F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

26.01.2018 / 1. Herren

"Vereine gehen kaputt und Spieler werden verrückt gemacht"

Kamyar Niroumand über die Entwicklung im Amateurfussball

Kamy Niroumand, Präsident Hertha 03 Zehlendorf, im großen dreiteiligen Interview. Im zweiten Teil spricht er über die Entwicklung im Amateurbereich und wie er dieser entgegenwirken möchte.(Foto: Kerstin Kellner)

Den Jugendweg gehen nicht alle Mannschaften im Berliner Amateurbereich. Ein Thema, dass Sie ärgert?

Im Prinzip kann jeder Verein machen, was er für richtig hält. Aber im Endeffekt gefällt es mir nicht, dass derzeit häufig Einzelpersonen viel Geld in einen Verein, genauer gesagt in die erste Mannschaft stecken. Dadurch werden die Vereine kaputt und die jungen Spieler verrückt gemacht. Nicht falsch verstehen, ich empfinde es als Stärke wenn man Geld für einen Verein an Land ziehen kann, aber dieses sollte verantwortungsvoll verwaltet und auch in die Struktur des Vereins gesteckt werden, andernfalls gehen die Vereine, wie in der Vergangenheit auch gesehen, zu Grunde. Außerdem hat die ganze Situation auch Auswirkungen auf die anderen Berliner Amateurvereine, denn die Gehälter steigen auch hier deutlich. Daran gebe ich vor allem diesen Vereinen die Schuld, Sie schrauben die Vergütung der Jungs unnötig in die Höhe, andere Vereine haben keine Chancen dem entgegen zu wirken.

 Wohin wird das führen?

Es kommt die Zeit, da verlieren die Investoren Ihre Lust, die Vereine sind am Ende die Verlierer. Ein ganz extremes Beispiel ist TSV 1860 München, die trotz eines Investors mittlerweile in der Regionalliga spielen. Auch in Berlin gab und gibt es genügend Beispiele, Namen muss ich wohl nicht nennen.

 Welche Veränderungen merken Sie bei den Spielern?

Die Spieler sind verwöhnt, dafür können Sie meistens gar nicht. Wir zahlen für Oberligaverhältnisse angemessene Gehälter und werden den Weg der anderen Vereine nicht mitgehen. Aber es ist erschreckend zu beobachten, wenn ein Spieler sich für einen anderen Verein entscheidet, bei dem er 50, 100 in Ausnahmefällen auch 150€ mehr verdienen kann.  Doch für welchen Preis machen sie das? Sie fangen an zu Träumen, trainieren auch in der Oberliga teilweise zweimal täglich, Profis werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr. Dafür erhalten Sie Geld, das für den Augenblick gut ist, aber nach ein oder zwei Jahren merken Sie, dass es nicht weiter geht. Sie sind dann 24, 25 Jahre jung, haben währenddessen keine Berufsausbildung gemacht und stehen mit leeren Händen da. Die Vereine sollten auch dahingehend das Pflichtbewusstsein gegenüber den Spielern wahrnehmen.

 Welches Beispiel fällt Ihnen ein?

Schauen Sie sich Viktoria Berlin an. Vor der Fusionierung war Lichterfelde ein gut geführter Verein, mit einer hervorragenden Jugendarbeit. Anschließend wurde viel investiert, der Vorstand von früher ist mittlerweile nicht mehr an Bord, es ist schade um den Verein. Jetzt gehen Sie mit der Neuausrichtung den richtigen Weg. Wir müssen mit den Spielerein aufhören.

Haben sie einen Lösungsvorschlag parat?

Ich wäre dafür, dass die Vereinsverantwortlichen sich an einen Tisch setzen und miteinander sprechen. Wem bringt es etwas, 50€ mehr zu verdienen? Ich habe das Gefühl die Spieler denken dadurch, Sie werden die größten Profis. Wir müssen miteinander, nicht gegeneinander arbeiten. Zusammen können wir uns auf Gehaltsobergrenzen oder Kleinbeschäftigungsvertrage einigen. Der ganze Prozess kann strukturiert werden, damit der Fußball im Amateurbereich nicht kaputt geht. Daher richte ich einen Appell an die Vereinsmitglieder, lasst es uns gemeinsam angehen.

Wie sieht die Situation bei Hertha 03 Zehlendorf aus?

Ich lebe nach der Philosophie, dass der Verein auch ohne mich agieren und überleben muss. Wir haben in den vergangenen Jahren eine solide Grundlage geschaffen. Der Verein hat keine Schulden mehr, wir haben ausreichend Sponsoren an Bord und sind im Herren-, sowie im Jugendbereich gut aufgestellt. Wir sind an dem Punkt, an dem wir mit unseren Einnahmen auch unsere Ausgaben decken. Wir investieren in unseren Jugendbereich mittlerweile mehr als in die Herren.

Ist das auch ein Weg, um der finanzstärken Konkurrenz aus dem Umland entgegen zu stehen?

Ja, gerade für die Berliner Vereine sollte das der Weg sein. In Brandenburg gibt es doch ganz andere Voraussetzungen. Die Infrastrukturen sind viel ausgeprägter, die ganze Stadt hilft und steht hinter dem Verein. Auch die Zuschauerzahlen sind deutlich besser als hier in Berlin. Das liegt aber auch an der Dichte, die in Berlin herrscht, jeder möchte natürlich seinen Weg gehen. Daher bin ich der Meinung, sollte die Mannschaft am Ende zu 70-80% auf Jugendspielern zwischen 18 und 23 Jahren bestehen.

Teil 3 folgt

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