F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

03.08.2021 / 1. Herren

„Wir wollen die positiven Dinge mitnehmen!“

Unsere Oberliga-Trainer Fabian Gerdts und Robert Schröder im großen Doppel-Interview - Teil 1 vor dem Saisonstart am Sonntag in Pampow

Viele staunen über die Trainerkonstellation bei Hertha 03. Es heißt, Ihr agiert gleichberechtigt. Macht Ihr tatsächlich alles gemeinsam oder teilt Ihr Euch bestimmte Bereiche auf? Gibt es da Unterschiede in der Art „Good Cop / Bad Cop“?

 

Fabian Gerdts: „Nein, solche Aufteilung gibt es nicht. Wir sprechen uns in allem ab, auch im taktischen Bereich. Selbst wenn wir einmal unterschiedlicher Meinung sind, tauschen wir gute Argumente aus und dann gibt es immer einen, der sagt „Hast recht, das ergibt mehr Sinn“. Damit sind wir bis jetzt sehr gut gefahren. Es nimmt sich immer mal einer zurück. Mir macht diese Konstellation jedenfalls sehr großen Spaß und ich habe in „Schrödi“ absolutes Vertrauen.“

 

Robert Schröder: „Ich kann das nur teilen, was „Fabi“ gesagt hat. Diese Zusammenarbeit ist sehr befruchtend. In den Entscheidungen diskutieren wir manchmal länger, oft sind wir aber auch schnell einer Meinung. Wir nehmen uns auch beide nicht zu wichtig als dass wir unsere Ansicht unbedingt durchdrücken wollen. Wenn „Fabi“ eine Lösung findet und vorschlägt, die aufgrund der Argumente sinnvoller ist als die, die ich vorgeschlagen habe, habe ich kein Problem ihm zuzustimmen. Letzten Endes sind wir beide hier, um das bestmögliche für die Mannschaft und den Verein herauszuholen und nicht, um persönlich zu glänzen.“

 

Was war für Euch das Schwierigste in der Corona-Pause? War es für Euch ein Problem, zeitgleich die eigene Motivation zu behalten und dabei die Spieler mitzuziehen? Ihr hattet schließlich auch eine Verantwortung für das Team - und das über einen sehr langen Zeitraum!

 

Schröder: „Wenn Du nicht weißt, wo der Hafen ist, ist es egal wie der Wind weht. Dadurch, dass nie ein wirkliches Ziel vorgegeben wurde, auch nicht von Verbandsseite aus, war es zum einen persönlich schwierig, die Motivation hochzuhalten als auch etwas von den Jungs einzufordern, was wir selber nicht vorleben. Als dann endlich ein Starttermin in Sicht kam, war es sowohl für uns als auch für die Mannschaft einfacher, die Pläne abzuarbeiten. Aber in der ersten Phase der Corona-Pause war es extrem unbefriedigend. „

 

Gerdts: „Es war für alle Beteiligten schwierig. Von der Betreuerin, über die Trainer bis zu den Spielern. Es war unglaublich schwierig, wenn man sich in einer Pause befindet und man nicht weiß, wann es weitergeht.“

 

Wie seid Ihr mit der Vorbereitung zufrieden? Haben nach der langen Pause alle schneller wieder Fuß gefasst als erwartet oder blieb alles im Rahmen? Wie sieht es mit Verletzungen aus? Es war ja befürchtet worden, dass gerade die Anzahl muskulärer Wehwehchen zunehmen würde.

 

Gerdts: „Es war eigentlich wie nach einer normalen Pause, denn der Leistungsstand der Spieler war sehr unterschiedlich. Der eine war total fit, weil er alles gemacht oder vielleicht sogar noch mehr trainiert hat als wir Trainer vorgegeben haben. Und andere haben versucht, sich irgendwie „durchzuschlingeln“. Man konnte auch nicht alles genauestens überprüfen, und deswegen hatten wir schon sehr unterschiedliche Stände. Für uns Trainer war es eine große Herausforderung, alle auf ein ähnliches Level zu bringen wie Fitness, Spielpraxis und Einspielen der Mannschaft. Da sind wir nicht vollends zufrieden, auch weil uns schwere Verletzungen in den letzten Tagen zurückgeworfen haben. (Anmerkung: Zihni Taner Hirik, Tim Grabow, Deniz Citlak, Carl Hopprich und Egzon Ismaili fallen wohl zum Saisonstart aus). Also haben wir auf der einen Seite Fortschritte gemacht, aber leider hatten wir auch immer wieder Rückschläge.

