F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

22.02.2016 / 1. Herren

Noch stehen Herthas Chancen gut

Warwel fehlt in Lichtenberg / Schwäche bei Standardsituationen

An der nach Spielende vielfach vermuteten Überheblichkeit des Tabellenführers hat es nicht gelegen, dass den Zehlendorfern der Rückrundenstart so gänzlich misslungen ist. Dazu hinterließ die so enttäuschende Vorbereitung zu viele Fragezeichen, als dass die Mannen von Markus Schatte mit allzu breiter Brust in die Partie gegen Victoria Seelow gegangen wären. Vielmehr hat man in den 90 Minuten nie den spielerischen Faden gefunden. Aber deshalb kein böses Wort.

Beim mannschaftlichen Essen später im Klubhaus saßen Trainer Markus Schatte, Co-Trainer Clemens Riewe, Team-Manager Timo Steinert und Präsident Kamyar Niroumand beinahe ein wenig ratlos und tief enttäuscht beisammen. „Ich kann meinem Team vom Einsatz und vom Willen her gar nicht einmal einen Vorwurf machen. Jeder hat sicherlich das beste gewollt“, war Trainer Schatte, zumindest was diese Kriterien angeht, gar nicht einmal so unzufrieden. „Aber wir haben uns in der gesamten Spielzeit einfach zu wenig Chancen herausgespielt“, machte er das Manko aus. Das traf den Nagel auf den Kopf.

Hätten die Gäste aus Seelow ihre Kontermöglichkeiten im zweiten Abschnitt cleverer zu Ende gespielt, „dann hätten die uns hier auch abschießen können“, gab Riewe seine Einschätzung wieder. Tatsächlich gewann man mit fortschreitender Spieldauer den Eindruck: Wenn noch ein Treffer fällt, dann eher für den Gast – trotz Zehlendorfer Feldhoheit. Zu engmaschig hatten die Seelower ihr Abwehrnetz gesponnen, dazu machten es ihnen die Berliner auch nicht sonderlich schwer. Bereits wenige Minuten nach dem unglücklichen Rückstand (10.) rückten die Zehlendorfer komplett in die gegnerische Hälfte vor und stellten das Feld damit noch mehr zu. Auch verloren die Spitzen Efraim Gakpeto und Felix Robrecht zu schnell die Bälle, als dass die Mittelfeldspieler Zeit fanden nachzurücken.

Im zweiten Abschnitt bot sich den Zuschauern dasselbe Bild: Anrennende Zehlendorfer, aber kaum Torgefahr. Die Gästeabwehr über die Flügel aufzureissen, scheiterte immer wieder an der Ungenauigkeit der Flanken, die für Seelows Schlussmann Lopusiewicz keine Schwierigkeit darstellten. Dass die Zehlendorfer verloren, hatte sicherlich vielerlei Gründe, einer mag in der Kardinalschwäche bei Eckbällen und Freistößen begründet sein. Hertha kann eigene Eckbälle nicht verwerten und – zumindest an diesem Freitagabend – gegnerische nicht verhindern. Schatte bemerkte hinterher dazu: „Seit Melih Hortums Abgang haben wir hierfür keinen echten Spezialisten.“ Warum aber immer wieder die Ecken kurz ausgeführt, dabei oftmals eine Gefahr für das eigene Tor werden, blieb so manchem Betrachter ein Rätsel. So reichte dem Gast eine Standardsituation und leidenschaftlicher Einsatz um mit drei unerwarteten Punkten die Heimreise anzutreten.

Präsident Niroumand beschlich schon vor der Begegnung eine böse Vorahnung. Er wusste um die schwere der Aufgabe und war hinterher – wie schon zum Saisonauftakt – sichtlich geknickt. „Verlieren wir in Lichtenberg, dann ist die Saison für uns fast schon gelaufen.“ Auch wenn es wie eine Reaktion aus der ersten Enttäuschung und weit überzogen klingt: Bei der Stabilität der Konkurrenz aus Fürstenwalde liegt schon ein wenig mehr als nur ein Körnchen Wahrheit in der Aussage. Unwahrscheinlich erscheint auch, dass „die kleine Hertha“ noch einmal solch eine Serie wie im Herbst hinlegt. Das würde bedeuten: Elf Siege aus den kommenden 14 Begegnungen.

Gewinner des Spieltages war eindeutig der Favorit aus Fürstenwalde, der nicht nur vom Zehlendorfer Ausrutscher profitierte, sondern auch Nutznießer von TeBes 0:5-Debakel in Rostock war. Aber im Gegensatz zur Zehlendorfer Hertha musste man bei den Veilchen eine Niederlage zum Rückrundenauftakt – wenn auch nicht in dieser Höhe – schon einkalkulieren. Die Hansestädter führen inzwischen nicht aus purem Zufall die Tabelle an.

So haben sich die Zehlendorfer durch diesen unerwarteten Lapsus schon ein wenig selbst in Zugzwang gebracht. Dass ihr kommender Kontrahent aus Lichtenberg zurzeit auch noch keine Bäume ausreisst (1:1 in Strausberg) mag ihnen vor dem schweren Gang am kommenden Samstag ein wenig Mut machen. Niclas Warwel wird der „kleinen Hertha“ dabei nicht helfen können. Er zog sich seine 5. Verwarnung zu und muss gelbgesperrt aussetzen, dafür kehrt Dennis Dombrowe zurück.

Markus Schatte, dessen Arbeit von allen Seiten gelobt wird, ist aufgerufen, seine strategischen und psychologischen Fähigkeiten zu beweisen und die Enttäuschung aus den Köpfen seiner Spieler zu bekommen. Denn: Herthas Chance ist auch nach dem verpatzten Heimauftritt weiterhin eine gute. Ohren steif halten, Herthaner. In den kommenden Wochen werden die Weichen gestellt.

Unsere Partner