F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

03.10.2016 / 1. Herren

Olli's Nachbetrachtung 7. Spieltag

Olli's Nachbetrachtung im Zeitungsstil und als Text

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Zehlendorfer trotzen Verletzungsmisere

Starke Leistung von Hopprich / „Kleine Hertha“ dreht Rückstand

Das Unheil schien seinen Lauf zu nehmen. Als die Nachspielzeit bereits abgelaufen war, der FC Anker in einem verzweifelten Schlussspurt noch einmal alles versuchte,  warf sich Herthas Innenverteidiger Robert Schröder in einen Schuss der Gastgeber und fälschte dabei das Leder gegen die Laufrichtung seines Schlussmanns Nico Hinz ab. Doch Zehlendorfs Nummer Eins reagierte blitzschnell, tauchte nach unten ab und verhinderte auf der Torlinie den Einschlag in sein Gehäuse. Sekundenbruchteile später pfiff Schiedsrichter Stolz die Partie ab. Die Zehlendorfer retteten drei wichtige Punkte, mit denen vor Spielbeginn nicht unbedingt zu rechnen war.

Dabei hatte die Begegnung im ersten Abschnitt einen Spielverlauf genommen, wie er so typisch ist, wenn zwei nahezu gleichwertige Mannschaften aufeinander treffen, die eine jedoch aufgrund ihrer Tabellenplatzierung (Wismar: Zweiter) mit breiter Brust antritt, die andere dagegen aus verschiedenen Gründen augenblicklich etwas mehr mit sich selbst beschäftigt ist. Eine Unachtsamkeit genügte, um das besser stehende Team in Führung zu bringen. Ein Flankenball wurde nicht unterbunden, Mike Ryberg verschätzte sich beim Kopfball - zum sechsten Mal im siebten Spiel lagen die Zehlendorfer 0:1 zurück (29.). Felix Robrecht brachte die ersten 45 Minuten mit seiner Einschätzung auf den Punkt: „Wir haben die Partie eigentlich unter Kontrolle, dann aber wird ein Fehler sofort bestraft.“

Schon vor dem Anpfiff wurde deutlich, dass die Berliner derzeit nicht vom Glück verfolgt werden. Nach den langwierigen Verletzungen von Dennis Dombrowe (Kreuzbandriss) und Marco-Antonio Fortino (Kniebeschwerden), dem Abgang von Berkan Taz, fällt nun auch noch Lukas Binting mit einem Meniskusschaden mindestens bis zum Jahresende aus. Bitter für den sympathischen Verteidiger, der sich gerade erst nach diversen Rückschlägen in die Mannschaft gekämpft hatte. Da die Zehlendorfer zudem noch auf Darius Niroumand (noch ein Spiel Sperre) und Erdal Özdal (gelb-rote Karte) verzichten mussten, war die Personaldecke schon überschaubar.

Als wäre die Aufgabe für Trainer Markus Schatte damit nicht schon groß genug, schied gegen Ende der ersten Hälfte noch „Maxi“ Obst mit einer Rückenblessur aus. Schatte reagierte, indem er Jian Schleiff auf den rechten Verteidigerposten stellte, Burak Mentes rückte dafür neben Felix Robrecht auf die „Sechser-Position“. 

Den Unterschied der beiden Halbzeiten kann man am Beispiel Niclas Warwel ausmachen: In den ersten 45 Minuten bot sich dem flinken Zehlendorfer Offensivmann einmal die Möglichkeit, mit Mut in eine Eins-Zu-Eins-Situation zu gehen, um in den Strafraum der Gastgeber zu drängen. Er entschied für einen Flügelwechsel: Fehlpass. Im zweiten Abschnitt die gleiche Konstellation: Warwel trat an und konnte schließlich nur durch ein Foulspiel gestoppt werden - Elfmeter. 

