F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

27.08.2016 / 1. Herren

Olli's Nachbetrachtung 3.Spieltag

-als Text und als Zeitungsseiten zum Downloaden-

-zum Download- 

Kleine Hertha“ mit Offensivpotenzial

Erneuter Doppelpack von Ademi / Bokake-Befonga trifft bei seinem Debüt

Insgeheim hatte sich Frankfurts Trainer Michael Pohl in Berlin etwas ausgerechnet („Mit einem Punkt wäre ich sehr zufrieden gewesen“), am Ende erkannte er neidlos den verdienten Zehlendorfer Erfolg an. Zum dritten Mal aber mussten die Gastgeber einen Rückstand verarbeiten, was schon zur Gewohnheit zu werden droht. Auf der anderen Seite haben sie auf diese Weise so ihre Erfahrungen gesammelt und gelernt, mit dieser Situation umzugehen. Am Freitagabend gelang ihnen das Kunststück, noch vor der Pause das Blatt zu ihren eigenen Gunsten zu wenden.

Gegenüber der Auswärtspartie in Schwerin vor 14 Tagen hatte Trainer Markus Schatte sein Team gehörig umgekrempelt. Neben dem verletzten Dennis Dombrowe (siehe weiter unten) und dem gesperrten Regisseur „Maxi“ Obst verzichtete Zehlendorfs Coach auch noch auf Marco-Antonio Fortino und Stürmer Efräim Gakpeto. Neu dafür in der Anfangsformation: Marc Zellner, Lukas Binting, erstmalig Rici Bokake-Befonga und Burak Mentes, der nach mehrmonatiger verletzungsbedingter Pause sein Comeback feiern durfte.

Aus Niclas Warwels Erkenntnis nach der letzten Begegnung („Wir verschlafen immer die erste Halbzeit“) hatten die Zehlendorfer ihre Lehren gezogen: Sie waren von Beginn an hellwach und erspielten sich zahlreiche Möglichkeiten. Doch die Chancenverwertung, eine Baustelle, die die Berliner schon länger beschäftigt, ließ zu wünschen übrig und brachte die Verantwortlichen beinahe zur Verzweiflung. So kam es wieder einmal wie so häufig. Überraschend brachte Mbuku (34.) die Gäste in Führung, wobei „wir schlecht verteidigt haben, mehrere Frankfurter Spieler waren komplett frei“, wie Markus Schatte später erklärte.

Hätte Frankfurts Nowaczewski kurz darauf mehr Kaltschnäuzigkeit bewiesen, „dann hätten wir auch 0:2 zurückliegen können“, erkannte Mentes völlig richtig. Mike Rybergs Klärungsaktion war es zu verdanken, dass der Rückstand nicht anwuchs. Anschließend bewiesen die Zehlendorfer eine Stärke, die sie schon in den ersten beiden Partien gezeigt hatten. Sie schlugen postwendend zurück – und wie. Innerhalb von 120 Sekunden drehten Faton Ademi und Rici Bokake-Befonga ein 0:1 in ein 2:1. Das Frankfurter Unheil nahm seinen Lauf, und hätte Faton Ademi wiederum nur wenige Augenblicke später den an Warwel verwirkten Strafstoß besser platziert, die Entscheidung wäre bereits vor dem Pausengetränk gefallen.

„Wenn man unten steht, kommt sowas auch noch hinzu“, teilte Frankfurts Trainer Pohl später mit, als er auf den Platzverweis seines Akteurs Huwe angesprochen wurde. Huwe sah nach einem Foul an Mentes die rote Karte, und die Gäste, ohnehin vor der Partie bereits verletzungsgeschwächt angetreten, waren gezwungen, den kompletten zweiten Abschnitt bei tropischen Temperaturen in Unterzahl zu überstehen.

„Mit dem zweiten Abschnitt können wir nicht zufrieden sein, da wir nicht das umgesetzt haben, was wir uns in der Pause vorgenommen hatten“, war Schatte nach der Partie nicht vollends einverstanden mit dem Gesehenen. Tatsächlich vermisste man nach dem Wechsel das, was die Zehlendorfer in den ersten 45 Minuten so gefährlich gemacht hatte: Zügiges, schnelles Spiel über die Außen. Dass es dennoch weitere Tore zu sehen gab, hatte andere Gründe.

Pohls Kommentar zum Platzverweis („Wenn man unten steht...“) hätte auch auf die Szene in der 60. Minute gepasst: Frankfurts Schlussmann Reschke (Pohl: „Sonst einer unserer Besten“) ließ einen vermeintlich leichten Flankenball durch die Hände rutschen, Mike Ryberg stand goldrichtig und brauchte nur noch ins verwaiste Tor zu schieben. Jedem war klar, dass die endgültige Entscheidung gefallen war, so dass Schatte die Gelegenheit nutzte und drei Wechsel vornahm (erster Einsatz von Erdal Özdal).

Die Zehlendorfer haben sich in der Vorbereitung auf die Saison vorgenommen, an ihren Defiziten zu arbeiten. Eine Schwachstelle haben sie in ihren Standardsituation ausgemacht. Wer die ersten Spiele verfolgt hat, dem blieb nicht verborgen, dass sie fleißig geübt haben. Felix Robrechts 4:1 entsprach zwar einem Standard aus zentraler Position, aber „das war ein ganz normaler Freistoß. Das üben wir nicht extra“, wollte der Schütze das Kunststück nicht zu hoch bewerten. Schön anzusehen war es trotzdem.

