F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

23.10.2016 / 1. Herren

Olli's Nachbetrachtung 9. Spieltag

Olli's Nachbetrachtung im Zeitungsstil und als Text

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Nach 9 Sekunden auf der Siegerstraße

Dritter Zehlendorfer Erfolg in Folge / Angespannte Personaldecke

Selbst wer die Zehlendorfer bereits über Jahrzehnte begleitet, kann immer noch etwas Neues erleben. So geschehen am vergangenen Samstagnachmittag bei der Auswärtspartie in Schöneiche. Kaum 9 Sekunden waren gespielt, da streckte sich Germanias überraschter Schlussmann Klose vergeblich nach Gakpetos Schrägschuss aus größerer Entfernung. Ein idealer Auftakt für die Berliner, die jedoch die spürbare Verunsicherung der Gastgeber durch den frühen Rückstand nicht recht ausnutzen konnten - aber das hatte andere Gründe.

Dabei waren die Voraussetzungen für die Fortsetzung ihrer kleinen Serie (vorher zwei Siege) alles andere als günstig. Neben den Langzeitverletzten mussten sie erwartungsgemäß auf Außenverteidiger Mike Ryberg (Nasenbeinbruch gegen Hertha 06) verzichten, kurzfristig meldeten sich auch noch Regisseur „Maxi“ Obst (Rückenbeschwerden) und Burak Mentes (Zerrung) ab. Mentes stellte sich für den Notfall zwar noch zur Verfügung, auch um die dünn besetzte Ersatzbank (Yeboah & Bokake-Befonga) aufzufüllen, ein Einsatz wäre aber wohl ein zu großes Risiko gewesen.

Markus Schatte ist derzeit wirklich nicht zu beneiden, entwickelt dabei jedoch eine Kreativität, die in den letzten Wochen von Erfolg gekrönt war. Mentes ersetzte er durch Jian Schleiff, der schon vor einigen Wochen in Wismar erste Erfahrungen auf dieser Position sammeln konnte und erneut seine Sache solide erledigte. Komplett ungewohnt war es dagegen für Carl Hopprich, das Pendant auf der anderen Seite zu bilden. Nachher gab er zu Protokoll, dass „es wirklich nicht meine Lieblingsposition ist, aber ich habe versucht, das beste daraus zu machen.“ Sicherlich: In den vergangenen Wochen hat Hopprich auf „seinen“ Positionen (Innenverteidigung, defensives Mittelfeld) stärkere Spiele abgeliefert, aber es spricht schon für seine Vielseitigkeit, nicht abgefallen zu sein und so seinen Teil zum ersten „zu Null“ in dieser Spielzeit beigetragen zu haben.

Zu Schleiff und auch Felix Robrecht sei noch folgendes gesagt: Beide haben gerade erst ihre Verletzung bzw. Krankheit auskuriert und standen kaum wieder im Training. „Eigentlich kommen sie für die Startformation noch gar nicht in Frage“, zollte Trainer Schatte nicht nur den beiden, sondern dem gesamten Team seinen Respekt. „Ich möchte der Mannschaft ein großes Kompliment aussprechen, weil wir personell auf dem Zahnfleisch gelaufen sind.“

Wer sich über den etwas schwächeren Auftritt des sonst so pfeilschnellen und trickreichen Niclas Warwel seine Gedanken machte, hätte ihn aus nächster Nähe erleben müssen. Durch eine Erkältung schwer geplagt, schleppte er sich über die 90 Minuten und stellte sich voll in den Dienst der Mannschaft. Er stand symbolisch für das, was Innenverteidiger Robert Schröder wie schon in der Vorwoche mit veränderter „Mentalität“ umschrieb. „Wenn wir die immer in die Waagschale werfen, bin ich gespannt, was in den nächsten Wochen passiert. Heute haben alle wieder 100% gegeben.“ Dem sei nur hinzugefügt, dass er gemeinsam mit Erdal Özdal eine vorzügliche Leistung bot. Beide stopften Löcher, hatten die Lufthoheit und waren an Einsatzbereitschaft und Leidenschaft Vorbild für ihre Kameraden. Und hinter ihnen stand mit Nico Hinz ein sicherer Schlussmann, der von der verbesserten Defensive profitiert und seit Wochen beständig gute Leistungen abruft.

