F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

18.04.2016 / 1. Herren

Trotz Enttäuschung: Anzeichen für ein gutes Ende

Zum Schluss fehlte die Kraft / Hinz in Klasseform

Natürlich waren sie alle enttäuscht. Wie sie da so saßen, eine gute halbe Stunde nach dem Abpfiff, herrschte nicht die sonst so üblich ausgelassene Stimmung. Wen verwundert's? Sie hatten gehörigen Aufwand betrieben, lange Zeit auch eine gute Partie geboten. Doch am Ende war ihnen bei ihrem 1:3 gegen Hansa Rostock II ein wenig die Puste ausgegangen. Das trübte den Nachmittag, obwohl es doch Anzeichen dafür gab, dass die Saison ein gutes Ende nehmen kann.

Im Programmheft war vom Angstgegner Hansa Rostock die Rede. Nach der Begegnung hat sich daran nichts geändert – auch wenn die Zehlendorfer ihren ersten Treffer gegen die Hansestädter seit dem Wiederaufstieg erzielten. „Maxi“ Obsts wunderschöner, wenn auch leicht abgefälschter Treffer aus großer Entfernung hätte beinahe zum dem Punktgewinn gereicht, der der „kleinen Hertha“ weiterhin die Tabellenführung gesichert hätte. Doch in den letzten 20 Minuten fehlte den Berlinern die Kompaktheit und die Kraft, um das hohe Tempo der mit vielen Akteuren aus dem Profikader angetretenen Hanseaten bis zum Ende mitgehen zu können. Sie hatten bis dahin auch einen enormen läuferischen Aufwand betrieben. Besonders deutlich wurde der Kräfteverschleiß unmittelbar vor dem 1:2 durch Grube (78.), als die Rostocker beinahe ungehindert das Mittelfeld überlaufen konnten.

Das soll beileibe kein Vorwurf an die Zehlendorfer Akteure sein, zeigt aber die unterschiedlichen Voraussetzungen der beiden Mannschaften auf, die sich am Sonntagnachmittag gegenüberstanden. Auf der einen Seite ein mit zahlreichen, wenn auch sehr jungen Profis verstärktes Team aus Rostock, auf der anderen Seite talentierte Berliner Fußballer, die alle zusätzlich noch einem Beruf oder einem Studium nachgehen. Es soll nicht falsch verstanden werden und auch keine Kritik in die Rostocker Richtung sein, denn die Regularien sind nun einmal so, aber die Kraft spielte gegen Ende schon eine entscheidende Rolle.

In der anschließenden Pressekonferenz wurde Zehlendorfs Trainer Markus Schatte gefragt, ob rechtzeitige Wechsel nicht das heraufziehende Unheil hätten verhindern können. „Jetzt würde ich das natürlich auch sagen. Wir haben uns das schon gefragt und natürlich auch gesehen, dass wir körperlich etwas unterlegen sind. Aber es betraf einfach sehr viele Positionen und daher haben wir uns dann anders entschieden. Bei Efräim Gakpeto z. B. haben wir gemerkt, dass ihm am Ende die Spritzigkeit fehlt, aber wir wollten auf seine Kopfballstärke nicht verzichten. Hinterher ist man immer schlauer“, gab Schatte seine Überlegungen preis.

Abgesehen davon haben die Zehlendorfer keine schlechte Partie geboten. Sie trugen sogar maßgeblich dazu bei, dass es ein ansehnliches Spitzenspiel wurde. „In der ersten Halbzeit war ich mit meiner Mannschaft sehr zufrieden. Wir haben uns auch einige Tormöglichkeiten herausgespielt“, sah auch Schatte viel Licht bei seinem Team - trotz des unerfreulichen Endresultats. Er kann durchaus positive Erkenntnisse mitnehmen. Nico Hinz beispielsweise bestätigte seine seit Wochen hervorragende Form. Wie er den umstrittenen Handelfmeter von Perstaller (15.) parierte, das zeigte schon seine ganze Klasse. Wie er aber einen von Özcan getretenen Freistoß aus dem Winkel fischte (66.), war beinahe sensationell. Aber es sind nicht nur seine spektakulären Paraden, die ihn so wertvoll machen. Es ist seine Ruhe, die er auf seine Vorderleute ausstrahlt und die in keiner Statistik erfasst wird.

Fabien Thokomeni-Siewe, Erdal Özdal und Robert Schröder gehören sicherlich zum Besten, was die NOFV-Oberliga Nord zu bieten hat. Gestern zeigten sie noch einmal nachdrücklich, warum der Defensivverbund der Zehlendorfer so stark ist. Mike Ryberg beeindruckte erneut durch Dynamik und Geschwindigkeit, nur hatte er gestern ein Kaliber gleicher Güte als Kontrahenten. Und ein „Maxi“ Obst bot so lange eine starke Partie, wie seine Kräfte reichten. Über seinen Prachttreffer hatten wir oben schon geschrieben. Sie gehörten gestern allesamt zu den stärkeren Akteuren.

Einzig die Torjäger Efräim Gakpeto, Niclas Warwel und Cüneyt Top kamen nicht wie in den Vorwochen zur Geltung. Den besten Eindruck hinterließ noch Top, der im zweiten Abschnitt noch einige Male „anzog“ und auch bei einem Drehschuss nicht vom Glück begünstigt war. Doch auch hier hält sich die Kritik in Grenzen. Sie trafen auf eine gut gestaffelte Gästedefensive, die immer genügend Leute hinter den Ball bekam und geschickt immer wieder Überzahlsituationen kreierte.

Wie ernst die Rostocker nicht nur dieses Spitzentreffen nahmen, verdeutlicht die Aussage ihres Trainers Roland Kroos nach Spielschluss: „Wir sind froh nach diesem Sieg, dass wir jetzt noch die Möglichkeit haben, um Platz eins mitzuspielen.“ Auch wenn die Ostseestädter den Aufstieg sportlich nicht wahrnehmen dürfen (nicht: wollen), so sind sie doch ehrgeizig genug, um den Meistertitel zu ringen.

Ärgerlich war die Zehlendofer Niederlage noch aus zweierlei Sicht. Zum einen hatte man gerade erst die Tabellenführung übernommen (die Berliner lagen zwar vorher schon in Front, hatten bis vergangenen Mittwoch aber immer eine Partie mehr absolviert als der Konkurrent aus Fürstenwalde), zum anderen gab es mit 301 Zuschauern erstmals in dieser Spielzeit eine recht ansehnliche Kulisse. Hier scheint die Ansetzung (Erster gegen Dritter) ihren Teil beigetragen zu haben, vielleicht aber auch die Aktion von „Kiki“ Broßmann, der mit seinen „Hertha-Knöpfen“ vor einer Woche fleißig Flyer am Teltower Damm verteilt hat.

Für die Zehlendorfer besteht derzeit überhaupt kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Sie haben eine Siegesserie von sechs Begegnungen hingelegt und über weite Strecken ein starkes Spiel gezeigt. Zudem haben sie im bisherigen Saisonverlauf mehrfach bewiesen, auf Niederlagen die richtigen Antworten zu finden. Dass eine Auswärtsbegegnung in Strausberg kein Zuckerschlecken wird, bekam vor einigen Wochen schon Union Fürstenwalde bei seinem 2:2 (nach 2:0 Führung!) zu spüren. Die Zehlendorfer sind gewarnt. Besinnen sie sich weiter auf ihre Stärken, können sie das Meisterrennen durchaus noch zu ihren Gunsten entscheiden.

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