F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

08.10.2022 / 1. Herren

„Joker“ Frölich sticht

Schröders glückliches Händchen – Frölich trifft doppelt beim 3:1-Erfolg in Stahnsdorf 

Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Das gilt nicht nur für den Profibereich. So schrieben wir vor Wochenfrist über eine (einfache) Regel: Liegen die Zehlendorfer zurück, holen sie keinen Punkt mehr. Man musste schon bis zum 16. September 2020 zurückblättern, um auf ein solches Ereignis zu stoßen. Die „kleine“ Hertha drehte vor knapp zwei Jahren einen 1:2-Rückstand gegen den damaligen Spitzenreiter SV Tasmania in einen 3:2-Erfolg. Louis-Nathan Stüwe besorgte per Kopf in den Schlusssekunden den Endstand. Am heutigen Nachmittag endete nun die (unerfreuliche) Serie. Einen 0:1-Rückstand wendeten die Schröder-Schützlinge und gingen am Ende mit einem 3:1-Erfolg über Gastgeber Eintracht Stahnsdorf vom Platz.

Dabei begann der Tag nicht nach den Wünschen des Zehlendorfer Trainerteams. Torjäger Zulu Ernst (6 Treffer) saß aus beruflichen Gründen in Frankfurt am Bahnhof fest – die Deutsche Bahn hatte den Zugverkehr teilweise eingestellt und machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er wurde durch James Ndubueze ersetzt. Auch auf der Torhüterposition wurde gewechselt, Paul Büchel rückte wieder in den Kasten, Jasper Kühn nahm auf der Bank Platz. Das war keineswegs als Degradierung zu verstehen, Kühns Leistungen waren tadellos, nur begegnen sich beide Torsteher eben auf Augenhöhe, sodass beide ihre Spiele erhalten. 

Die erste Hälfte, in der Zehlendorfs Kapitän Lenny Stein zu Beginn als Anspielstation im Sturmzentrum fungierte, hielt wenige Höhepunkte bereit. Versuche von „Maxi“ Obst (9.) und Tim Grabow (11.) gerieten zu harmlos, gefährlicher war da schon Stahnsdorfs Ernes Matjaz, der aus kurzer Entfernung den Außenpfosten traf (14.). Die „kleine“ Hertha hatte zwar mehr Ballbesitz, drang jedoch im letzten Drittel nicht wirklich durch. Grabow wurde im letzten Moment gestoppt (33.) und Obst zielte vorbei (40.), auf der Gegenseite parierte Büchel gegen Julian Rauch (43.). 

Das 0:0 zur Pause entsprach dem Spielverlauf und auch zu Beginn des zweiten Abschnitts änderte sich zunächst einmal nichts. Zehlendorfs Jonas Burda fand nach dem Spiel die richtigen Worte: „Es war ein hartes, hitziges Spiel, in dem wir einen hohen Laufaufwand betreiben mussten.“ Was er nicht sagte: Es fehlten die Höhepunkte. So schlich sich das Gefühl ein, dass es wohl auf ein 0:0 hinauslaufen würde. Für solche Spiele gilt ein (ungeschriebenes) Gesetz: Wer (doch noch) den ersten Treffer erzielt, verlässt den Platz als Sieger. 

So wirkte der (urplötzliche) Rückstand für die Zehlendorfer Anhänger fast schon wie ein Schock. Der eingewechselte Florian Matthäs nutzte einen Abwehrfehler der „kleinen“ Hertha und brachte sein Team von der Strafraumgrenze doch etwas überraschend in Führung – Büchel war machtlos (66.). „Wir haben die ganze Woche darauf hingewiesen, was wir nicht machen wollten. Aber genau durch solche eigenen Fehler haben wir den Gegner aufgebaut und ihm die Führung ermöglicht“, ärgerte sich Trainer Schröder hinterher. Und wer um die oben erwähnte Serie wusste, hätte eigentlich getrost nach Hause gehen können. 

