F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

31.10.2016 / 1. Herren

Olli's Nachbetrachtung 10. Spieltag

Olli's Nachbetrachtung im Zeitungsstil und als Text

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Zehlendorfs couragierte Leistung nicht belohnt

Ex-Zehlendorfer sorgen für Wende / Schleiff und Hopprich überzeugen

Als sich selbst die größten Pessimisten auf Seiten der „kleinen Hertha“ auf eine gerechte Punkteteilung eingerichtet hatten, passierte es doch noch. Ausgerechnet Louis-Nathan Stüwe, Zehlendorfer Eigengewächs und Sohn von Geschäftsführer Michael „Zippo“ Zimmer, hämmerte den Ball in der Nachspielzeit unhaltbar für Zehlendorfs tadellosen Schlussmann Nico Hinz zum 2:1 oben rechts in den Winkel. Die Gastgeber lagen geschlagen am Boden und waren buchstäblich in letzter Sekunde um den verdienten Lohn ihrer couragierten Leistung gebracht worden.

Dabei hatte es vor der erfreulichen Kulisse von 275 Zuschauern bei herrlichem Herbstwetter so gut begonnen: Bereits in der 5. Minute profitierte Marc Zellner von einer Vorlage Efräim Gakpetos und der Übersicht Schiedsrichter Klemms, der eben jenen Gakpeto laufen ließ, dabei seinen Linienrichter überstimmend, der die Fahne hob, weil er Ademi im Abseits sah. Der jedoch griff deutlich nicht ein. Zellner wirkte im ersten Augenblick überrascht, verwandelte dann aber sicher. Nicht auszudenken, hätte Zellner in seiner Enttäuschung über den wild winkenden Assistenten den Ball frustriert durch die Gegend geschossen. Es wäre vermutlich die Szene des Jahres.

Vor der Begegnung hatte sich die Zehlendorfer Personalsituation ein wenig entspannt: Burak Mentes kehrte auf seine angestammte Außenverteidigerposition (rechts) zurück, Jian Schleiff rückte dafür nach links. Schon hinten in der Abwehrkette zu agieren, war für den ehemaligen A-Junior ungewohnt, ist er doch gelernter Mittelfeldspieler. Nun wechselte er auch noch von rechts nach links (Schleiff: „Die Seite mit meinem schwachen Fuß“). Nicht nur Trainer Schatte war hinterher angetan von der Leistung Schleiffs. Der Junge entwickelt sich (auch durch die verbale Unterstützung Schröders und Özdals) immer weiter und ist eine der positiven Überraschungen der letzten Wochen. Wir schrieben es schon: Legt er noch an körperlicher Robustheit zu und gewinnt noch mehr Zutrauen in sein eigenes Können (was die Zeit mit sich bringt), kann dieses Jahr seinen Durchbruch bringen.

Auch Gakpeto begann wieder bärenstark, legte nach Sololauf das 1:0 per (missglücktem?) Heber vor, und bediente in der 27. Minute nach Doppelpass mit Zellner Torjäger Faton Admi, der aus fünf Metern eigentlich nur noch einzuschieben brauchte. Eigentlich! Doch der am Freitag noch im Berliner Tagesspiegel gewürdigte Vollblutstürmer brachte das Kunststück fertig, den Ball völlig freistehend vor dem leeren Tor an die Latte zu setzen. „Den macht er sonst im Schlaf“, erklärte der in der Pressekonferenz noch sichtlich enttäuschte Trainer Schatte.

Doch Schatte war nicht wegen Ademi enttäuscht. Es ging ihm um seine Mannschaft, die einen couragierten Auftritt hinlegte und ganz spät so bitter geschlagen wurde. Auch trauerte man verständlicherweise der großen Möglichkeit hinterher, dass Meisterschaftsrennen nicht nur spannend zu gestalten, sondern dort selbst noch eine entscheidende Rollen spielen zu können. Die Zehlendorfer wären bei einem eigenen Erfolg bis auf zwei Zähler an Topfavorit VSG Altglienicke herangerückt – nun sind es acht Punkte Rückstand.

