F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

27.10.2019 / 1. Herren

FC Hertha 03 Zehlendorf - TSG Neustrelitz 4:1 (1:0)

Klarer 4:1-Erfolg gegen TSG Neustrelitz - Große Verletztenlist

Zehlendorfer krönen starke Leistung

"Was soll der Trainer auch anderes sagen!? Er muss ja tief stapeln. Aber natürlich kann es jetzt nur um den Titel gehen", waren sich drei Herren mittleren Alters auf dem Heimweg vom Ernst-Reuter-Stadion einig. Dabei war Markus Schatte auf der Pressekonferenz nach dem beeindruckenden 4:1-Erfolg seiner Mannschaft gegen den Tabellendritten TSG Neustrelitz gar nicht so defensiv in seinen Aussagen: "Wir schauen nach oben." Das hat man auch schon vorsichtiger erlebt. Aber was sollte er auch sagen. Seine junge Rasselnde - 10 Akteure, die gestern auf dem Platz standen, hatten das 22. Lebensjahr noch nicht vollendet - hatte die wohl bisher beste Saisonleistung abgeliefert. Während vor der Begegnung beim Auflaufen der Teams gemunkelt wurde, dass die Neustrelitzer von der Statur her eine "echte Männermannschaft" darstellen, war 90 Spielminuten später davon keine Rede mehr. Eine reife Darstellung hatten Schattes Jungspunde abgeliefert.

Zehlendorfs Schatzmeister und Geschäftsstellenleiter "Zippo" Zimmer strahlte vor dem Abpfiff voller Optimismus. "3:0 für uns", war er sich sicher. Woher er diese Zuversicht bezog, blieb dem Autor dieser Zeilen schleierhaft. Der Blick auf die Ersatzbank und das Krankenlager gleich nebenan ließ eher Schlimmes befürchten, denn dort saßen einig vereint Torjäger Sebastian Huke, Melih Hortum, Dennis Dombrowe (alle auf der Bank, aber längst nicht einsatzbereit), daneben Carl Hopprich (Bänderverlezung), Daniel Wahl (Zerrung), Hrachik Gevorgyan (Schulter-OP) und Niclas Warwel (Bänderverletzung). Doch knapp zwei Stunden später waren alle Sorgen verflogen.

"Die ersten 10, 15 Minuten hatten wir es etwas schwer, ins Spiel zu finden", gab Lukas Rohana, seit Wochen einer der beständigsten Zehlendorfer, die Anfangsphase richtig wieder. Ein erstes Lebenszeichen der "kleinen Hertha" gab es von Patrick Lux. Sein Schuss aus rund 20 Metern strich zwar über den Kasten der Gäste, gab seinem Team aber das Zutrauen in die eigenen offensiven Qualitäten. "Ich muss heute mal Patrick Lux explizit erwähnen", gab hinterher 03-Kapitän Robert Schröder zu Protokoll. "Er hat das exzellent gemacht, ist immer wieder in die Räume gegangen, hat die Bälle gefordert und ist mutig gewesen." Dazu muss man erwähnen, dass Schröder sonst eher die Teamleistung hervorhebt - wobei das eine das andere ja nicht ausschließt. Auch Trainer Schatte sah ein starkes Spiel von Lux, der gestern erst zum zweiten Mal in der Startelf stand.

So war es auch kein Wunder, dass er der Initiator des Zehlendorfer Führungstreffers war. Seinen Pass auf den rechts startenden Butendeich erhielt er prompt zurück, traf die Kugel aber nicht, was das Glück für den hinter Ihm lauernden Zihni Taner Hirik war. Der zögerte nicht lange und traf mit schafem Schuss aus spitzem Winkel zum 1:0 (19.). "Danach haben wir die Partie kontrolliert und hätten die Führung sogar vor dem Wechsel noch ausbauen können", schilderte Rohana das Geschehen bis zum Pausenpfiff. In der 23. Minute schickte Dominik Klecha Phil Butendeich frei Richtung Neustrelitzer Kasten, doch Torhüter Petkov verhinderte das 2:0. Lux' Schuss nach Pass von Hirik wird im letzten Augenblick geblockt (35.), ein Butendeich-Kopfball wird pariert, ein weiterer Schuss von Lux bleibt hängen (40.). Nur einmal drangen die Gäste gefährlich durch, da war Klecha zur Stelle (38.).

Nach der Pause drängte Neustrelitz, ohne sich jedoch glasklare Möglichkeiten herauszuspielen. "Da waren wir etwas fahrig", fand Rohana. Und auch Lenny Stein lag mit seiner Einschätzung richtig: "Aber wir standen hinten sehr stabil und haben aus dem Spiel heraus nichts zugelassen. Später waren wir nach vorn sehr effektiv." Was vielleicht auch den Reifeprozess, den die Mannschaft durchmacht, am besten aufzeigt. "Das war ja in den letzten Wochen unser Problem. Heute muss ich die Jungs mal loben", lächelte Stein. "Wir haben unsere Chancen effektiv genutzt und die Konter vernünftig zu Ende gespielt", stimmte Kapitän Schröder zu.