In der Halbzeitansprache müssen durch Trainer Schatte und Verbal-Leader Robert Schröder die richtigen Worte gefallen sein (Ademi: „Schrödi hat uns gepusht“). Vielleicht lag es aber auch an der Konstellation „Rückstand/Verletzungspech“, die die Zehlendorfer zusammenschweisste. Sie warfen urplötzlich allen psychologischen Ballast über Bord, schließlich hatten sie nichts mehr zu verlieren, und kämpften füreinander. 

Dass Zehlendorfs eingebaute Torgarantie Ademi mit seinem Strafstoß am Wismarer Torhüter scheiterte, schien bis dahin ins Bild zu passen (nicht vom Glück verfolgt), doch Mentes reagierte blitzschnell, war als erster Akteur in den Strafraum gestartet und traf im Nachschuss zum wichtigen 1:1 (50.). Aus welchem Holz Ademi geschnitzt ist, zeigte er später, als er sich durch seinen Fehlschuss nicht aus der Bahn werfen ließ und seinen derzeitigen Wert für das Team bewies, indem er per Kopf aus großer Distanz zum 2:1 traf (64.).

Aber der Samstagnachmittag in Wismar war auch ein Tag der Entdeckungen. Selbst Trainer Schatte war überrascht, welchen guten Eindruck Efraim Gakpeto nach seiner Einwechslung auf der rechten Außenbahn hinterließ. Mehrfach zog er an mehreren Gegenspielern vorbei und schaffte somit manchen Überraschungsmoment. Schatte dazu später: „Das war für mich eine echte Überraschung, dass er sich da so gut macht. Da ist er zukünftig eine echte Option.“

Auch Jian Schleiff fand sich nach einigen wackligen Momenten zu Beginn immer besser auf der ungewohnten Position des rechten Verteidigers zurecht, hielt in den Zweikämpfen energisch dagegen. Wird er körperlich robuster, kann er sich aufgrund seiner Schnelligkeit und feinen Technik vielleicht noch zu einem wichtigen Faktor entwickeln.

Felix Robrecht zeigte am Samstag eines seiner besten Spiele, seit der für die Zehlendorfer aufläuft. Viele Löcher stopfend, trieb er nach dem Wechsel seine Mannen immer wieder an. Schatte scheint nach langem Anlauf scheinbar die richtige Position für den langen Schlaks gefunden zu haben. 

Übertroffen wurden sie alle, wenn wundert’s, von einem Nationalspieler: Carl Hopprich bot eine fast fehlerfreie Partie. Für seine gerade einmal 20 Jahre zeigte er eine abgebrühte Leistung, bewies Ball- und Passsicherheit und übertrug seine Ruhe auf seine Nebenleute. Wie geerdet Hopprich ist, zeigte sein Statement hinterher: „Ich habe ein ganz ordentliches Spiel gemacht“. Dabei war er die Entdeckung der 90 Minuten. 

Was beeindruckte war, wie sich die Berliner auch nach verlorenen Bällen immer wieder gegenseitig unterstützen, nicht nur verbal, sondern auch den einen oder anderen Schritt mehr machend, um den Fehler eines Mitspielers auszubügeln. 

Am Ende waren sich alle einig, in der zweiten Hälfte eine mutige Zehlendorfer Mannschaft gesehen zu haben, die aufgrund ihrer mannschaftlichen Geschlossenheit verdient gewonnen und die drei Punkte mit nach Berlin genommen hatte. Sie trotzten ihrer Verletzungsmisere - es wird ihnen auch nichts anderes übrig bleiben, denn bis auf Özdal und Niroumand wird keiner der Verletzten auf absehbare Zeit zurückkehren. Doch es wäre nicht das erste Mal, würde ein schmaler, gebeutelter Kader neue, ungeahnte Kräfte freisetzen. Freilich ist der kommende Gegner Hertha 06 von einem anderen Kaliber als ein Großteil der bisherigen Gegner, doch die “kleine Hertha“ hat schon so manches Mal bewiesen, gerade dann stark zu sein, wenn es ihr niemand mehr zutraut.