Doch der Auftritt war viel zu stark, um nun (nach einer ersten Enttäuschung) die Köpfe hängen zu lassen. Neben Gakpeto und Schleiff überzeugte auch Carl Hopprich auf der „Sechs“, der es häufig mit dem Ex-Unioner Torsten Mattuschka zu tun bekam. Wie Hopprich seine Zweikämpfe nicht nur mit dem Routinier ausfocht, dabei noch Übersicht bewies, war schon beeindruckend. Die erneute Nominierung in die „Elf des Tages“ in der Fußball-Woche der verdiente Lohn – wenn auch Hopprich die Punkte lieber gewesen wären.Man kann dem Nationalspieler der Seychellen nur wünschen, über einen längeren Zeitraum verletzungsfrei zu bleiben. Schon jetzt zählt er zu den absoluten Leistungsträgern – auch dies ist ein Fortschritt im Zehlendorfer Konzept. 

Dass ihnen nachher die Puste ein wenig ausging, hatte zum einen mit dem Kontrahenten zu tun, hing aber auch mit der personellen Zusammensetzung der „kleinen Hertha“ zusammen. Der immer noch erkältungsgeschwächte Warwel als auch Gakpeto wirkten ab der 70. Minute ausgepumpt. Natürlich hatte eine erfahrene und ballsichere Mannschaft wie Altglienicke nachher optische Vorteile und mehr Ballbesitz. Hinterherlaufen kostet Kraft, erst recht, wenn man als Stürmer in der Abwehr aushelfen muss. Die Zehlendorfer treten personell seit Wochen, auch verletzungsbedingt, mit vier Stürmern an (Ademi, Zellner, Warwel, Gakpeto) da sind die Wege weit, sollen sie auch Defensivaufgaben übernehmen. Doch wie sie vorne miteinander funktionieren, machte Spaß, wenn auch schon – wie gegen Tasmania – die Chancenverwertung ein Problem bleibt. Mit etwas mehr Kälte vor dem Kasten wäre sowohl der Einzug in die nächste Pokalrunde als auch ein Eingreifen in das Meisterrennen möglich gewesen. Doch das ist kein Vorwurf – die Zuschauer waren begeistert vom Spiel und der erfrischenden Art der Zehlendorfer und auch VSG-Trainer Simon Rösner bekannte, ein „fantastisches Spiel“ gesehen zu haben.

Erfreulich auch die Disziplin. Schröder, Mentes, Özdal & Co. bestritten die Zweikämpfe jederzeit hart, aber fair, wenn auch Özdal („Natürlich war es ein Foul von mir. Der klarste Elfmeter, den es je gegen mich gab.“) den Elfmeter zum schnellen Ausgleich verursachte (15.). Bezeichnend für den unglücklichen Tag der „kleinen Hertha“, dass es ausgerechnet die Ex-Zehlendorfer waren, die für die Wende verantwortlich zeichneten: Czekalla „holte“ den Elfmeter heraus, Stüwe sorgte für das 2:1.

Hinterher gab es viel zu erzählen, und die Meinungen waren vielfältig. Wen hätte man früher bringen können, wer hätte eher weichen müssen? Wie wäre es mit dieser (wenig kreativen) These: Hätte Ademi zum 2:1 getroffen, die Gäste hätten in der Endphase nicht einen so klühlen Kopf bewahrt, wie am gestrigen Sonntag. Bei einem Rückstand (und nur noch wenigen Minuten auf der Uhr) entwickelt sich ein vollkommen anderes Spiel als beim Spielstand von 1:1. Und hätte Schiedsrichter Klemm die Partie nach 90 Minuten abgepfiffen, was kein Vorwurf gegen den (sehr gut leitenden) Unparteiischen sein soll, auf Zehlendorfer Seite gäbe es bis heute nur strahlende Gesichter. Da erscheint es zu einfach, das wohl und Wehe von einem Treffer in der Nachspielzeit abhängig zu machen. 

