkette (mit Lenny Stein und Neuzugang Eric Stiller), Jonas Burda auf der linken Außenbahn und Cenker Yoldas in zentraler Position. Vorab: Alle erledigten ihren Job ausgezeichnet und feierten einen guten Einstand. Die Prognose von Team-Manager „Zippo“ Stüwe-Zimmer („Mir scheint, dass wir dieses Jahr ausgeglichener besetzt sind“) scheint sich zu bestätigen – auch wenn eine Schwalbe noch keinen Sommer macht. Zu Zugang Valentin Henneke gleich mehr.

Die Gäste übernahmen zu Beginn die Spielkontrolle und legten ein derart hohes Tempo und Pressing vor, dass man um das junge Zehlendorfer Team schon bangen musste. Da kam der frühe Führungstreffer wie aus dem Nichts gerade recht. „Das hat der Mannschaft natürlich gut getan“, gab Steinert hinterher zu. Über Tim Grabow und Henneke gelangte das Leder zu Zulu Ernst, der sich geschickt um seinen Gegenspieler wand und mit dem linken Fuß flach ins linke Eck traf (6.). Der Senkrechtstarter aus der letzten Saison hat über den Sommer das Zielwasser nicht verloren und erneut seinen Torriecher bewiesen. 

Fortan drängte der Regionalliga-Absteiger noch heftiger, bestimmte das Tempo und ließ die Gastgeber kaum aus der Umklammerung. Ein von Salvatore Micillo auf das Tor „geschaufelter“ Ball wurde immer länger, Paul Büchel konnte die Kugel gerade noch über die Latte lenken (18.). Danach aber erholten sich die Berliner, spielten immer wieder lange Bälle hinter die Kette der Gäste. „Wir hatten uns schon darauf vorbereitet, dass Fürstenwalde frühes Pressing spielen wird. Daher war es wichtig, dass ich das immer überspiele“, gab Schlussmann Büchel einen Einblick in die Marschroute. 

Es folgte jene Phase, in denen immer häufiger ein Raunen durch die Zuschauerreihen ging. Mit atemberaubender Geschwindigkeit lief teilweise der Ball durch die Reihen der „kleinen“ Hertha. Mag die Geschwindigkeit eines Mike Ryberg oder auch Melih Hortums verlorengegangen sein, so erwiesen sich alle Zehlendorfer als handlungsschnell, was zu diesem Tempo führte. Aggressivität, direktes Spiel (wenn möglich) und ein schneller Zug zum Tor zeichneten die Gastgeber aus. „Hertha 03 mit Herz“, hieß es auf der Tribüne. So fiel das 2:0 schon nicht mehr überraschend. Burda hatte sich energisch durchgesetzt, Tim Grabow bediente mit „Beinschuss“ Jason Rupp, der im Stile eines Torjägers mit strammen Schuss eiskalt ins rechte Eck (25.) vollendete. Wenig später versäumten der agile Grabow (29.) und Igli Cami (32.) die Vorentscheidung.

Deutlich zeichnete sich ab, dass Henneke zum Dreh- und Angelpunkt des Zehlendorfer Spiels werden könnte. Er behauptete sich in Zweikämpfen, bewies Kopfballstärke und ein gutes Auge – von seiner Ballsicherheit ganz abgesehen. Aber auch Yoldas bewies, dass er die erhoffte Verstärkung sein kann, die man sich erhofft hatte. 

Glück hatten die Berliner in der 39. Minute. John Grubers Schuss aus gut 20 Metern lenkte Büchel an den rechten Pfosten, von dort prallte die Kugel parallel zur Torlinie. „Bis auf den Pfostenschuss, den Ball pariere ich vorher noch, hatte der Gegner keine zwingenden Torchancen“, schilderte Büchel die einzig nennenswerte Möglichkeit der Gäste. „Beim Pfostenschuss haben wir Glück, dass er rausspringt“, gab auch Schröder zu.

Nach dem Wechsel blieben Torchancen Mangelware. Fürstenwalde hatte mehr Spielanteile, ohne zwingend zu werden. Die endgültige Entscheidung blieb Kapitän Stein vorbehalten. Sicher verwandelte er einen Foulelfmeter nachdem Ernst zu Fall gebracht wurde (73.). Das schönste Tor des Tages blieb Einwechselspieler „Maxi“ Obst vorbehalten. In „Mario-Götze-Manier“ nahm er ein feines Zuspiel von David Kinner mit der Brust an, aus der Drehung hämmerte er die Kugel zum 4:0 in die lange Ecke (86.).

