F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

14.03.2022 / 1. Herren

Egzon Ismaili erlöst „kleine“ Hertha

Der Spielbericht von Oliver Kellner

Es lief die letzte Spielminute im sonnenüberfluteten Ernst-Reuter-Stadion. Die meisten Zuschauer, sofern sie zur „kleinen“ Hertha hielten, hatten die Hoffnung auf ein gutes Ende bereits aufgegeben, als sich Zehlendorfs Egzon Ismaili aus knapp 30 Metern ein Herz fasste und einfach abzog. Noch leicht (aber entscheidend) abgefälscht, landete die Kugel doch noch hinter Pampows gutem Torhüter Mark Ellenschläger im Netz. Einige Augenblicke später erfolgte der Abpfiff, und die Berliner hatten (etwas glücklich) die Tabellenspitze erklommen. 

Die Zehlendorfer Start-Elf war im Vergleich zur Vorwoche nicht wieder zuerkennen. Corona und zahlreiche Verletzungen hatten den Kader gehörig durcheinander gewirbelt. So fielen neben Stammtorhüter Paul Büchel (Innenbandanriss im Knie) mit Dennis Dombrowe, Zulu Ernst, Mike Ryberg, Yazid Heimur und Arthur Langhammer insgesamt sechs Akteure aus, die gegen Blau-Weiß 90 noch in der Anfangsformation standen. Doch die Gastgeber, zuletzt dreimal in Serie erfolgreich, zeigten sich davon völlig unbeeindruckt und starteten furios. Keine 100 Sekunden waren gespielt, als Mittelfeldantreiber Maximilian Obst einen Lattenabpraller von Ismaili aufnahm, den Ball erneut in Richtung Gäste-Tor beförderte und etwas vom Glück begünstig wurde, weil Justin Liam Hoffmann das Leder ins eigene Tor abfälschte. 

Erneut ein Start nach Maß - schon in Stendal und gegen Blau-Weiß 90 waren den Zehlendorfern schnelle Führungstreffer gelungen und sie setzten erneut nach, ließen den Gästen kaum eine Möglichkeit, sich aus der Umklammerung zu lösen. Ismailis Heber über Ellenschläger und übers Tor (7.) war nur eine der zahlreichen Chancen. Danach machte den (technisch besseren) Berlinern  der schlechte Zustand des Spielfeldes zu schaffen, der eher einem Kartoffelacker glich. In der 30. Minute aber konnte man der schlechten Spielfläche keinen Vorwurf machen. Die Zehlendorfer agierten bei einem Freistoß Pampows durch Dudiev zu sorglos in der Abwehr. Den Ball, der lange in der Luft war, konnte Wilborn Berner-Hays fast ungehindert aus gut fünf Metern zum 1:1 in den rechten Winkel köpfen. „Da haben wir eine kollektive Schlafeinlage hingelegt“, ärgerte sich 03-Trainer Robert Schröder.

Doch die Gastgeber ließen sich noch nicht verunsichern und machten weiter Druck. Zunächst traf Ismaili nach einer Eingabe von Igli Cami die Lattte (31.). Wenig später war es erneut Cami, der auf der rechten Außenbahn Melih Hortum geschickt einsetzte. Hortum drang in den Strafraum ein, legte den Ball zurück - den ersten Zehlendorfer Versuch konnte der gute Ellenschläger noch parieren, gegen den strammen Nachschuss von Ismaili war er aber machtlos: 2:1 (35.). 

Als nur noch Sekunden im ersten Abschnitt zu spielen waren, flog ein „langer“ Ball (eigentlich ungefährlich) die linke Bahn entlang, bis Louis-Nathan Stüwe, der sonst stark agierte, in eine Verkettung unglücklicher Momente geriet. Beim ersten Versuch, die Kugel zu klären, schlug er eine „Kerze“, bei der Annahme des senkrecht herunterfallenden Balls sprang dieser ihm vom Fuß, anschließend setzte er seinem Gegenspieler nach und brachte ihn im Strafraum zu Fall. Den fälligen Strafstoß verwandelte Zotke unhaltbar für den erstmals im Zehlendorfer Tor stehenden Tom Köster zum 2:2 (45.). 

Nach dem Wechsel bot sich zunächst ein anderes Bild. Zehlendorf fand zu Beginn des zweiten Abschnitts nur schwer Zugriff auf die Partie, die in dieser Phase sehr zerfahren und von vielen Ballverlusten geprägt war. So waren es auch die Pampower, denen sich die erste Gelegenheit bot: Eine Flanke von der rechten Seite segelte über Köster hinweg, Marcel von Walselben-Schied umkurvte noch einen Gegenspieler, schoss aber zu überhastet über den Kasten (53.). In den letzten 20 Minuten erhöhten die Zehlendorfer den Druck wieder. Das Führungstor lag bereits in der 82. Minute in der Luft, als nach einem Überzahlangriff (3 gegen 1) Obsts Versuch nach einer Ismaili-Vorlage in der vielbeinigen Abwehr der Gäste hängenblieb. Als die Stadionuhr die 90. Minute anzeigte kam Ismaili…

Team-Manager „Zippo“ Zimmer war nach Ende der Partie nicht der einzige Zehlendorfer, der erleichtert wirkte: „Es war ein schwer erkämpfter Erfolg gegen eine unangenehme Pampower Mannschaft. Obwohl es nicht rund lief, haben wir nie auf- und das unglückliche 2:2 unmittelbar vor der Pause gut weggesteckt. Der Sieg war aus unserer Sicht verdient, weil wir doch das aktivere Team waren.“ Ähnlich sah es auch Trainer Schröder: „Es war ein glücklicher Sieg, aber nicht unverdient. Wir haben über das ganze Spiel ein großes Chancenplus erzielt und auf dem schwer bespielbaren Platz auch immer wieder Lösungen gegen einen tief stehenden und gut verteidigenden Gegner gefunden.“ Bemerkenswert am Rande: In der Nachspielzeit kehrten Zihni Taner Hirik und Carl Hopprich nach (endlos) langen Verletzungspausen auf den Rasen zurück.

Welch Unwägbarkeiten diese Saison prägen, bekamen die Zehlendorfer an diesem Sonntag zu spüren. Eine derart hohe Anzahl an Verletzten oder Erkrankten, da muss man schon lange zurückdenken. Gerade aus diesem Grund ist der Erfolg gegen einen unangenehmen Kontrahenten umso höher zu bewerten - zumal nach dem grandiosen 6:0-Auftritt gegen Blau-Weiß 90 ohnehin alle einen Sieg voraussetzten. Dass er vom Zeitpunkt etwas glücklich zustande kam, störte hinterher niemanden, zumal die „kleine“ Hertha bei ihren Auswärtspartien in Schwerin und Neustrelitz wahrlich nicht mit Glücksgöttin Fortuna im Bunde war. Ob so ein später Siegtreffer nochmal einen besonderen Push geben würde, war Schröder egal. Er hätte lieber „4:0 oder 5:0 gewonnen.“ Ob der neue Spitzenreiter, der sich dessen beim anschließenden Mannschaftsessen noch gar nicht richtig bewusst schien, am kommenden Wochenende in Neuruppin seine Siegesserie fortsetzen kann, steht noch in den Sternen. Corona hat in der MSV-Mannschaft ebenfalls zugeschlagen. Der „kleinen“ Hertha wird’s egal sein, sie konzentriert sich in erster Linie auf sich selbst.

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