F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

30.05.2022 / 1. Herren

Ryberg trifft zum Geburtstag

Zehlendorf siegt 3:1 im Duell der Herthas – Joker Ismaili sticht doppelt

Sollte der „kleinen“ Hertha am Ende der Saison tatsächlich der große Wurf „Aufstieg in die Regionalliga“ gelingen, wird man vielleicht rückblickend die Partie bei Namensvetter Hertha 06 als Knackpunkt bezeichnen. Verdient mit 3:1 behielten die Zehlendorfer an der Sömmeringstraße die Oberhand, dabei entledigten sie sich gleichzeitig eines Konkurrenten. 

Mit einer Überraschung wartete das Trainerteam Fabian Gerdts/Robert Schröder auf: Melih Hortum fand sich in der Startaufstellung wieder, dafür musste der zuletzt so erfolgreiche Tim Grabow weichen. „Tim (Grabow) hat in den letzten Wochen genau das gemacht, was wir von ihm wollten. Er hat sich von Spiel zu Spiel gesteigert und eine hohe Effizienz an den Tag gelegt. Wir wollten heute aber auf dem sehr engen Platz gegen eine etwas steife Hintermannschaft von Hertha 06, dass Melih (Hortum) mit seiner Wendigkeit Räume kreiert. Außerdem wollten wir, dass ein etwas angesäuerter Tim Grabow mit seiner Wut, die auch berechtigt ist, hinten raus das Spiel für uns mit entscheidet. Das hat er, gemeinsam mit den anderen Einwechslern, bravourös gemeistert“, erklärte Schröder die Absicht. Zu den Anteilen der Einwechselspieler am Erfolg später mehr.

Im ersten Abschnitt bekamen die Zuschauer ein zwar intensiv geführtes, aber auch chancenarmes Spitzenspiel zu sehen. Ein Heber von Carl Hopprich über das Tor (6.) sowie ein „Maxi“-Obst-Schuss aus spitzem Winkel (23.) waren lange Zeit die einzigen Höhepunkte. Das Spiel lebte bis dahin vorwiegend von der Spannung. Die größte Möglichkeit der Gäste besaß Mike Ryberg mit einer Direktabnahme (33.). Auf der Gegenseite traf Oumari die Kugel nicht voll, rechts flog das Leder am Kasten von Paul Büchel vorbei (40.). So ging es nach einem verteilten Spiel leistungsgerecht 0:0 in die Pause. 

In der zweiten Halbzeit wurde die Partie offener geführt. Nach einem Pass von Arthur Langhammer, zog Zehlendorfs Geburtstagskind Ryberg, am Sonntag 31 geworden, allein aufs Tor zu, bewahrte die Nerven und überlistete 06-Schlussmann Karslin mit einem Lupfer zum 0:1 (56.). „Abseits“ reklamierten die Gastgeber lautstark, aber Schieds- und Linienrichter waren sich einig und entschieden auf Tor. Wie Ryberg Tempo und Kaltschnäuzigkeit zu diesem Treffer kombinierte, lässt einen schon mit Wehmut an den letzten Spieltag denken, wenn Zehlendorfs schneller Flügelläufer sein letztes Spiel im blauen Dress absolvieren wird. Er wechselt zur kommenden Saison zu den Füchsen Berlin.

Nach Rybergs Führungstreffer entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Grabow, soeben im Spiel, zeigte sich sofort als belebendes Element. Zunächst scheiterte er an Karslin (64.), doch gerade, als die Gastgeber den Druck erhöhten, bediente er den ebenfalls eingewechselten Egzon Ismaili, der flach zum 0:2 traf (80.). Wie schon in der Vorwoche, als Hortum, Ismaili und Rupp Sekunden nach der Einwechslung gemeinsam einen Treffer herausspielten, waren auch gestern die frisch hereingekommenen Akteure an entscheidenden Aktionen beteiligt.

Die Chancen häuften sich nun, ein Mittelfeld war praktisch nicht mehr vorhanden. Kapan zog aus 20 Metern ab, Büchel tauchte rechtzeitig ins linke Eck (81.), im Gegenzug scheiterte Obst am herauslaufenden Karslin (82.) und Ayvaz' Freistoß flog links am Winkel vorbei (83.).

