F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

29.08.2021 / 1. Herren

Dramatische Schlussphase

„Kleine“ Hertha kurz vor der Ziellinie abgefangen - trotzdem weiter ungeschlagen

Viel zu oft halten Derbys oder Spitzenspiele nicht das, was sie im Vorfeld versprechen. Die Begegnung zwischen den ungeschlagenen Stahnsdorfern und dem verlustpunktfreien Spitzenreiter aus Zehlendorf bot alles, was man sich von einem rassigen Ortsduell erhofft. Mit dem 1:1 verloren die Berliner zwar ihre weiße Weste, blieben aber auch nach dem fünften Spieltag noch ungeschlagen.

„In der ersten Halbzeit neutralisierten sich beide Teams, was durchaus unser Ziel war“, gab RSV-Trainer Patrick Hinze einen Einblick in sein Vorhaben. Frank Rohde (25.) und Alexander Möhl, dessen 25-Meter-Schuss an den rechten Zehlendorfer Außenpfosten klatschte (40.), besaßen die besten Möglichkeiten der Gastgeber. Die „kleine“ Hertha hatte durch Zulu Ernst (29.) und Romario Hartwig (43., per Kopf) die Chancen zum 1:0.

Im zweiten Abschnitt bekam Zehlendorf Oberwasser, hatte mehr vom Spiel und ging auch schnell in Führung. Eine Eingabe von Mushakir Razeek nahm Melih Hortum geschickt an, drehte sich und traf platziert ins rechte Eck.  Fortan kontrollierten die Berliner das Geschehen. „Hier kann Hertha 03 das 2:0 machen, dann wäre das Spiel für uns erledigt“, gab Hinze ehrlich zu und sprach damit den einzigen Punkt an, den man den Gästen vorwerfen konnte: Sie schluderten mit ihren Möglichkeiten, denn Jason Rupp (54.), Ernst (56.), Egzon Ismaili (69.), Deniz Citlak (78., nach Ecke Ismaili und Kopfballverlängerung von Lenny Stein) sowie Louis-Nathan Stüwe, dessen Kopfball auf der Linie geklärt wurde, vergaben gute bis klarste Chancen. „In der zweiten Halbzeit waren wir besser und hatten die Partie bis zur 80. Minute im Griff. Da müssen wir vielleicht 2:0 führen“, sah auch Zehlendorfs Trainer Robert Schröder das Manko.

Als alle schon mit dem fünften Zehlendorfer Erfolg rechneten, überschlugen sich in einer dramatischen Schussphase die Ereignisse. Nach einer Unkonzentriertheit der Gäste nutzte Stahnsdorfs Torjäger Rohde wie aus dem Nichts die Gelegenheit zum 1:1 (85.). Sein Schuss, durch einen Zehlendorfer Klärungsversuch noch abgefälscht, schlug unhaltbar für 03-Schlussmann Paul Büchel als Bogenlampe ein. Nun begann die bisher so sattelfeste Defensive der „kleinen“ Hertha bedenklich zu wackeln. Drei Minuten nach dem Ausgleich klärte Büchel eine Direktabnahme Rohdes aus drei Metern reaktionsschnell mit einer Hand. Die verrückten Schlussminuten hielt für beide Seiten noch eine Gelegenheit parat: Citlak scheiterte frei zustrebend aufs Stahnsdorfer Gehäuse an Torhüter Daniel Hemicker (90.+2) und im Gegenzug schoss Goslinowski knapp rechts an Büchel vorbei. Die rote Karte für Arthur Langhammer (90. +4) war die letzte Aufregung eines brisanten Derbys. „Von der 80. bis 90. ging es dann rauf und runter, deswegen nehmen wir den Punkt gerne mit“, war Schröder gar nicht einmal so unzufrieden.

Einig waren sich beide Trainer hinterher in ihrer Spielanalyse und zum Rahmen, denn 392 Zuschauer bildeten eine tolle Kulisse. „Es war zwar ein Unentschieden, dennoch gab es einen Sieger - das waren die Zuschauer, die ein hochklassiges Spiel mit intensiven Zweikämpfen und vielen Torraumszenen gesehen haben“, traf 03-Trainer Schröder den Nagel auf den Kopf. Sein Gegenüber Hinze war erfreut, dass seine „Mannschaft nicht locker gelassen und sich am Ende belohnt hat. Rohde hätte sogar noch das 2:1 machen können. Das wäre aber am Ende für den, der verloren hätte, unverdient gewesen.“ Der Platzverweis war unstrittig: „Es war kein bös gemeintes Foul. Arthur wollte den Konter unterbinden, kommt aber einen Augenblick zu spät“, schilderte Schröder die Szene. Hinze wünschte sich „mehr Gegner vom Kaliber der Zehlendorfer, dadurch wird das Spiel attraktiver.“

Nun hat es also auch die Zehlendorfer erwischt. Der Ausgleichstreffer war das erste Gegentor in dieser Spielzeit nach 445 Minuten. Was ihn so ärgerlich macht war zweierlei: Zum einen hätten ihn die Mannen von Fabian Gerdts und Schröder lieber bei einer 3:0-Führung kassiert, zum anderen wurde er unnötig selbst verschuldet. Doch im Umkehrschluss kann man auch zu diesem Resultat kommen: Bleibt die „kleine“ Hertha so konzentriert, wie sie beim RSV Stahnsdorf, immerhin Tabellendritter und am Ende der Saison sicherlich im Vorderfeld zu finden, über 80 Minuten agiert hat, wird es für andere Teams schwer, diesen Riegel zu knacken. Denn man wurde nach Ende das Gefühl nicht los, dass die Gastgeber ohne Zehlendorfer Dazutun ohne Treffer geblieben wären. Schröder blieb gelassen und griff auf die Erfahrung im Lehramt zurück: „Dass wir irgendwann mal ein Gegentor kassieren war ja klar, denn nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung reisst jede Serie ja irgendwann mal. Und je länger sie gedauert hat, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit. Wir hatten in den letzten Wochen auch schon ein wenig Glück. Wichtiger ist uns aber, dass wir weiter unsere Art Fußball spielen.“

Einen wichtigen Punkt sprach hinterher Team-Manager „Zippo“ Stüwe-Zimmer an: „In der ersten Halbzeit haben wir Tribut zollen müssen für die vielen Spiele zuvor. Wir waren dieses Mal nicht ganz so spritzig. Dass Stahnsdorf durch den Ausgleich dann eine zweite Luft bekommt ist klar. Wenn wir Pech haben, verlieren wir noch. Durch den späten Ausgleich für uns etwas unglücklich, aber eigentlich ist es ein gerechtes Ergebnis.“ Tatsächlich darf nicht vergessen werden: Die Zehlendorfer hatten, nach monatelanger Pause, gleich zu Saisonbeginn zwei „englische Wochen“. Der durch Verletzungen arg dezimierte Kader hatte schon ein ordentliches Programm hinter sich. Da kommen die nächsten 14 Tage mit nur einem Pokalspiel beim Friedenauer TSC vielleicht gerade recht, um die Akkus wieder aufzuladen. Dann folgen mit dem Heimspiel gegen den Ludwigsfelder FC und der Auswärtspartie in Seelow Aufgaben der Sorte „machbar“ - wenn man oben mitspielen möchte.

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