F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

12.11.2022 / 1. Herren

Einzig die Belohnung fehlte

Starke „kleine“ Hertha trotz doppelter Unterzahl dicht vor dem Sieg – 1:1 gegen Neuruppin

Nach gut 90 aufregenden Minuten schlichen abgekämpfte Zehlendorfer mit enttäuschten Gesichtern von der durch Nebel nass und tief gewordenen Rasenfläche des Ernst-Reuter-Stadions. Sie hatten auch allen Grund enttäuscht zu sein. Doch galt das in erster Linie wegen des Resultats von 1:1 gegen den MSV Neuruppin, da hatte nicht nur Einwechselspieler Jason Rupp „mehr erwartet. Ein enttäuschendes Ergebnis für uns.“ Doch an Leidenschaft, am kämpferischen Einsatz und Hingabe mangelte es an nichts – und das am Ende bei doppelter Unterzahl.

Das erste Achtungszeichen setzten aber die Gäste, doch Dimitroffs Versuch geriet zu zentral und stellte Paul Büchel vor keine großen Probleme. Anschließend übernahmen die Zehlendorfer das Geschehen. Mushakir Razeek startete über die rechte Seite einen Alleingang, seinen Schuss lenkte Tittel um den Pfosten (17.). Kurz darauf versuchte es Louis-Nathan Stüwe aus der Drehung, Tittels wehrte ab, Valentin Hennekes Nachschuss blieb der Erfolg verwehrt (18.). Nach einer Phase mit vielen Ungenauigkeiten im Berliner Spielaufbau übernahm die „kleine“ Hertha ab der 30. Minute wieder das Kommando und aufgrund der Chancenhäufung schien der Führungstreffer nur eine Frage der Zeit: Tim Grabow-Flanke, Henneke-Kopfball-Aufsetzer, Tittel parierte (33.). Grabow scheiterte nach Alleingang am Neuruppiner Schlussmann (34.), wieder Grabow-Flanke, Kopfball Lenny Stein, knapp rechts vorbei (36.).

Was folgte, war der erste große Auftritt von Schiedsrichter Tino Hanke, der Grabow nach einem durchaus harten Einsteigen auf Höhe der Mittellinie die rote Karte zeigte (40.). Die Diskussionen auf den Tribünen gingen auseinander, ob bei Grabows erstem Foul nicht auch die gelbe Karte ausreichend gewesen wäre. Wie würde die „kleine“ Hertha reagieren? Immerhin musste sie von nun an über eine Halbzeit lang in Unterzahl agieren. Die Antwort zeigte sich wenig später: Offensiv! Henneke setzte die Kugel nach einem energischen Alleingang links vorbei (44.), Steins Kopfball nach Ecke von Dennis Dombrowe senkte sich auf die Latte (45.+1).

Kalt erwischt wurden die Zehlendorfer nach dem Wechsel. Pitesa brachte die Gäste mit einem strammen Schuss in Führung, doch ging im Vorfeld des Treffers ein (eindeutiges, so die Ansicht der Spieler) Foul an Stüwe voraus, was zu entsprechenden Reklamationen auf Berliner Seite führte (52.). Der unsichere Hanke ließ sich (erwartungsgemäß) nicht umstimmen. Der nun einsetzende Ansturm der Zehlendorfer wurde schnell belohnt. Zwar scheiterte zunächst Ilgi Cami mit einem Kopfball schräg in der Luft liegend, nachdem sich Jonas Burda links energisch durchgetankt und Cami maßgerecht bedient hatte (60.). Doch keine 60 Sekunden später konnte Zulu Ernst im Strafraum der Gäste nur regelwidrig gelegt werden. Den fälligen Strafstoß verwandelte Stein sicher ins rechte Eck (62.).

Es wurde ein offener Schlagabtausch. Man musste zwar mit fortschreitender Spieldauer um die Kräfte der Zehlendorfer bangen, die alles nach vorn warfen. Dennoch boten sich ihnen die klareren Gelegenheiten: Ernst dribbelte sich durch - Außennetz (68.), präzise Burda-Flanke aus dem vollen Lauf, Ernst trifft das Leder nicht voll (82.), wieder Burda-Flanke, Kopfball Ernst – drüber (84.), Ernst setzt sich geschickt gegen mehrere Gegenspieler durch, trifft den Ball nur mit der Zehenspitze (86.). In der Schlussminute entschärfte Büchel noch einen Fernschuss, das war es von den Gästen, die nach Eric Stillers Platzverweis (89.) sogar einige Minuten in doppelter Überzahl agieren durften.