 

Schröder: „Dem schließe ich mich an. Zufrieden können wir mit dem sein, wie sich die Jungs hier in den letzten sechs bis acht Wochen präsentiert haben. Auch wenn es mal ein, zwei Einheiten gab, wo sie vielleicht mein Gesicht nicht mehr sehen oder Fabis Stimme nicht mehr hören mochten. Aber die Jungs haben die Art und Weise, wie wir Fußball spielen wollen, gut angenommen. Die Verletzungen jedoch, gerade jetzt zum Schluss nochmal die schwere Verletzung von Carl Hopprich, tun uns ungemein weh.
 

Vielleicht ohne zu viel Euren Gegnern zu verraten, gebt doch mal einen Einblick in Eure Spielphilosophie. Eines scheint ja bei den Abgängen von Sebastian Huke und Patrick Jahn bzw. den Zugängen Tim Grabow und Romario Hartwig offensichtlich…

 

Schröder: „Wir wollen aktiven Fußball spielen und uns auch nicht auf ein System festlegen. Wir wollen in jeder Phase des Spiels agil sein, aggressiv den Gegner anlaufen und nach Ballgewinn ein höheres Umschalttempo an den Tag legen als in den letzten Jahren. Es soll jetzt nicht heißen, dass Sebastian, Patrick oder die anderen Abgängen das nicht täten – das sind alles klasse Fußballer. Zudem sind die Unterschiede ja nicht so offensichtlich, denn Zulu Ernst ähnelt von der Spielanlage schon der von Sebastian, dagegen gibt uns Mushakir (Razeek) über die Außenbahn eine neue Geschwindigkeit, Romario (Hartwig) und Deniz (Citlak) Tempo und Zug zum Tor. Tim (Grabow) versprüht enorm Esprit, ist emsig und umtriebig. Auch alle anderen wie Arthur (Langhammer), der sich schon sehr gut etabliert hat, Tom (Köster), Fotios (Pantazelos), Nils (Jonas) und Deniz-Kaan (Hirik) sind alles lernwillige Spieler, die Bock haben auf Oberliga-Fußball. Aber auch für die Etablierten waren bereit, andere Dinge zu anzunehmen und anzuwenden.“

 

Gerdts: „Kleine Ergänzung dazu. Wenn wir zurückdenken, wieviele Gegentore wir in der letzten Saison bekommen haben, nämlich viel zu viele, und nun versuchen, eine Top-Mannschaft zu werden – und das wollen wir werden – dann müssen wir da eine bessere Stabilität hinbekommen. Wir benötigen besseres Pressing und alle müssen aktiv in die Balleroberung gehen. Wenn man oben mitspielen will, muss man statistisch weniger Gegentore kassieren. Wir können ja selbst nicht immer vier, fünf Treffer erzielen. Dieser Punkt ist für uns sehr wichtig.“

 

Dann seid ihr, betrachtet man nur die Resultate der Vorbereitung, auf einem guten Weg.

 

Schröder: „Ich würde mich in der Vorbereitung davon lösen, die Resultate zu betrachten. Natürlich ist es schön, wenn man Spiele gewinnt, aber für uns war es eher wichtig, in bestimmten Etappen die Schwerpunkte weiterzuentwickeln, auf die es in diesen Phasen ankam. So haben wir auch die Einsatzzeiten und Belastungen der Spieler verteilt.“

 

Gerdts: „Wir wissen auch, dass im Fußball die Vorbereitung sehr wichtig ist, aber wenn am nächsten Sonntag angepfiffen wird: Dann musst du da sein! Ich habe selbst Fußball gespielt und Vorbereitungen erlebt, wo wir die Testspiele locker gewonnen haben, aber im ersten Spiel waren wir vom Kopf aus nicht da. Es kann aber auch genau umgekehrt kommen: Schlechte Vorbereitung, toller Start. Man darf sich von beiden Richtungen nicht blenden lassen. Man kann die positiven Dinge trotzdem mitnehmen, muss aber weiter achtsam sein.

 

Teil 2 des Interviews folgt morgen!

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