Die Personal- und Gesundheitsproblematik war vielleicht auch einer der Gründe, warum die Zehlendorfer nicht konsequent nach dem Führungstreffer nachstießen. Dabei war die Verunsicherung der Gastgeber deutlich zu spüren, sichtbar durch leichte Ballverluste und Abstimmungsprobleme im Defensivverbund. Doch Ungenauigkeiten im letzten Drittel verdarben so manch vielversprechenden Angriff der Berliner. „Das haben wir nicht gut zu Ende gespielt“, gab hinterher Zehlendorfs Stürmer Marc Zellner zu und erkannte richtig, „dadurch Schöneiche immer noch im Spiel gelassen“ zu haben.

Dafür haben sie in den letzten Partien wieder gelernt, die Ordnung zu behalten und ruhig zu bleiben. Sicherlich mag es zum einen an der Qualität des Kontrahenten gelegen haben, aber auch Schröders Statement nach Spielende trifft es: „Wir haben wieder mehr Selbstvertrauen in unser Spiel gewonnen.“

So warteten die Berliner geduldig auf ihre Chancen, bis in der 80. Minute Bokake-Befonga Torjäger Faton Ademi bediente. Die Zehlendorfer Torgarantie versetzte seine Gegenspieler, behielt die Übersicht und legte uneigennützig auf den mitgelaufenen (und noch besser postierten) Zellner ab, der eiskalt zur 2:0-Entscheidung vollstreckte. Sein zweiter Saisontreffer, nachdem er letzte Woche schon den Bann der Torlosigkeit gebrochen hatte. So waren mit Gakpetos 1:0 (Vorlage Zellner) und Zellners 2:0 (Vorlage Ademi) alle Angreifer der „kleinen Hertha“ an den Treffern beteiligt.

Für die Zehlendorfer steht eine richtungsweisende Woche bevor. Am Mittwoch treffen sie im Schlagerspiel der 3. Hauptrunde im Berliner-Pilsner-Pokal auf den SV Tasmania, bevor am Sonntag die von allen Experten als Titelfavorit gehandelte VSG Altglienicke am Siebenendenweg aufkreuzt. Schattes Wunsch („Wir können nur hoffen, dass der eine oder andere wieder zurückkommt“) kann sich nur auf A-Junior Panagiotis Vassiliadis sowie Obst und Mentes beziehen. Mit allen anderen ist längerfristig nicht zu rechnen, auch der dynamische Außenverteidiger Mike Ryberg, der am Montag operiert wird, wird frühestens in drei Wochen wieder zur Verfügung stehen.

Man mag kaum an zwei Erfolge der „kleinen Hertha“ denken. Sollten sie aber Angstgegner Tasmania im Pokal bezwingen (und damit ins Achtelfinale einziehen) und anschließend ihren Lauf in den Punktspielen fortsetzen, bieten sich ihnen auf einmal Perspektiven, an die man schon nicht mehr zu glauben hoffte. Doch vieles ist ihnen bereits schon jetzt gelungen - und vielleicht noch höher einzuschätzen, als den Abstand zu den unteren Regionen inzwischen auf ein beruhigendes Maß vergrößert zu haben: Die Mannschaft ist enger zusammengerückt, sie hat mittlerweile die Einstellung verinnerlicht, dass sie nur über eine geschlossene, kämpferische Teamleistung erfolgreich sein kann und Trainer Schatte hat wertvolle Erkenntnisse über die Flexibilität (z. B. Gakpeto, Hopprich, Schleiff) seiner Spieler gewonnen. Das wiegt (auf lange Sicht) manchmal mehr als blanke Punkte.