„Mit einem 4:0 haben wir natürlich nicht gerechnet. Es war ein super Einstand. Für mich war es einfach, in dieser Mannschaft zu spielen. Heute hat noch nicht alles geklappt, aber wir sind ja auch erst zwei, drei Wochen dabei“, freute sich Henneke über seinen gelungenen Einstand. Torhüter Büchel hob heraus, „dass wir hinten gut stehen können, haben wir letzte Saison schon bewiesen. Lenny und Louis (Stüwe) sind einfach überragend, heute haben es Eric (Stiller) und Oskar (Praus) in ihrem ersten Spiel auch sehr stark gemacht.“ Im Gegensatz zu vielen anderen war Co-Trainer Steinert „nicht so sehr überrascht. Die Jungen haben das gut umgesetzt, was wir ihnen auf den Weg gegeben haben. Wir waren mutig, überzeugt und haben damit den Gegner genervt.“ Für Trainer Schröder war sein Team „in der ersten Halbzeit 30 und im zweiten Abschnitt 35 Minuten sehr aktiv, auch wenn von den Abläufen noch nicht alles funktioniert hat. Wir haben die kritischen Phasen mit talentfreien Eigenschaften wett gemacht, mit viel Fleiß und hohem Potenzial an die Schmerzgrenze zu gehen. Der Sieg ist daher verdient, vom Resultat her ein wenig zu hoch. Fürstenwalde hatte hohe Spielanteile, Aber in den zweiten 45 Minuten hatten die Gäste keine klare Torchance mehr. In einigen Phasen standen wir noch zu tief, das hängt natürlich mit der kurzen Vorbereitung zusammen, dass wir noch nicht da sind, wo wir hinwollen.“

Das 4:0 erinnerte an den Start vom Vorjahr, als im ersten Heimspiel der MSV Neuruppin ebenfalls mit 4:0 geschlagen nach Hause geschickt wurde. Und doch gibt es gravierende Unterschiede. Trafen die Zehlendorfer damals auf einen harmlosen, mit zu viel Respekt agierenden Aufsteiger, stellte sich ihnen gestern ein Kontrahent von anderem Format entgegen. Das 4:0 täuscht darüber hinweg, welch Qualitäten die Fürstenwalder auf den Rasen brachten. Zum anderen traten die Berliner vor Jahresfrist fast in Bestbesetzung an. Beim gestrigen Start aber fehlten zum Anpfiff bewährte Kräfte wie Carl Hopprich, Dennis Dombrowe, Mushakir Razeek, Bruno Ott, Obst und Stüwe. Da jedoch zu später Stunde (beim besten Willen) in einem geschlossenem Team kein Schwachpunkt auszumachen war, wird Schröder zukünftig (hoffentlich) die Qual der Wahl haben. Gestern traf es zum Beispiel Danijel Kljajic, der gar nicht zum Einsatz kam. Der überaus talentierte Verteidiger, noch in der Junioren-Bundesliga eingeplant, überzeugte in den Testspielen restlos, musste aus taktischen Gründen außen vor bleiben. Doch gerade die Erfahrungen aus dem Vorjahr zeigen, dass die sonst so häufig bemühte Floskel „Alle werden gebraucht“ tatsächlich zutrifft. Bis zum kommenden Wochenende in Neustrelitz gilt es, die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Die TSG war im letzten Jahr das einzige Team, dem es gelang, die „kleine“ Hertha zweimal zu bezwingen. Das sollte Warnung genug sein. 

 

Hertha 03: Büchel; Stein, Stiller, Praus; Burda (87. Sow Sow), Yoldas, Cami (87. Cross), Henneke (78. Stüwe), Rupp (78. Obst); Grabow (69. Kinner), Ernst 

Die Tore: 1:0 Ernst (6.), 2:0 Rupp (25.), 3:0 Stein (73., Foulelfmeter), 4:0 Obst (86.)

Zuschauer: 173

Gelbe Karten: Praus, Rupp, Burda

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