F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

13.06.2022 / 1. Herren

„Kleine“ Hertha verpasst den Aufstieg 

Über 2.100 Zuschauer in Greifswald - Erste Niederlage nach vier Monaten

Niedergeschlagen saßen die Spieler der „kleinen“ Hertha vor der Abfahrt aus Greifswald um ihren Bus. Leere Blicke, vereinzelte Tränen. Mit 2:4 waren sie unterlegen und hatten die große Chance auf den Aufstieg in die Regionalliga verpasst. „Aber unser großes Ziel haben wir nicht heute verspielt“, warf Mike Ryberg enttäuscht einen kurzen Blick zurück und zog einen Vergleich zu Hilfe. „Bayern München kann beide Spiele gegen Borussia Dortmund verlieren und wird trotzdem Meister. Sie schlagen dafür alle anderen. Das haben wir in Spielen wie gegen Schwerin, Brandenburg und Neuruppin verpasst.“ Und doch hätten sie es nach einer beeindruckenden Siegesserie in den letzten Wochen beinahe noch geschafft. In einem rassigen Spitzenspiel, das alles bot, was man von einem Duell zwischen Tabellenführer und Verfolger erwarten durfte, aber setzten sich die Greifswalder am Ende verdient mit 4:2 durch und sicherten sich dadurch den Aufstieg in die Regionalliga Nordost.

Von Beginn an entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Appiahs Abschluss ging ebenso vorbei (13.) wie Hortums Volleyschuss (19.). Anschließend reagierte 03-Torhüter Büchel zweimal stark gegen Appiah (27.) und Mietzelfeld (29.). Doch wenig später war er machtlos: Den ersten Schuss Appiahs aus Nahdistanz konnte er noch reaktionsschnell abwehren, gegen den Nachschuss von Selchow aus wenigen Metern hatte er keine Chance (34.). Die Zehlendorfer wirkten nicht geschockt und konterten postwendend. Ismaili setzte sich an der Außenlinie durch, zog von dort frech ab und überraschte GFC-Torhüter Schneider im kurzen Eck zum 1:1 (36.). Doch als kurz vor der Pause Richardsson II gegen zu zögerliche Zehlendorfer zum 2:1 ins lange Eck (43.) traf, ahnte man, dass es an diesem Sonntag nicht reichen könnte. 

Unglücklich vom Zeitpunkt her für die Berliner, die gleich nach Wiederanpfiff einen weiteren psychologischen Nackenschlag einstecken mussten. Büchels Abspiel geriet zu kurz, erneut war Richardsson der Nutznießer. Büchel war hinterher untröstlich: „Da spielt man so eine gute Saison und ausgerechnet im wichtigsten Spiel mache ich so einen Patzer.“ Ähnlich angefressen wirkte noch Stunden danach Kapitän Lenny Stein, der mit einem Abspielfehler das Greifswalder 4:1 ermöglichte, dass die Partie endgültig entschied. Appiah war es, der davon profitierte (80.). 

Ausgerechnet die Stützen Büchel, Stein und Stüwe (verpasste vor dem 1:0 zu klären) fanden nicht zur gewohnten Form. Doch sei ihnen, bei aller verständlichen Enttäuschung, entgegnet: Ihre beständig starken Leistungen (Stein steht sogar zur Wahl als „Amateurfußballer der Saison“) haben dieses „Finale“ erst ermöglicht. Das mag im Augenblick nicht so recht als Trost bei ihnen ankommen, mit etwas Abstand aber werden sie erkennen, welch gute Saison sie gespielt haben. Ismailis schöner Freistoß aus 20 Metern zum 4:2 kam zu spät (90.). 

Schon eine Stunde vor Spielbeginn hatte Volksfeststimmung geherrscht. Über 2.200 Zuschauer (Saison-Rekord) verbreiteten eine Hexenkessel-Atmosphäre, die eines Spitzenspiels absolut würdig war. Aufgrund einer Sperrung des Volksstadions wurde die Partie auf dem engen Westplatz ausgetragen, wozu die Gastgeber eigens Extra-Tribünen aufgebaut hatten. Nach aufregenden 90 Minuten war 03-Trainer Robert Schröder sichtlich ergriffen. Er bedankte sich bei seiner Mannschaft, „die trotzdem eine tolle Saison gespielt hat. Wir hatten ein großes Ziel, was wir heute leider nicht erreicht haben. Aber wie die Jungs im Laufe der Monate immer wieder Rückschläge weggesteckt haben, das war eine große Leistung. Glückwunsch an Greifswald. Wer so viele Punkte holt, ist verdient Meister.“ 

Die „kleine“ Hertha hat zwar das zuletzt gesteckte Ziel (Aufstieg) verpasst, das vor Saisonende ausgegebene Motto „Möglichst lange um etwas mitzuspielen“ aber absolut erfüllt und maßgeblich dazu beigetragen, dass der Meisterschaftskampf der Oberliga nach vielen Jahren endlich wieder einmal spannend verlief. Sie hat als Team zusammengefunden, schwierige Hürden (zahlreiche Verletzungen und Corona-Fälle) gemeistert, befand sich zuletzt in bestechender Form und blieb vier Monate ungeschlagen. Kommende Woche gegen die TSG Neustrelitz (Sonnabend, 14:00 Uhr, Ernst-Reuter-Stadion) gilt es, die Spielzeit mit einem Erfolg abzuschließen. Die Vizemeisterschaft ist ihnen nicht mehr zu nehmen, nebenbei die beste Platzierung in ihrer Oberliga-Geschichte.

Greifswalder FC – FC Hertha 03 4:2 (2:1)

Hertha 03: Büchel; Dombrowe (69. Razeek), Stein, Stüwe; Cami (69. Grabow), Langhammer (52. Obst), Hopprich (82. Ott), Hortum (52. Rupp), Ryberg; Ernst, Ismaili

Die Tore: 1:0 Selchow (34.), 1:1 Ismaili (36.), 2:1 Richardsson II (43.), 3:1 Richardsson II (51.), 4:1 Appiah (80.), 4:2 Ismaili (90.)

Zuschauer: 2.121

Gelbe Karten: Stein, Ernst, Razeek 

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