Bewahrheitet haben sich inzwischen die schlimmsten Befürchtungen, die einen nach der Verletzung Dennis Dombrowes vor 14 Tagen bereits beschlichen. Zehlendorfs Innenverteidiger zog sich beim Punktspiel in Schwerin einen Kreuzbandriss zu und wird bereits am 13. September operiert. Ein schmerzlicher Verlust, gilt Dombrowe in Markus Schattes Konzept als feste Größe. Somit müssen die Zehlendorfer für geraume Zeit auf ihren Stammspieler verzichten. Doch zwei aktuelle Beispiele zeigen, dass der Weg zurück zwar lang und beschwerlich, aber doch von Erfolg gekrönt sein kann: Marc Zellner und Lukas Binting, in den letzten Jahren vom Verletzungspech arg gebeutelt, gehörten am Freitag zur Startformation.

Was vom Freitag „hängen“ bleibt: Die erfolgreichen Comebacks von Özdal und Mentes, die Schatte wieder mehr personellen Spielraum ermöglichen, das erfreuliche Debüt Bokake-Befongas, der bereits als dritter ehemaliger A-Junior in dieser Saison zum Einsatz kam. Und Faton Ademi bewies mit seinem Doppelpack erneut, dass er der erhoffte Vollstrecker sein kann. Er bringt mit seiner körperlichen Robustheit eine Komponente mit, die den Zehlendorfern bisher in dieser Form gefehlt hatte. Außerdem zeigt sich eines: Verwirklicht die „kleine Hertha“ Markus Schattes Vorstellung, Fußball spielen zu lassen (schnell, direkt, über Außen), hat sie ein unglaubliches Offensivpotenzial. Zudem vermittelt sich dem Außenstehenden der Eindruck, dass ein echtes Team auf (und neben) dem Platz steht.

Der eigentümliche Spielplan will es, dass (nach 14 spielfreien Tagen ) erneut eine zweiwöchige Pause ansteht. Die Zehlendorfer führt dann der Weg zum Aufsteiger Grün-Weiß Brieselang. Können sie dort erneut punkten, kann die Klettertour in der Tabelle so richtig Fahrt aufnehmen. 

 

Stimmen zum ersten Zehlendorfer Saisonerfolg

Ich habe mich gefreut, wieder dabei zu sein“

Burak Mentes: „Wir hatten zu Beginn viele Tormöglichkeiten, die wir nicht genutzt haben. Deswegen haben wir uns das Leben wieder selbst schwer gemacht. Wenn wir Pech haben, können wir kurz nach dem 0:1 sogar 0:2 zurückliegen. Dann aber haben wir das Spiel in fünf Minuten gedreht. Ich habe mich sehr gefreut, nach so langer Zeit wieder dabei zu sein.“

Lukas Binting: „Ich habe nach meiner schweren Verletzung endlich wieder den Anschluss gefunden, auch weil ich mal die komplette Vorbereitung mitmachen konnte. Ich spiele durch Dennis' (Dombrowe) Verletzung nun auf der Position (Innenverteidigung), auf der ich die ganze Zeit in der Jugend gespielt habe. Heute sind wir wirklich sehr unglücklich 0:1 in Rückstand geraten, auch, weil wir vorher unsere Chancen nicht genutzt haben. Zum Schluss spielen wir das aber souverän herunter.“

Felix Robrecht (darauf angesprochen, ob es sich schon ausgezahlt hat, dieses Jahr mehr Wert auf Standardsituationen zu legen) : „Mein 4:1 war eigentlich ein ganz normaler Freistoß. Das trainiert man nicht extra. Am Anfang waren wir nicht schlecht, aber einfach zu inkonsequent vorne. Am Ende müssen wir eigentlich mehr Tore machen, wenn wir zielstrebiger und vielleicht ein wenig mehr risikoreicher nach vorn spielen.“

Rici Bokake-Befonga: „Ich habe mich sehr über mein erstes Tor gefreut. Das war ein Spielzug, den wir im Training immer wieder einstudieren. Das hat mit Faton (Ademi) wunderbar geklappt. Der Unterschied zum Männerbereich ist schon sehr groß. Letztes Jahr konnte ich noch machen, was ich wollte. Wenn ich mir jetzt zu viel Zeit nehme, bekomme ich gleich einen Schlag auf die Beine, und der Ball ist weg – aber ich gewöhne mich an das schnellere Spiel.“

Markus Schatte: „Wir sind natürlich zufrieden, dass wir die drei Punkte geholt haben, nachdem die ersten beiden Partien nur unentschieden ausgegangen sind. Mit dem Spiel insgesamt können wir nicht zufrieden sein. In der ersten halben Stunde haben wir ganz ordentlich gespielt, es aber versäumt, in dieser Phase ein Tor zu machen, obwohl wir einige Male gefährlich vor dem Tor waren. Dann fällt das Frankfurter Tor zum 0:1, wobei wir schlecht verteidigt haben – es waren ja mehrere Frankfurter Spieler komplett frei. Danach haben wir wieder Moral bewiesen, den Schalter umgelegt und unsere Tore gemacht, indem wir über die Außen kamen. Nach der Pause wollten wir daran anknüpfen und mit viel Tempo agieren, weil wir glauben, dass wir da einige Vorteile haben. Es ist uns leider nicht gelungen, das umzusetzen, was wir uns für den zweiten Abschnitt vorgenommen haben. Deswegen können wir nicht ganz zufrieden sein. Unser Angriffsspiel ist mir noch nicht variabel genug. Wir werden uns steigern müssen, um spielerisch dahin zu kommen, wo wir hin wollen.“

Unsere Partner