F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

19.03.2023 / 1. Herren

Standards plötzlich eine Stärke

„Kleine“ Hertha nach 3:1-Heimerfolg gegen Stahnsdorf wieder Zweiter / Rupp trifft erneut

Der Spielbericht

„Das ist endlich wieder die alte „kleine“ Hertha“ und „Was für ein Grotten-Kick“, hießen die gegenteiligen Meinungen auf den Stehplätzen des Ernst-Reuter-Stadions beim Spiel der Zehlendorfer Hertha gegen ihre Gäste aus Stahnsdorf. Zwischen diesen beiden Aussagen lagen eine fünfzehnminütige Pause und ein zweiter Abschnitt von gut 45 Minuten. Doch Zehlendorfs Trainer Robert Schröder und seiner Mannschaft wird’s letztendlich egal sein, sie siegten im Nachbarschaftsduell mit 3:1 und kletterten dadurch in der Tabelle auf Rang 2, was am Ende der Spielzeit durchaus zum Aufstieg reichen könnte.

Neben den gesperrten „Maxi“ Obst und Cenker Yoldas musste Schröder kurzfristig auch auf den wieder spielberechtigten Eric Stiller erkältungsbedingt verzichten. Bei Frühlingstemperaturen verliefen die ersten 15 Minuten beinahe ereignislos, ehe es Schlag auf Schlag ging. Nach einem Eckball von Jason Rupp stieg James Ndubueze schulbuchmäßig hoch und köpfte das Leder platziert zum 1:0 in die Maschen (15.). Nach dem unglücklich späten Ausgleich in der Vorwoche beim SC Staaken, sollte dies für die Mannschaft eigentlich wie ein Brustlöser wirken, so hoffte man zumindest. Doch es vergingen keine 45 Sekunden (!), da jubelten schon die Gäste: Heinze überlief auf der rechten Seite die Zehlendorfer Abwehr, seine genaue Eingabe brauchte Neumann aus fünf Metern nur noch über die Linie zu drücken (16.). „Das war für uns schon ein Schlag, dass wir nach dem Führungstreffer sofort den Ausgleich bekommen“, gab Mittelfeldspieler Igli Cami beim Mannschaftsessen ehrlich zu. Doch die Berliner verkrafteten den Rückschlag besser als erwartet – und Standards (siehe 1:0) scheinen sie unter der Woche auch geübt zu haben. Ein Freistoß von Dennis Dombrowe gelangte zu Kapitän Lenny Stein, der per Kopf für Bruno Ott auflegte, von diesem die Kugel zurückerhielt und aus etwa 12-14 Metern zum 2:1 traf. Stahnsdorfs Torhüter Hemicker war machtlos (18.). „Wie wir nach dem Ausgleich reagiert haben, war schon reif. Dass wir sofort wieder mit 2:1 vorn liegen, hat uns ungemein geholfen“, wirkte Dauerbrenner Cami später noch erleichtert. Arthur Langhammer fand folgende Erklärung für die gesteigerte Gefährlichkeit bei Ecken und Freistößen: „Die Jungs, die für die Standards zuständig sind, waren am Freitag schon etwas länger auf dem Platz. Das freut mich umso mehr, dass es wieder eine Waffe für uns sein kann.“

So ging es auch weiter. Erneut schlug Rupp eine Ecke, die Ott beinahe per Kopf zum 3:1 genutzt hätte, doch Hemicker war zur Stelle. Nicht nur von ihren Standards, sondern auch von ihrer Kopfballstärke profitierte die „kleine“ Hertha an diesem Sonntagnachmittag - fast könnte man (scherzhaft) meinen, sie hätten sich den Vorschlag eines treuen Lesers auf facebook zu Herzen genommen und am Kopfballpendel fleißig geübt. Die Vorentscheidung kam jedoch ohne „Kopfarbeit“ zustande. Nach einem lang geschlagenen Ball verlängerte Kareem Frölich per Kopf auf Rupp, der nach Zulu Ernsts Abgang inzwischen wirklich zum Torjäger mutiert ist und zum Nutznießer einer Uneinigkeit zwischen Torhüter und Abwehrspieler wurde, dabei Hemicker fast von der Strafraumgrenze zum 3:1 (34.) überlupfte. Bei Dennis Dombrowes Freistoß war Hemicker jedoch wieder auf dem Posten (41.).

Kurios begann der zweite Abschnitt. Schon fürchtete man aus Berliner Sicht, dass Schiedsrichter Strübing auf Elfmeter für Stahnsdorf entscheiden würde, Mushakir Razeek hatte Kruska knapp innerhalb des Strafraums gefoult, doch der Linienrichter hatte vorher auf Abseits entschieden und Strübing auf Freistoß für eine Szene unmittelbar zuvor (49.). Den daraus folgenden Freistoß setzte Neumann ans Außennetz.

