F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

12.02.2016 / 1. Herren

Selten standen die Chancen so gut

Geschlossene Teamleistung / Auslosung des Viertelfinales am heutigen Freitag

Am Ende klangen Felix Robrechts Worte nach dem überraschenden 1:0-Erfolg der Zehlendorfer über den Berliner AK fast logisch: „Nach unserer Vorbereitung war ich mir sicher, dass wir heute gewinnen. Wenn man vorher so viele Spiele verliert, ist man einfach mal wieder mit einem Erfolg dran!“ Man kann es auch anders ausdrücken: Die zum Teil deftigen Niederlagen in den Testspielen, u. a. gegen SV Tasmania (0:6) und SD Croatia (1:7), bei keinem eigenen Erfolg, waren der Nährboden, aus dem solche Überraschungen wachsen können. Ganz einfach, weil zweierlei Dinge daraus resultieren: 1.) Der Gegner, wenn auch unbewusst, rechnet mit einem vermeintlich machbaren Gegner. 2.) Die Zehlendorfer gewannen ihre Lockerheit zurück, weil sie nach dieser Vorbereitung nichts mehr zu verlieren hatten. Schließlich hatten ihnen nur wenige Optimisten diesen Pokaltriumph zugetraut.

Im gleichen Zusammenhang fiel am späten Abend auch einige Male der Name Sepp Herbergers. Zur Hilfe für die jüngeren Leser: Der „Vater“ des Wunders von Bern schickte im Vorrundenspiel der 54er-WM gegen Ungarn in Basel eine sogenannte B-Mannschaft aufs Feld, die prompt dem späteren Finalgegner 3:8 unterlag. Als sich 14 Tage später dieselben Teams im Endspiel gegenüber standen, erlebten die als unschlagbar geltenden Ungarn ihr blaues Wunder und unterlagen sensationell dem deutschen Team mit 2:3. Herberger hatte im Gruppenspiel geblufft. Dass die Zehlendorfer in den letzten Wochen ähnliches im Sinn hatten, kann man allerdings ausschließen. „Ich hätte ehrlich nicht gedacht, dass wir den Hebel so umlegen könnten“, bekannte Burak Mentes später ganz offen. Und auch Felix Robrecht gab zu: „Solche Packungen, wie wir sie erhalten haben, lassen doch keinen kalt. Das hat man zu Beginn des Spiels doch gemerkt.“

Welche Spuren die letzten Niederlagen hinterlassen haben, war in der Anfangsviertelstunde tatsächlich deutlich zu sehen. Die Verunsicherung der Zehlendorfer war beinahe zum Greifen. Als nach wenigen Sekunden ein Schuss von Yazgan an die Latte ihres Gehäuses klatschte, musste man um den Oberliga-Herbstmeister fürchten und auch danach hatte man manch bangen Moment zu überstehen. Der Berliner AK wirkte ballsicherer, körperlich robuster und kombinierte geschickt. Doch nach dem ersten Schrecken stabilisierten Robert Schröder und Erdal Özdal ihre Abwehr, hielt Nico Hinz die „Null“ und strahlte Ruhe aus. Es war ein Weg der kleinen Schritte, wie sich die Zehlendorfer aus ihrem Tief und von dem Druck befreiten. Sie gewannen vorsichtig die ersten Zweikämpfe, erhielten plötzlich Entlastung durch „Maxi“ Obst und Darius Niroumand und fanden dadurch zunehmend Sicherheit und auch den Mut, sich dem Strafraum des Gegners zu nähern. Bis auf die leider nur spärlich besetzten Ränge war zu spüren, wie jeder aus der Mannschaft seine Stärken einbringen wollte: Cüneyt Tops Dribbelstärke, Felix Robrechts Laufbereitschaft, Mike Rybergs Dynamik, Burak Mentes' Ruhe am Ball. Hinzu kamen Dennis Dombrowes Zweikampfstärke und Efräim Gakpetos Unberechenbarkeit.

Wie sehr die Zehlendorfer den Sieg wollten – vielleicht ein wenig mehr als ihr Kontrahent? – und wie sehr einer für den anderen auch mitdenkt, verdeutlicht eine kleine Szene gegen Ende des Spiels. Als es Einwurf für die „kleine Hertha“ gab und sich Einwechselspieler Niclas Warwel daran machte, den Ball umgehend wieder ins Spiel zu bringen, bestürmte ihn beinahe das ganze Team mit ausgebreiteten Armen, sich nur ja etwas Zeit zu lassen, schließlich galt es, die knappe Führung über die Zeit zu bringen. Der ob dieser kuriosen Szene von seinem Team umringte Stürmer reagierte gelassen und ließ gemächlich einige Sekunden verstreichen. Dieser Zusammenhalt war womöglich der ausschlaggebende Punkt zweier ansonsten gleichwertiger Teams.

Was von diesem Abend haften bleibt? Auf jeden Fall, dass die Zehlendorfer auf den Punkt konzentriert waren und eine geschlossene Mannschaftsleistung boten. Es ist immer so eine Sache mit dem Mannschaftsgeist. Der wird immer betont, wenn nach Ursachen für Erfolge gefragt wird. Dabei liegt es in der Natur der Sache: Bei Erfolgsserien ist die Stimmung selten am Tiefpunkt. Doch wie sich Team nach der doch recht verpatzten Vorbereitung verhalten hat, lässt schon auf eine intakte Gruppe schließen.

Für die Punktspiele ist dieser Erfolg nicht zu unterschätzen. Zwar werden sich die Berliner dort zumeist, und das haben sie sich selbst „eingebrockt“, in der Favoritenrolle wiederfinden, doch Selbstvertrauen können sie aus dieser Überraschung durchaus schöpfen. Oft ist von einer „Welle“ zu hören, die man erwischen muss, um gut durch die Saison „zu reiten“. Vielleicht sind die Zehlendorfer am Mittwochabend gerade darauf aufgesprungen. 

Nicht oft sah man Präsident Kamyar Niroumand und Trainer Markus Schatte so zufrieden und losgelöst, wie am vergangenen Mittwochabend. Aber angesprochen auf die Ambitionen ihrer „kleine Hertha“ im Pokal, hielten sie sich bedeckt. Niroumand ließ sich zumindest entlocken, dass er dem BFC Dynamo noch aus dem Weg gehen möchte. Tatsächlich bieten sich den Zehlendorfern nun Möglichkeiten, die vor dem Spiel nur wenige für denkbar hielten. Bei ein wenig Losglück (Heimrecht, unterklassiger Gegner) muss das Halbfinale kein Traum bleiben. „Wir haben immerhin das stärkste Berliner Amateurteam ausgeschaltet.“ Niroumands Aussage zeigt deutlich, dass es inzwischen nicht mehr so viele Mannschaften gibt, die ein deutlich höheres Potenzial aufweisen – vom BFC Dynamo einmal abgesehen. Nahmen die Zehlendorfer in den ersten Pokal-Runden ganz nebenbei ihre jeweiligen Gegner zur Kenntnis, blicken sie nun hochkonzentriert am Freitag auf die Auslosung des Viertelfinales. Selten standen ihre Chancen so gut, in diesem Wettbewerb eine entscheidende Rolle zu spielen. 

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