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„Über den Teamspirit drei Punkte mitgenommen“

Stimmen zum ersten Auswärtserfolg

Effi“ Gakpeto: „Wir haben uns nach der Pause gesteigert, der Kampfgeist war da und jeder hat für jeden gekämpft und geackert. Es war eine ungewohnte Position für mich, aber dass muß ich einfach annehmen und das Beste daraus machen. Heute hatte ich einen schönen Tag…“

Markus Schatte (Trainer): Ich denke schon, dass der Sieg verdient war, denn wir haben schon in der ersten Halbzeit guten Fußball gespielt, allerdings einmal nicht konsequent verteidigt.

Beim Kopfballtor hat leider Mike Ryberg den Kontakt zu seinem Gegenspieler verloren. Aber ich habe schon in der Halbzeit gesagt, dass ich eine deutliche Steigung im Vergleich zu den bisherigen Spielen gesehen habe.

Wir haben uns beim Wechsel gesagt, dass wir mutig nach vorne spielen müssen, dann ist hier was möglich, dabei aber nicht unbedingt an einen Dreier gedacht. Ich denke, die Mannschaft hat sich diesen verdient.

Wir haben über weite Strecken das Spiel deutlich bestimmt und hatten in der zweiten Halbzeit gefühlt zehn Ecken. Dass es in der Schlussphase noch einmal hektisch wird ist ganz normal. Ich hätte mir nur gewünscht, dass wir den einen oder anderen Konter besser zu Ende spielen. Es war eine deutliche Steigerung der Mannschaft, wir sind restlos zufrieden. 

Felix Robrecht: Zu Beginn haben wir das Spiel eigentlich unter Kontrolle, dann aber wird ein Fehler sofort bestraft. Das schnelle 1:1 nach der Pause war natürlich wichtig. Es ist klar, dass wir nach einer so schlechten Phase zu Beginn nicht gleich so mutig waren, wie im zweiten Abschnitt.

Am Ende haben wir absolut verdient gewonnen - auf diese Leistung können wir in den nächsten Wochen aufbauen. Es spricht für uns, dass wir uns nach den zwei kleinen Schockmomenten - 0:1 Rückstand, Maxis Verletzung - gemeinschaftlich zurück gekämpft haben.

Carl Hopprich: Ich fand, ich habe ein ordentliches Spiel gemacht, ich habe gute Zweikämpfe geführt und, so glaube ich, keinen einzigen Fehlpass gespielt. Ich habe versucht, meine Ruhe auf die Mannschaft zu übertragen. Wir haben heute als echtes Team fungiert, und haben uns nach der Pause gesteigert. Wir liegen unglücklich zur Pause zurück, danach war es ganz klar unser Spiel.

Faton Ademi: Die erste Halbzeit fand ich sehr ausgeglichen, vielleicht mit kleinen Vorteile für Wismar, das Gegentor hat uns nicht zurück geworfen, denn wir haben an uns geglaubt, ganz vorne weg Schrödi (Robert Schröder), der uns gepusht hat. Nach dem Wechsel waren wir ganz klar besser.

Nico Hinz: Die erste Halbzeit war relativ ausgeglichen mit wenig Torchancen auf beiden Seiten. Das Gegentor war sehr unglücklich, eigentlich muß es mit 0:0 in die Pause gehen. In der 2. Halbzeit waren wir klar überlegen und haben verdient gewonnen. 

Eric Günther: Es war eine Achterbahnfahrt, und wie fast immer liegen wir 0:1 in Rückstand. Danach war es wichtig für uns als junge Mannschaft, dass wir Leader-Typen wie „Schrödi“ im Team haben. Wir haben mit einer überragenden Leistung aller Spieler das Ruder nach der Pause herum gerissen und über den Teamspirit drei Punkte mitgenommen. 

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