F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

13.09.2016 / 1. Herren

Olli's Nachbetrachtung 4.Spieltag

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Zu viele Gegner

Wer weiß schon, welchen Spielverlauf die Begegnung genommen hätte, wäre Zehlendorfs Torjäger Faton Ademi nach nicht einmal zwei gespielten Minuten nach maßgerechter Flanke von Warwel per Kopf der Führungstreffer gelungen? So aber schlichen tief enttäuschte Spieler und Verantwortliche nach 90 aufregenden Minuten vom Platz – 2:3 geschlagen. Sie waren an zu vielen Gegnern gescheitert.

Zum einen bot der Aufsteiger aus Brieselang eine couragierte, taktisch disziplinierte Leistung. Er überließ den Zehlendorfern weitgehend das Feld, um sich geschickt aufs Kontern zu verlegen. Dass Klassenneulinge gerade in der Anfangsphase einer Spielzeit auch noch von der Aufstiegseuphorie leben, kam noch erschwerend hinzu. Dennoch trug auch der Gastgeber sein Päckchen mit sich herum: Vor 14 Tagen bezog man eine herbe 0:6-Packung beim SV Lichtenberg, was auch zur Verunsicherung hätte führen können

Freilich führten auch noch andere Gründe zu der (aus Zehlendorfer Sicht) nicht einkalkulierten Niederlage. Wieder einmal gerieten die Berliner durch individuelle Fehler früh in Rückstand. Marco-Antonio Fortino wollte das Leder aus der Gefahrenzone befördern, sein ungenauer Schlag in die Mitte landete an der Strafraumgrenze und geriet so unmittelbar zur Vorlage. Brieselangs Greinert nahm das Geschenk dankend an und ließ Hinz keine Chance (9.). Zum vierten Mal (im vierten Spiel) liefen die Zehlendorfer einem 0:1-Rückstand hinterher – dem Gastgeber spielte das perfekt ins Konzept.

Fortan hatten die Berliner das Geschehen zwar optisch im Griff, einzig Marc Zellner bot sich vor der Pause per Kopf eine Ausgleichschance.

Nach dem Wechsel – nun mit Hopprich und Binting für Fortino und Bokake-Befonga – drückte die „kleine Hertha“ sofort aufs Tempo, und nur ihrem Torhüter Doht hatten es die Brieselanger zu verdanken, dass der Vorsprung hielt: Glänzend fischte er einen Schuss Ademis aus dem Winkel (52.). Als alles auf einen Ausgleich hindeutete, kam (neben dem Gastgeber und eigenen Zehlendorfer Unzulänglichkeiten) die dritte Komponente ins Spiel: Der Unparteiische Dominic Koch aus Wismar. Seit dem Wiederaufstieg 2014 können wir uns nicht erinnern, eine schlechtere Leistung eines Schiedsrichters erlebt zu haben. Selbst Einheimische schworen hinterher Stein und Bein, der zweite Treffer des Aufsteigers sei aus klarer Abseitsposition erzielt worden. Der nur sachlich den Linienrichter darauf hinweisende Zehlendorfer Schlussmann Hinz wurde prompt mit Gelb bestraft. Von nun an verlor Koch vollends die Übersicht. 

An einen klareren Elfmeter – nach Foul an dem frei vor dem Tor stehenden Marc Zellner – können sich auch die Brieselanger nicht erinnern. „Das ist uns schon ein wenig peinlich“, lautete der einstimmige Tenor derer, die der Szene am nächsten standen.

Die gelb-rote Karte für Erdal Özdal war insofern umstritten, da die Szene wegen Abseits der Brieselanger eigentlich unterbrochen war. Anschließend wurde die Partie mit Freistoß für Zehlendorf fortgesetzt. Und als „Maxi“ Obst einen Lattenabpraller (Warwel hatte Maß genommen) per Kopf ins Gehäuse bugsierte, entschied Koch auf Abseits – ungeachtet dessen, dass Keeper Doht und Abwehrspieler Stein auf der Torlinie zu klären versuchten.

Auch wenn die Berliner Moral bewiesen, selbst in Unterzahl nie aufsteckten und  dabei alles unternahmen, um ins Spiel zurückzufinden,  scheiterten sie letzten Endes wieder einmal an sich selbst. Innenverteidiger Robert Schröder ärgerte sich hinterher mehr über die eigenen Schwächen: „Sicherlich hatte der Schiedsrichter nicht seinen besten Tag. Wir müssen aber einmal aufhören, die Schuld immer nur woanders zu suchen. Er hat nicht die Abwehrfehler verursacht, und ihn trifft auch keine Schuld, dass wir den Ball nicht über die Linie bringen.“ Gemeint war eine Szene in der 87. Minute, als die dezimierten Gäste noch einmal die Möglichkeit bekamen auszugleichen. Doch Gakpeto uns Ademi scheiterten in mehreren Versuchen aus wenigen Metern.

 Schließlich brachte ein fragwürdiger Elfmeter die Entscheidung (90.), Ademis Anschlusstreffer fiel zu spät (90. +5).

Markus Schatte war hinterher gar nicht einmal so böse: „Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat in Unterzahl alles gegeben, nur taktisch nicht sonderlich klug agiert.“ Es scheint sich in der frühen Phase zu bewahrheiten, was vor der Saison schon thematisiert wurde: Es fehlen der Mannschaft Alternativen an gestandenen Kräften. Das war das Risiko, dass der Verein im Sommer bewusst eingegangen ist. Man will dem eigenen Nachwuchs die Chance geben, sich höher klassig zu beweisen. Daher wäre es vermessen, nun zu glauben, den jungen Akteuren würden keine Fehler unterlaufen - die auch Punkte kosten.

Nun muss sich erweisen, ob die „kleine Hertha“ tatsächlich nur eine „Gute-Laune-Mannschaft“ (Co-Trainer Clemens Riewe) ist, oder ob sie charakterlich so gefestigt ist, dass sie aus dieser – nach Özdals und Dombrowes Ausfall auch personell – schwierigen Situation herausfindet. Zuzutrauen ist es ihr allemal. Der kommende Gegner SV Lichtenberg, zuletzt zweimal 6:0-Sieger (!) gegen Brieslang und Malchow, ist sicherlich aus einem anderen Holz geschnitzt, als der wackere Aufsteiger vom Samstagnachmittag. Doch muss das kein Nachteil sein. Eine sich auf ihre Tugenden besinnende Zehlendorfer Elf trägt dort sicherlich nicht Bürde des Favoriten. Wozu das führen kann, bekam sie selbst am Wochenende zu spüren.

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