Was bleibt? Die Zehlendorfer ließen hinten nur wenig zu - Kopfball Kroll an den Pfosten (59). und fantastische Reaktion von Hinz mit dem Fuß wenig später – und sorgten mit ihren schnellen Kontern immer wieder für Unruhe. Was ihnen fehlte war nur die Kaltschnäuzigkeit im Abschluss und ein wenig Fortune. 

Seit Saisonbeginn sind die Zehlendorfer gezwungen, aufgrund der Personalknappheit zu impovisieren. Gegen die von vielen als Meisterschaftsanwärter Nummer Eins gehandelte VSG Altglienicke fehlten ihnen nur wenige Sekunden zu einem Teilerfolg. Verständlich die Enttäuschung, da die Saisonziele in die Ferne rücken – zu einfach ist es aber, um schwarz zu malen. Aufgrund der starken (insbesondere finanziellen) Konkurrenz, musste damit gerechnet werden, ein Übergangsjahr zu absolvieren. Doch diese Zeiträume sind oft die entscheidenden, wenn es gilt, eine rosige Zukunft vorzubereiten. Da haben die Zehlendorfer viel erreicht. Mehr, als sie wahrscheinlich gestern in ihrer ersten Enttäuschung registriert haben.

Ausgerechnet Stüwe!“

Stimmen zum unglücklichen Zehlendorfer 1:2 gegen Tabellenführer VSG Altglienicke

Nico Hinz: „Es war sehr ärgerlich. Ich denke, wir waren sehr gut auf den Gegner eingestellt. Altglienicke hatte zwar optische Vorteile, aber kaum Torchancen. Wir wollten schnelle Konter fahren, was wir gerade im ersten Abschnitt sehr gut gemacht haben, sind dann auch verdient in Führung gegangen, bekommen aber einen unglücklichen Elfmeter gegen uns. Wir müssen eigentlich das zweite Tor machen, aber das können wir nicht ändern. Die zweite Halbzeit war eigentlich sehr ausgeglichen. Außer dem Kopfball an unseren Pfosten hatte Altglienicke auch im zweiten Abschnitt eigentlich keine Chance, bei uns hätte Faton (Ademi) auch hier noch das 2:1 machen können. Das wir dann am Ende so verlieren ist natürlich bitter.“

Niclas Warwel: „Das uns so ein Ding noch passiert, und dann noch ausgerechnet Stüwe – das ist dann doppelt bitter. Aber wir sind auch selbst schuld, denn wir hatten ja die Torchancen, um unsere Führung ausbauen zu können. Aber wenn Du sie vorne nicht machst, bekommst Du die Dinger hinten. Aber wir haben trotzdem eine gute Leistung gebracht, und wir haben uns in den letzten Wochen auch echt gefangen. Die Konter waren doch sehr gut ausgespielt, nur haben wir eben Pech im Abschluss.“

Burak Mentes: „Ein faires Ergebnis wäre ein Unentschieden gewesen, denn ein großer Unterschied zwischen den beiden Teams war nicht zu sehen. Wir hatten in der ersten Halbzeit die große Chance von Faton, in der er den Ball an die Latte knallt. Auch in der zweiten Halbzeit hatte Faton noch eine große Möglichkeit, es war heute einfach nicht sein Tag, aber so etwas kann passieren. Im Training macht er die blind rein.“

Jian Schleiff: „Es war ärgerlich, schon die zweite Niederlage (nach Tasmania am Mittwoch) in so kurzer Zeit zu kassieren. Es macht mir aber einfach Spaß an der Seite von Erdal und „Schrödi“ zu spielen. Es ist schon ungewohnt für mich, so weit hinten zu spielen, auch noch auf der Seite mit meinem schwachen Fuß. Aber ich habe mich gefreut, dass es so gut geklappt hat. Dafür ärgert es mich, dass ich den letzten Zweikampf, der dann auch noch zum Tor führt, nicht gewonnen habe. So schlägt sich unsere gute Leistung und auch meine nicht so im Ergebnis nieder.“

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