F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

07.08.2016 / 1. Herren

Olli's Nachbetrachtung

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Zehlendorfer Auftaktremis kein Beinbruch

 

Rybergs Treffer rettet einen Punkt / Schatte vertraut eigenen Junioren

Es war wie so häufig nach einem Remis, in dem der Favorit noch kurz vor Schluss den Ausgleich erzielt: Beide Seiten waren sich nicht ganz einig, ob sie sich nun freuen sollten wegen des gerade noch geretteten (Favorit FC Hertha 03) oder des überraschend geholten (Außenseiter FC Strausberg) Punktes. Oder ob die Enttäuschung nicht doch - hier wie dort - überwog: Schließlich hatte der Gastgeber sich vorgenommen, mit der vollen Punktausbeute zu starten, während die Gäste mit dem unglücklichen Zeitpunkt des Ausgleichs haderten (86. Minute!). Doch objektiv betrachtet, passte das 1:1 wie die „Faust aufs Auge“ - wenn auch die Zehlendorfer leichte Chancenvorteile besaßen.

Zu Beginn fiel erst einmal auf, dass die Berliner auf bewährte Stammkräfte verzichten mussten. Burak Mentes, Torjäger Niclas Warwel und Erdal Özdal fehlten beim Anpfiff der neuen Saison. Während sich Özdal nach seinem Urlaub erst eine Woche wieder im Training befindet, mussten Mentes und Warwel verletzungsbedingt passen, wobei der Torgarant der „kleinen Hertha“ (Warwel) zumindest auf der Bank Platz nehmen konnte und später immerhin eingewechselt wurde.

„Die Zehlendorfer setzen auf Eigengewächse“ hieß es in der Saisonvorschau. Mit Marco-Antonio Fortino gelang einem der letztjährigen A-Junioren der Sprung in die Anfangsformation, im Verlaufe der Partie folgte mit dem erst 17-jährigen Berkan Taz ein weiteres Talent – und beide machten ihre Sache gut! Nimmt man noch Carl Hopprich, Samuel Yeboah und Dennis Dombrowe hinzu, zeigte sich schon in der ersten Begegnung, dass die Zehlendorfer ihr Vereinsmotto („Die Jugend ist unsere Zukunft“) ernst nehmen – auch diese drei Akteure entstammen dem eigenen Nachwuchs. So betrug das Durchschnittsalter zu Beginn der Partie 23,6 Jahre, beim Abpfiff waren es 23,3 Jahre die auf dem Feld standen, wobei sich während der 90 Minuten acht Spieler auf dem Rasen befanden, die die 23 Jahre noch nicht überschritten haben.

Die Zehlendorfer fanden nur schwer in die Begegnung. Der erste Abschnitt (Ryberg: „Die Anfangsphase war sehr hektisch“) war geprägt von vielen Ungenauigkeiten und Zehlendorfer Ungeduld, so dass nur selten ein  Spielfluss aufkam. Das lag auch daran, „dass wir zuviel mit langen Bällen operiert haben“, wie Trainer Markus Schatte später enttäuscht feststellte. Einer der zahlreichen Ballverluste hätte dann zur Strausberger Führung reichen müssen, als Martin Kemter mutterseelenallein auf Nico Hinz zustrebte, den Ball aber neben das Tor schob (20.). „Nachher haben wir dann die Kontrolle über die Partie bekommen“, beschreibt Innenverteidiger Robert Schröder insbesondere die zwanzig Minuten nach dem Seitenwechsel, in denen sich auch die Tormöglichkeiten häuften. Nun spielte die „kleine Hertha“, „wie wir uns das vorgestellt haben – schnell, flach, über die Außen“ (Schatte). Doch es zeigte sich auch, dass den Zehlendorfern ein Problem aus der Vorbereitungsphase „treu“ geblieben ist: Die Berliner benötigen zu viele hochprozentige Chancen.