In beinahe letzter Sekunde bot sich Einwechsler Kareem Frölich noch die große Chance erneut als Joker in Erscheinung zu treten und alle auf Zehlendorfer Seite zu erlösen, doch er vergab freistehend. Kein Vorwurf, zumal Frölichs Erklärung plausibel klingt: „Es war eine gute Möglichkeit, aber schwierig für mich, weil es mein erster Ballkontakt im Spiel war. Wäre ich vorher ein- zweimal am Ball gewesen, hätte ich ihn wahrscheinlich reingemacht.“

Es blieb beim 1:1, und man hatte das Gefühl, dass Schiedsrichter Hanke eine zwar umkämpfte, aber keineswegs unfaire Partie mit vielen überzogenen Entscheidungen maßgeblich beeinflusst hatte. Ein Beispiel: Die Zehlendorfer spielten trotz Unterzahl mit offenem Visier, drängten auf den Siegtreffer und beeilten sich, wo es nur ging. Dennoch erhielt Dombrowe wegen (angeblichen) Zeitspiels beim Einwurf eine gelbe Karte – vollkommen unverständlich, zumal der Zehlendorfer keine Anstalten machte, absichtlich zu verzögern, und der Schiedsrichter zuvor die Partie durch einen Pfiff unterbrochen hatte. 03-Co-Trainer Timo Steinert zögerte etwas in der Beurteilung des Unparteiischen: „Den Schiedsrichter möchte ich ungern bewerten, er wird seine Leistung sicherlich selber hinterfragen. Wir analysieren mit unseren Spielern nach jeder Partie das Videomaterial, das machen die Schiedsrichter sicherlich auch. Jeder hat mal einen schlechten Tag, Spieler und auch Schiedsrichter.“ Bestnote in Diplomatie!

Team-Manager „Zippo“ Zimmer war noch weit nach Spielschluss hin- und hergerissen: „Bei mir bleibt eine überragende zweite Halbzeit hängen, mit einem Mann weniger, später mit zwei Mann weniger. Es war ein Kraftakt ohnegleichen. Und dennoch müssen wir das Spiel klar gewinnen. Hut ab vor der Leistung, einfach nur schade, dass wir uns nicht belohnen. Es ist zum Verrücktwerden.“ So sah es auch Steinert: „Unsere Mannschaft hat im zweiten Abschnitt ein extrem gutes Gesicht gezeigt. Trotz Unterzahl war sie das klar bessere Team, hat viel Leidenschaft gezeigt und unglaublich viele Torchancen herausgespielt. Sie besitzt eine klasse Mentalität und einen guten Spirit. So eine Mammut-Aufgabe in der zweiten Halbzeit zu bewältigen, das wird sich auszahlen. Vielleicht nicht heute, aber am Ende.“

Für Jason Rupp war es „eine super Teamleistung, jeder hat wirklich für den anderen gekämpft. Wir können stolz sein auf die Leistung, mit zwei Mann in Unterzahl muss man erst einmal ein 1:1 halten.“ Das kann so stehen bleiben. Die „kleine“ Hertha hat in den letzten Wochen vermehrt von ihren kämpferischen Qualitäten gelebt (siehe Stahnsdorf und Makkabi). Ihre Hauptprobleme bleiben die Chancenverwertung und die personelle Situation. Nun fallen auch noch David Kinner (Knieverletzung) sowie Stiller (ein Spiel gesperrt) und Grabow (Sperre offen) aus. Eine Entspannung an der Verletztenfront scheint nicht in Sicht. Da darf man gespannt sein, welche Formation Trainer Robert Schröder in 14 Tagen bei der Auswärtspartie in Frankfurt/Oder aus dem Hut zaubert. An Ideen hat es bei ihm bisher noch nie gemangelt.

FC Hertha 03 – MSV Neuruppin 1:1 (0:0)

Hertha 03: Büchel; Stüwe, Dombrowe, Stein; Burda (90. Ott), Henneke (78. Rupp), Razeek (89. Praus), Cami (78. Sow Sow), Stiller; Grabow , Ernst (90. Frölich)

Die Tore: 0:1 Pitesa (52.), 1:1 Stein (62., Foulelfmeter)

Zuschauer: 161

Gelbe Karten: Razeek, Ernst, Stein, Dombrowe

Gelb-rote Karte: Stiller

Rote Karte: Grabow

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