F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

01.11.2015 / 1. Herren

Nach dem Wechsel ein Titelkandidat

Passt der "zweite Anzug"? / Wermutstropfen: Rybergs Platzverweis

Vielen erscheint der Zeitpunkt weiterhin zu früh. Auch wer das Spiel zweier grundverschiedener Halbzeiten sah, zögert noch, sich ein endgültiges Urteil zu bilden. Einem ersten Abschnitt, nach dem man als Zehlendorfer zur Pause am liebsten weggelaufen wäre, folgte aber eine Hertha-Steigerung nach dem Wechsel, die geradezu sensationell anmutete. Mit anderen Worten: Nach der Leistung in den ersten 45 Minuten hätte Hertha verlieren müssen, nur die zweite Hälfte betrachtet,  hätte Hertha gewinnen müssen. So ist eines sicher: Können die Zehlendorfer die Form nach dem Pausentee konservieren, müssen sie inzwischen zu den Titelkandidaten gezählt werden.

Überraschend für viele, wie nervös die Gäste zu Beginn auftraten - trotz des Rückenwindes eines 6:0-Erfolges gegen den FC Strausberg aus der Vorwoche. Der schlechte Zustand des Rasens kann es nicht allein gewesen sein, wenn auch die Borussen sicherlich den Vorteil besaßen, sich an das holprige Geläuf gewöhnt zu haben. Ob es ihrer Spielweise entgegen kommt oder ob man diese den Gegebenheiten angepasst hat, sei einmal dahingestellt. Sie fanden jedenfalls deutlich besser in die Partie.

Insgeheim haben sie in Eichkamp gehofft, eine vierstellige Besucherzahl verkünden zu können. Denjenigen, bei denen deshalb die Enttäuschung überwog, sei folgender Grund genannt: Die Teams befinden sich noch inmitten der Hinrunde. Eine Begegnung, die schon über Wohl und Wehe in der Meisterschaft entscheidet, stand also noch nicht auf dem Programm. Daher das reservierte Interesse der Berliner Fußballfreunde. Das kann in der Rückserie schon ganz anders aussehen. Beide Vereine dürften daher höchstens Interesse daran haben, denn es würde ja auch bedeuten: Beide bleiben im Titelrennen.

Dennoch scheint auch die Kulisse von 905 zahlenden Zuschauern, die vom Stadionsprecher verkündete Zahl von 840 wurde später vom Gastgeber noch korrigiert, die Zehlendorfer beeindruckt zu haben. Auch dies ein möglicher Grund für ihre anfängliche Nervosität. 

Weil TeBe zu Beginn auch etwas reifer wirkte, musste man aus Zehlendorfer Sicht nach dem 0:1-Rückstand durch Huke das Schlimmste befürchten. Der Spielverlauf bis zu diesem Zeitpunkt sprach gegen sie, die im bisherigen Saisonverlauf so stabile Abwehr der Borussen ebenfalls. Wenig später hätte die endgültige Entscheidung zu Gunsten der Gastgeber fallen können, doch Schiedsrichter Alm aus Fürstenwalde entschied nach einer kniffligen Szene im Zehlendorfer Strafraum auf weiterspielen. Hier ein 2:0, die Zehlendorfer hätten sich kaum erholt. Die Proteste der „Veilchen“ hielten sich jedoch in Grenzen, ein Indiz für die Richtigkeit der Entscheidung.

Auffällig, wie viele Zehlendorfer an diesem Abend nicht ihre Normalform erreichten. Umso beeindruckender, wie sie trotzdem in die Partie zurückfanden. Zu den stärkeren Akteuren gehörte Efraim Gakpeto. Wie reaktionsschnell er die Situation vor dem 1:1 erfasste und blitzschnell in Mittelstürmermanier vollendete hatte schon Klasse-Merkmale.

Nach dem Wechsel bot sich dem Betrachter ein völlig anderes Bild. Nun lagen die Chancenvorteile klar auf Seiten der „kleinen Hertha“. Burak Mentes Lattentreffer, Gakpeto und Rohrecht frei vor Varrelmann - das hätte die Führung sein können. Es machte sich der Verdacht breit: Gehen die Gäste in Führung, erholt sich TeBe nicht mehr. Erdal Özdal gewann die entscheidenden Duelle und sorgte immer wieder für Ruhe, „Maxi“ Obst bot eine läuferisch starke Partie, versuchte immer wieder Linie ins Spiel zu bringen und auch Darius Niroumand, der sich seit 14 Tagen mit einer Kapselverletzung herumplagt, stopfte viele Löcher. 

Wermutstropfen blieb die gelb-rote Karte für Mike Ryberg, der erneut mit einer dynamischen Vorstellung Eindruck machte. Überhaupt werden die kommenden Wochen zeigen, welche Qualität der „zweite Anzug“ tatsächlich besitzt. Auf Ryberg und Robert Schröder werden die Zehlendorfer gegen den Malchower SV definitiv verzichten müssen, Niclas Warwel und Erdal Özdal sind bereits mit vier gelben Karten vorbelastet. Sven Aagaard, Jian Schleiff, Felix Robrecht, Miguel Unger, Samuel Yeboah und Su Min Kim müssen „unter der Woche“ hellwach sein, denn auf sie wird es in den nächsten Wochen ankommen. 

Wer bei den bis dato ungeschlagenen Borussen nicht seine beste Leistung abruft, dennoch einen Punkt mitnimmt und am Ende noch den Platz als Sieger hätte verlassen können, muss bei augenblicklicher Lage zu den Mitfavoriten gezählt werden. Ob sie es in Zehlendorf gern hören oder nicht. Das kann in den nächsten Spielen zur Belastung werden oder Motivation sein. Markus Schatte ist zukünftig als Psychologe gefragt. Dass seine jungen Burschen ihr Handwerk verstehen, war nach dem Wechsel im Mommsenstadion zu beobachten.

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