Die größte besaß wenige Minuten nach der Pause Carl Hopprich, der den Ball eigentlich nur noch über die Torlinie drücken musste. Doch der Ball setzte vorher noch auf und kam schließlich in einer Höhe, die es doch nicht so einfach für ihn machte, wie es zunächst aussah Auch die Hintertorkamera gibt nicht endgültig darüber Aufschluss, ob sich der Ball bereits hinter der Torlinie befand, ehe ihn Strausbergs Schlussmann Niklas Bledow klären konnte. Eher sah die Abwehr regelkonform aus. Doch es scheiterten auch Faton Ademi und Efräim Gakpeto. „Daran müssen wir einfach arbeiten, dass wir die Möglichkeiten in dieser Phase auch  nutzen“, trauerte Schatte dem möglichen 1:0 nach. 

Dann passierte das, was so häufig geschieht, wenn ein Favorit anrennt und der Führungstreffer dabei nicht gelingen will: Der Außenseiter setzt einen erfolgreichen Konter. Der ansonsten bärenstarke Ryberg verschätzte sich auf der linken Außenbahn, die Strausberger Flanke folgte präzise und der vom SV Empor geholte Torjäger Kemter ließ Zehlendorfs Schlussmann Nico Hinz mit seinem Kopfball keine Chance (0:1, 76. Minute).

Erinnerungen an die letzte Spielzeit wurden wach, als die Berliner nach Rückständen häufig ihre Linie verloren. Das war am Freitagabend anders. „Wir haben weiter versucht, unseren Fußball zu spielen“, benannte Abwehrmann Schröder den Unterschied zum Vorjahr. „Zum Glück haben wir nicht aufgegeben und noch den einen Punkt geholt“, erkannte auch Ryberg die erfreuliche Entwicklung. Tatsächlich behielten die Zehlendorfer ihre Linie und wurden nicht kopflos. „Das war positiv, dass wir nach dem 0:1 Moral gezeigt haben“, war Schatte nicht vollends unzufrieden. Der Ausgleichstreffer entsprach dann auch der Zehlendorfer Spielphilosophie: Nicht mit brachialer Gewalt, sondern fein herausgespielt. Darius Niroumand legte den Ball aus dem Strafraum noch einmal zurück auf den aufgerückten Schröder, der die Kugel maßgerecht und mit viel Gefühl in den Strafraum „chipte“, wo ihn Ryberg perfekt mit dem Kopf zum 1:1 ins Strausberger Gehäuse rammte. Zu mehr reichte es nicht, „weil wir dann doch zu hektisch wurden, um uns noch eine klare Gelegenheit herauszuspielen“, so Schatte.

Zufrieden mit ihrer Leistung waren die Zehlendorfer nicht, was schon einmal für ihre Selbst-reflexion spricht. Während Niroumand „noch Luft nach oben“ sah, hofft Schröder, „dass wir unsere Lehren aus dieser Partie ziehen“. Wie aber schon bei seinem Ausgleichstreffer traf auch hier Mike Ryberg nach Spielende im Klubhaus den Nagel auf den Kopf: „Die Saison ist noch lang, es gibt keinen Grund die Köpfe hängen zu lassen.“ Es steckt in der Tat viel spielerisches Potenzial im Zehlendorfer Kader. Was zum Faustpfand werden könnte ist ihre Jugend, denn der Großteil steht erst am Anfang seiner Ent-wicklung. Es wird spannend sein zu verfolgen, was Trainer Markus Schatte und sein Stab da „heraus kitzeln“ können. Schon nächste Woche geht es zum Aufsteiger nach Schwerin, der mit einem Auswärtserfolg (1:0 beim zweiten Neuling in Brieselang) in die Saison startete. Niroumand ahnt völlig zu recht: „Das wird nicht einfacher!“. Das 1:1-Auftaktremis war beileibe kein Brachialstart, wie ihn sich viele gewünscht hatten, um sich gleich oben festzusetzen, aber ein Beinbruch war es auch nicht.

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