Doch es kam anders. Und warum? Burda und Dauerläufer Igli Cami erklärten es übereinstimmend. „Ich habe schon noch nach dem 0:1 an uns geglaubt“, sagte Burda und Cami ergänzte: „Es war schon vor dem 0:1 ein hartes Spiel, umso schwieriger war es, noch zurückzukommen. Aber wir haben ruhig weitergespielt, uns nicht hängen lassen und wollten mindestens noch das Unentschieden erreichen. Das hat sich ausgezahlt.“ Ein glückliches Händchen bewies dabei Trainer Schröder mit der Einwechslung des ehemaligen A-Junioren Kareem Frölich, der bisher nur zu Teileinsätzen gekommen war. „Wenn man 0:1 hinten liegt, gibt es nichts, um lange nachzudenken. Da muss man einfach alles nach vorn werfen“, beschrieb Frölich seine Gedanken bei seiner Einwechslung - nur zwei Minuten nachdem sein Team in Rückstand geraten war.

Zwölf Minuten dauerte es, da hatte Frölich das erste Mal getroffen – zum 1:1 aus 16 Metern. Stahnsdorfs Torhüter Daniel Hemicker bekam zwar noch eine Hand an den Ball, doch zu scharf hatte Frölich geschossen (80.). Keine 120 Sekunden später hatte Frölich die Partie gedreht und sich als „Joker“ entpuppt. Einen Freistoß der Gastgeber vor dem Zehlendorfer Strafraum fingen die Berliner ab, Cami setzte den Eingewechselten in Szene, der noch die Ruhe behielt, den herausstürzenden Hemicker zu umspielen und zum 1:2 einschob (82.). „Wichtig war es, das 1:1 zu machen, danach lief es. Ich hoffe, dass ich nun im Team endgültig angekommen bin“, blieb der Torschütze bescheiden. So sieht es auch Trainer Schröder: „Besonders schön natürlich für Kareem (Frölich), dass der Knoten nun hoffentlich geplatzt ist.“

Endgültig entschieden wurde die Begegnung durch Cami, der nach einem Alleingang im Strafraum die Ruhe behielt, sich die Ecke ausguckte und überlegt zum 1:3 einschob (90.+1). „Ich habe mir gedacht, ich probiere es einfach mal, schließlich war ich ganz allein im Strafraum. Und wenn man schon im Strafraum ist, sollte man die Chance auch nutzen.“ So einfach kann Fußball sein.

Hinterher strahlten alle um die Wette. Die Beendigung der Serie (kein Sieg nach Rückstand), hielt nebenbei vielleicht auch noch eine Erkenntnis für die Zukunft bereit: Die Zehlendorfer wissen nun, dass sie auch einen Rückstand wenden können. Frölich sagte dazu: „Das zeichnet Spitzenmannschaften aus, solche Spiele zu drehen, sonst kannst du nicht aufsteigen.“ Etwas anderes war aber (vielleicht) noch viel wichtiger für die Berliner: Folgte in der Vergangenheit auf eine Pleite meist eine weitere Niederlage, so haben sie nun die Gewissheit erlangt, dass das nicht in Stein gemeisselt ist. Noch dazu scheint sich im Fundus einer angeboten zu haben, der die bisherige Abhängigkeit von Ernst (und auch Grabow) im Sturm beseitigen könnte. Am kommenden Sonntag erwartet die „kleine“ Hertha Dynamo Schwerin am Siebenendenweg (14:00 Uhr). Es bietet sich die Gelegenheit zu beobachten, ob die Berliner den Schwung der Schlussviertelstunde von Stahnsdorf mitnehmen konnten.

Hertha 03: Büchel; Stüwe (68. Praus), Stiller, Stein, Dombrowe; Cami, Obst (86. Kinner), Henneke (86. Razeek), Burda; Grabow (59. Hopprich), Ndubueze (68. Frölich)

Die Tore: 1:0 Matthäs (66.), 1:1 Frölich (80.), 1:2 Frölich (82.), 1:3 Cami (90.+1)

Zuschauer: 149

Gelbe Karten: Stein, Burda, Henneke

 

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