 

Mit der kämpferischen Einstellung des Teams restlos zufrieden“

Stimmen zum 2:0-Auswärtserfolg bei Germania Schöneiche

Carl Hopprich: „Es war heute ungewohnt für mich als Außenverteidiger, das ist nicht wirklich meine Lieblingsposition. Aber ich habe versucht, das beste daraus zu machen. Sicherlich war es nicht unser bestes Spiel heute, aber die Mannschaft hat gekämpft, und am Ende haben wir auch verdient gewonnen.“

Norbert Warwel (Vater von Niclas): „Es war ein schweres Spiel, aber wir haben mit dieser dünnen Kaderdecke eine wirklich hervorragende kämpferische Leistung geboten.“

Markus Schatte (Trainer): „Ich möchte der Mannschaft heute ein großes Kompliment aussprechen, weil wir personell auf dem Zahnfleisch gelaufen sind. Wir hatten nur zwei einsatzfähige Spieler auf der Bank, denn Burak Mentes hat sich diese Woche auch noch verletzt. Dann hatten wir einige Spieler auf dem Platz, die erst kurz wieder im Training sind: Jian Schleiff und Felix Robrecht, die eigentlich für die Anfangsformation noch gar nicht in Frage kommen. Mit Niclas Warwel hatten wir zudem noch einen Spieler, der zurzeit krank ist. Daher machen ich meinen Jungs nochmals ein riesiges Kompliment, dass sie hier erfolgreich waren. Wir haben sicher nicht brilliant gespielt, aber das war in dieser personellen Situation auch nicht zu erwarten. Ich bin aber mit der kämpferischen Einstellung des Teams restlos zufrieden. Jetzt können wir nur hoffen, dass der eine oder andere in dieser Woche wieder zurückkommt. Dann schauen wir mal, was am Mittwoch im Pokal (gegen Tasmania) und am Wochenende gegen die VSG Altglienicke passiert.“

Marc Zellner: „Es war auf jeden Fall ein verdienter Erfolg. Wir haben wieder gut gekämpft, waren aber spielerisch etwas schlechter als am letzten Sonntag. In der ersten Hälfte hatten wir einige gute Chancen, haben das aber nicht gut zu Ende gespielt und Schöneiche somit noch im Spiel gelassen. Da hätten wir die Partie schon für uns entscheiden können.“

Robert Schröder: „Wir haben nicht so glanzvoll gespielt wie letzte Woche, dafür haben wir uns wieder in das Spiel reingebissen. Wegen der dünnen Personaldecke hat wieder jeder, der auf dem Platz stand, 100% gegeben. Wir müssen weiter hart arbeiten, dann sieht das auch bis Weihnachten ganz gut aus. Wir haben uns nun ein kleines Polster erarbeitet und auch wieder mehr Selbstvertrauen in unser Spiel bekommen. Ich habe es letzte Woche schon gesagt: Wenn wir unsere Mentalität immer in die Waagschale werfen, bin ich gespannt, was in den kommenden Wochen passiert. Für nächste Woche hoffe ich, dass möglichst viele Zuschauer kommen.“

Mike Ryberg (zurzeit verletzt): „Wir haben vorne unsere Chancen genutzt – obwohl wir schon noch einiges ausgelassen haben – und hinten sicher gestanden. Mit Olli (Nico Hinz) hatten wir auch einen sicheren Rückhalt. Am Ende war es ein verdienter Sieg. Zu mir selbst: Ich werde am Montag operiert, bekomme anschließend eine Gipsschiene. Diese muss ich eine Woche tragen. Wenn der Heilungsprozess gut verläuft, kann ich in einer Woche schon wieder mit leichten Laufeinheiten beginnen. In zwei Wochen will ich mit einer Carbonmaske, die speziell für mich angefertigt wird, ins Mannschaftstraining einsteigen und dann mal schauen, wie schnell ich wieder auf dem Platz zurück bin.“

Kamyar Niroumand (Präsident): „Trotz unserer personellen Not haben wir ein sehr ordentliches Spiel abgeliefert. Es war von Beginn an eine sehr konzentrierte Leistung, alle haben gekämpft gegen einen Gegner, der aus meiner Sicht eigentlich ein sehr gutes Spiel gemacht hat. Wir haben auch zum ersten Mal „zu Null“ gespielt, da kann man sehr zufrieden sein.“

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