Ausgerechnet zwei Protagonisten, die in der Vorwoche noch die eine oder andere Gelegenheit ausgelassen hatten, sorgten dann für den in den letzten 20 Minuten einsetzenden Torreigen. Nach einem Doppelpass zwischen Benedikt Nellessen und Mert Sait, scheitert Nellessen zunächst, doch den Nachschuss verwandelt Sait mit voller Entschlossenheit zum 2:0 (68.). Nicht nur nur wegen dieses Treffers gehörte Sait, der aufgrund seiner großartigen Technik oft zu verspielt und zu sorglos agiert, zu den stärksten Akteuren an diesem Tag. In dieser Verfassung ist er eine wirkliche Belebung auf der Zehlendorfer Außenbahn.

Beindruckend auch, welche Entwicklung die beiden jungen Sechser genommen haben. "Bei Paul und mir klappt es einfach. Wir wissen genau, wie der andere läuft", gab Rohana eine Erklärung für sein gutes Zusammenspiel mit Paul Wegener und die konstanten Leistungen zuletzt. Die Zehlendorfer haben so viele positive Überraschungen in ihrem Kader, dass man dabei fast übersieht, dass auch Sprint, Schröder und Stein seit Wochen beständig zu den besten gehören.

Die Gäste wären vermutlich nicht mehr auf die Beine gekommen, hätte sie nicht ein unglücklicher Foulelfmeter wieder ins Spiel gebracht. Schröder war unabsichtlich N'Diaye in die Quere gekommen, der Gefoulte verkürzte auf 2:1 (75.). Während man auf den Tribünen unruhig wurde, blieb die Mannschaft gelassen, was aufgrund der vielen unerfahrenen Spieler schon überraschte. "Anschließend haben wir es gut und abgeklärt gemacht", beschrieb Rohana die heikle Phase. "Wir haben das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben", sagte Sprint. Wenn das immer so einfach wäre. Im Detail nannte er, "dass wir sehr wenig Standards zugelassen haben. Ich glaube, der Gegner hatte nur zwei Eckbälle, aber Freistöße aus torgefährlichen Räumen gar keine." Wie wahr! Und keine 180 Sekunden später waren erneut Sait und Nellessen am 3:1 beteiligt. Nellessen wurde von Röth gefoult, Sait verwandelte frech den Strafstoß (78.). Dass Nellessen dann auch noch nach glänzendem Pass von Hirik den Schlusspunkt zum 4:1 (84.) setzte, passte zu seiner starken Leistung. Ohne Wenn und Aber.

Was an der jungen Truppe gefällt: Sie ist weiterhin selbstkritisch. "Wir haben oftmals gut umgeschaltet, wenn wir auch manchmal nach vorn noch zu schlampig waren", fand Lux immer noch Verbesserungsmöglichkeiten. Aber er sah selbst natürlich auch, dass "wir es deutlich besser als in den letzten Wochen spielerisch gelöst haben. Es waren viel weniger lange Bälle in unserem Spiel, dafür haben wir über drei, vier Stationen auch mal flach von hinten herausgespielt." Wer zu Beginn beim Blick auf die Verletztenliste Bedenken hatte, dachte nach Spielschluss nur noch wenig daran. "Bei uns macht es sich zurzeit bemerkbar, dass nicht nur die ersten Elf gute Fußballer sind", sieht Sprint in der Breite des Kaders einen wichtigen Teil des bisherigen Erfolgs. Nichtsdestotrotz gab Trainer Schatte seinen angeschlagenen Schützlingen nach dem Mannschaftsessen den Rat mit auf den Weg, bitte unbedingt Ärzte und Physios aufzusuchen - denn eines ist auch klar: Viel mehr darf sich auf der Ausfallliste nicht mehr tun.

"Eine Kampfansage wirst du von mir nicht hören", sagte Stein beim Kurz-Interview. Ist auch gar nicht nötig. "Wir wollen natürlich den Abstand nach oben so klein wie möglich zu halten und einfach von Spiel zu Spiel gucken. Das hört sich zwar nach einem Klassiker an, aber es ist einfach so." Und es hat zuletzt auch gut gepasst. So komisch es auch klingen mag: Am Sonntag beim CFC Hertha 06 wird's wieder schwerer sein. Warum? Weil alle Welt einen Zehlendorfer Sieg voraussetzt. Eine ähnliche Konstellation gab es schon vor der Begegnung gegen Lok Stendal (0:0). Ob die Zehlendorfer ihren Reifeprozess auch hier fortsetzen können? Gelingt ihnen das - Hertha 03 ließe sich aus der Spitzengruppe kaum noch verdrängen.

FC Hertha 03 spielte mit: Sprint; Klecha, Schröder, Stein, Sait (87. Manske); Rohana, Wegener, Lux, Nellessen; Butendeich (82. Bokake-Befonga), Hirik (87. Kilian)

Die Tore: 1:0 Hirik (19.), 2:0 Sait (68.), 2:1 N'Diaye (75., Foulelfmeter), 3:1 Sait (78., Foulelfmeter), 4:1 Nellessen (84.)

Gelbe Karten: keine
Zuschauer: 221

 

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