Als alles auf den Schlusspfiff wartete, wurde es nochmal turbulent. Zuerst lupfte Grabow den Ball zwar am Torhüter, aber auch am langen Pfosten vorbei (90.), auf der anderen Seite lenkte Stüwe den Ball unglücklich ins eigene Tor (90. +3). Doch ehe es nochmal richtig eng wurde, setzte Ismaili seinen Gegenspieler beim Versuch zu klären in dessen Strafraum unter Druck, nach einem Pressschlag vollendete der Stürmer eiskalt zum 3:1 (90.+4). Ismaili scheint sich in der Rolle des Jokers wohlzufühlen. Doch vermutlich wird es der Stürmer anders sehen - weil er lieber von Beginn an spielt. Für sein Team aber ist er in dieser Funktion, weil er keinen Anlauf benötigt und sofort im Spiel ist, ungemein wichtig. 

„Wir konnten einen Großteil des Pressing von Hertha 06 überspielen und sind gut ins letzte Drittel gekommen. Leider haben wir diese Durchbrüche in der ersten Halbzeit nicht in klare Chancen ummünzen können. Später haben wir unsere Konter gut herausgespielt, wenn dabei auch ein, zwei Tore mehr möglich waren. Zum Schluss hatten wir in der einen oder anderen Situation etwas Glück, aber auf dem engen Platz kann man nicht alles verhindern“ war 03-Trainer Robert Schröder rundum zufrieden. 06-Trainer Daniel Volbert war naturgemäß enttäuscht: „Zehlendorf hatte schon mehr vom Spiel. Ich fand den Schiedsrichter zwar sehr unglücklich, aber es wäre nicht sportlich, wenn man nicht sagen würde, dass der Sieg für Hertha 03 verdient ist. Das war er. Wenn wir mal über die Außen durch waren, hatte Zehlendorf immer Überzahl im Strafraum.“

Der Spieltag halbierte (wahrscheinlich) die Anzahl der Aufstiegsaspiranten. Neben Hertha 06 scheint auch Blau-Weiß 90 nach dem 0:2 gegen den Torgelower FC aus dem Rennen. So gibt es an den letzten drei Spieltagen ein Kopf-an-Kopf-Duell zwischen dem Greifswalder FC und der „kleinen“ Hertha. Noch haben die Greifswalder, trotz Zehlendorfer Tabellenführung, die Nase vorn, da sie über den besseren Quotienten verfügen. Doch die Berliner haben es weiter in der eigenen Hand, gewinnen sie ihre Spiele (auch das in Greifswald in knapp 14 Tagen), geht es für sie eine Etage nach oben. Bemerkenswert weiterhin: Sie sind in der Rückrunde weiter ungeschlagen und verbuchten zuletzt nach Siegen in Torgelow (3:1), gegen Schwerin (4:0) und nun Hertha 06 neun Zähler. Die Punkt-Ausbeute gegen dieselben Gegner in der Hinrunde: 0! Nun wartet der Brandenburger SC Süd, gegen den die Zehlendorfer auch noch etwas gutzumachen haben (1:2 im Herbst). Soll es in Greifswald zum (vielleicht vorentscheidenden) Showdown kommen, darf am kommenden Sonnabend (!) nichts schief gehen. Das Brandenburger 1:2 vom Wochenende gegen den Vorletzten aus Seelow macht es dem Zehlendorfer Trainergespann nicht einfacher. Sie müssen zusehen, eine sich (womöglich) einschleichende Überheblichkeit aus den Köpfen ihrer Spieler zu bekommen. Dazu lauert noch aus anderer Richtung Gefahr: Die Dreierkette Dombrowe-Stein-Stüwe, einer der Erfolgsgaranten der letzten Monate, ist mit jeweils 4 gelben Karten belastet und droht im Spitzenspiel auszufallen. Lenny Stein befürchtete schon kurz nach dem Abpfiff in Charlottenburg: „Es kann dir immer mal ein Ball blöd an die Hand springen. Und dann bist du raus.“ Es scheint sich also nur auf dem Papier um einen lockeren Auftritt am nächsten Wochenende zu handeln. 

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