Die nächsten Aufreger folgten dann wieder in kurzer Folge. Erst schickte Strübing den erst zur Pause eingewechselten Gollos mit „gelb-rot“ vom Platz, doch die zahlenmäßige Überlegenheit der Zehlendorfer dauerte keine 60 Sekunden. Doch über den (gelb-roten) Platzverweis für Ndubueze konnte man geteilter Ansicht sein. Beim „weg spitzeln“ des Balles traf ihn sein Gegenspieler unten am Fuß – Strübing aber entschied auf „Drüberhalten“. Obwohl nun wieder personeller Gleichstand hergestellt war, wirkte es die letzte halbe Stunde eher so, als wären bei den Stahnsdorfern zwei Akteure mehr auf dem Platz. Gefährlich waren die Gastgeber lange Zeit nur durch einen Stein-Freistoß aus der eigenen Hälfte, der den weit vor seinem Kasten postierten Hemicker beinahe überrascht hätte (79.). Cami sah diese Phase des Spiel so: „Wir hatten nach dem Platzverweis gegen James (Ndubueze) keinen Zugriff mehr. Das lag vielleicht auch daran, dass wir viel zu defensiv standen und so keinen Druck auf den Gegner aufbauen konnten. Das ergibt sich einfach aus dem Spiel so, dass man auf einmal viel zu tief steht und davon nicht mehr wegkommt.“ Langhammer hatte einen anderen (auch richtigen) Ansatz: „Vielleicht war das auch den Kräften geschuldet, weil der Platz extrem tief war und wir in der ersten Halbzeit einen hohen Laufaufwand betrieben haben. Nachher mit nur noch einem Stürmer war es schwierig, Entlastung zu bekommen, und die Fünferkette wollten wir nicht umstellen. Da war es zu erwarten, dass man sich etwas fallen lässt, wir haben ja auch 3:1 geführt.“

Wenig später hätte es noch einmal eng werden können. Dombrowe hatte seinen Gegenspieler im Strafraum umgestoßen, doch im Torwart-Duell Hemicker gegen Kühn, hatte der Zehlendorfer Schlussmann das Glück auf seiner Seite: Hemickers Schuss klatschte rechts oben an die Latte (81.). Ähnliches Pech hatte auf der Gegenseite Marius Ihbe. Nach einem gewonnen Zweikampf strebte er frei durch die Stahnsdorfer Hälfte, zimmerte die Kugel jedoch ebenfalls an die Latte (86.). Schröders Fazit lautete: „Es lag daran, dass wir heute bravourös verteidigt haben, was in den letzten Wochen nicht immer der Fall war. In der Summe war der Sieg verdient.“

Bemerkenswert noch zwei Dinge: Erstens die dritte Einwechslung des bis vor einer Woche noch für die Junioren auflaufenden Luis Millgramm. „Es macht mich doch ein wenig stolz, hier schon auf drei Kurzeinsätze gekommen zu sein. Der Trainer sagt mir immer, dass ich einfach mutig sein und mein Spiel machen soll. Meine Stärken liegen eindeutig in der Offensive, wo ich mal mal was Besonderes machen kann.“ Und zweitens die Rückkehr nach monatelanger Pause von Gestalter Arthur Langhammer: „Ich habe mich extrem gefreut, nachdem ich ja in den letzten Spielen nicht eingewechselt wurde, wieder auf dem Platz stehen zu können. Dass ich sogar ein paar Aktionen hatte, fand ich schon witzig.“

Trainer Robert Schröder wirkte nach den letzten Wochen schon erleichtert: „Ich freue mich für die Mannschaft, dass wir uns nach der ergebnistechnischen Durststrecke mal wieder belohnt haben. Ich bin auch stolz auf das Team, wie es die Widrigkeiten mit dem schlechten Platz angenommen hat, denn das entsprach eigentlich nicht dem, was wir spielen wollten. Nachdem wir gesehen haben, in welchen Zustand sich der Platz nach dem kurz zuvor ausgetragen Spiel der B-Junioren-Regionalliga befunden hat, mussten wir unsere Spielidee innerhalb von wenigen Augenblicken umstellen. Das ist aber kein Vorwurf an den Platzwart, da war nach dem Regen am Vormittag und der unglücklichen Ansetzung nichts anderes möglich. So mussten wir Karo-einfach spielen, was uns im ersten Abschnitt den Erfolg gebracht hat. In der zweiten Halbzeit fanden wir nicht die richtigen Lösungen, dazu gab es eine mehr als fragwürdige gelb-rote Karte gegen uns. Dennoch hatte der Gegner, bis auf den Elfmeter, keine glasklare Torchance.“

Es ist schon irgendwie kurios. Seit Wochen gehen die Zehlendorfer personell und auch kräftemäßig auf dem Zahnfleisch. Valentin Hennecke wurde vor 14 Tagen am Meniskus operiert, auf seine Rückkehr wird Schröder frühesten 2024 (!) hoffen dürfen, auch Tim Grabow (Leiste) droht länger auszufallen. Und durch die unnötigen Punktverluste gegen die Teams am Ende der Tabelle (2:2 gegen Staaken, Pampow und Schwerin) schien das eigentliche Ziel (so lange wie möglich oben mitspielen) längst in weite Ferne gerückt. Doch der Patient „kleine“ Hertha gibt einfach nicht auf und die Medizin (in Form von Punktverlusten der Konkurrenten) hilft ihm immer wieder auf die Beine. So kommen den beiden kommenden Partien (in 14 Tagen bei Dynamo Schwerin und zuhause gegen SV Tasmania) schon die Bedeutung von Wahrsagern zu. Kommt man hier ungeschoren durch, steht einem spannenden Meisterschaftsendspurt nichts mehr im Wege. Vor kurzem fast noch undenkbar. Doch zuerst einmal gilt es durchzuschnaufen. Das nächste Wochenende ist spielfrei, für die verletzungsgeplagten und auch zum Teil ausgelaugten Spieler nicht die schlechteste Nachricht.

FC Hertha 03 – RSV Eintr. Stahnsdorf 3:1 (3:1)

FC Hertha 03: Kühn; Ott, Dombrowe, Stein; Burda (90.+2 Millgramm)), Cami (74. Ihbe), Hopprich, Razeek (90. Praus), Rupp (90.+2); Ndubueze, Frölich (74. Zeidler)
Die Tore: 1:0 Ndubueze (15.), 1:1 Neumann (16.), 2:1 Stein (18.), 3:1 Rupp (34.)
Zuschauer: 186
Gelbe Karten: Cami, Burda Gelb-Rote Karte: Ndubueze

Unsere Partner