F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

30.09.2022 / 1. B-Mädchen

Ein Bericht aus dem Tagesspiegel - „Das Tor ist mein Ding!“

Emma Reimann, 16, schwärmt von ihrem Job, bei Hertha 03 im Tor zu stehen

Besonders in den ersten 20 Minuten war Emma Reimann am vergangenen Sonntag gefordert: In der U17-Bundesliga spielte Hertha 03 gegen die Auswahl vom 1. FC Union. Hertha gegen Union, längst ein Fußball-Klassiker, wenn auch hier mit der „kleinen Hertha“ aus Zehlendorf. Es wurde spannend: Erst landete der Ball in der 14. Minute unglücklich im Hertha-Netz, dann schoß Unions Josi Schwarz zwei Minuten später das zweite Tor. 0:2 aus Zehlendorfer Sicht. Doch die Fußballerinnen von Hertha 03 ließen weder Kopf noch Füße hängen – und starteten erst eine Aufhol- und dann eine Treibjagd. Nach zweimal 20 Minuten lautete das Endergebnis 5:2. Das Gespräch mit der 16-jährigen Hertha-Torwartin fand unmittelbar nach Spielende statt.

Emma, wie war das Spiel für dich?
Grundsätzlich ziemlich langweilig, weil ich ja nicht viele Aktionen hatte. Dass es zu zwei Gegentoren gekommen ist, ist ein bisschen unangenehm.

Aber ihr habt 5:2 gewonnen…
Schon, aber als Torwart stört jedes Gegentor, jedes ist ein Dorn im Auge und gefällt nicht. Ich werde mich auf jeden Fall mit meinen Torwarttrainern hinsetzen und mir die Szenen angucken, um zu überlegen, was ich anders oder besser hätte machen können, um diese Bälle zu halten. Oder noch besser, um es erst gar nicht zu solchen Situationen kommen zu lassen.
 
Das erste Tor war ja sehr unglücklich: Du hast den Ball abprallen lassen…
Nee, nee, unsere Innenverteidigerin Laura Peters hat den Ball hochgeköpft, parallel über ihren Kopf, so dass ich nicht hinkam. Ich dachte, ich könnte ihn vielleicht wegfangen. Also bin ich ein Stück raus – und als ich eben ein Stück aus dem Tor war, köpfte sie ihn genau über mich, rüber ins Tor. Da habe ich auf jeden Fall einen Fehler gemacht.

Eigentlich warst du am Ball dran.
Der Ball ist zwar hinter mir gewesen und ich musste nach hinten arbeiten, aber trotzdem hätte ich den vermutlich locker festhalten oder im Vorhinein mein Stellungsspiel anpassen müssen.

Dann schossen die Unionerinnen auch noch ein zweites Tor. Eigentlich entmutigend. Aber im Anschluss landeten fünf Treffer im Union-Tor. Was ist euer Geheimnis?
Wir haben schon oft bewiesen, dass wir auch bei Gegentoren nicht aufhören zu spielen, sondern im Gegenteil noch bissiger werden, noch mehr den Sieg wollen. Hier hat es funktioniert, wir haben unsere Chancen genutzt. Am Ende ist unser Sieg sehr verdient gewesen – ich hoffe, das hat jeder gesehen.

Wer war heute besonders gut?
Lotte Reimold hat es sehr gut gemacht heute, aber auch Sari Saeland hat sehr gut gekämpft – und Laura hinten in der Innenverteidigung auch, wie immer. Sie hält es hinten sauber und schlägt gute Flugbälle auf die Außen.

Wie oft gehst du zum Training?
Viermal die Woche. Und dann noch die Spiele.

Du bist in der elften Klasse – wie gut klappt das mit der Schule, wenn du so viel trainierst?
Es gibt halt nichts außer Fußball und Schule. Darauf habe ich mich bewusst eingelassen, das war mir klar. Ich fahre anderthalb Stunden zu Hertha 03 – ich komme nicht aus Zehlendorf. Es ist eine Entscheidung gewesen und ich habe mich lange mit meinen Eltern darüber beraten, ob ich das machen sollte. Bisher habe ich meine Entscheidung nicht bereut.

Wo wohnst du?
Ich wohne in Hermsdorf.

Wie kam es, dass du Torfrau wurdest?
Ich spiele erst Fußball seitdem ich zehn wurde; davor habe ich Turnen und Judo gemacht. Irgendwann hieß es dann, geh mal ins Tor – und es zeigte sich, dass ich Talent hatte. Dass ich beim Judo fallen gelernt habe, bringt mir extrem viel. Und da ich in meinem alten Verein auch einen sehr guten Torwarttrainer hatte, hat es mir super Spaß gemacht. Das Tor ist mein Ding!
 
Und wie ist der Torwarttrainer bei Hertha 03 Zehlendorf?
Ich habe zwei! Ich liebe Torwarttraining, das ist einer der Hauptgründe, warum ich Torwart bin. Es ist so viel Action, es ist so viel Springen, es ist so viel Fliegen – es ist so eine Freiheit, die man durch das Torwarttraining erreichen kann. Und dann besser zu werden, den Ball öfter zu bekommen: Das Bissige daran gefällt mir extrem gut. Meine Trainer machen Übungen, bei denen man wirklich an seine Grenzen geht, aber es ist halt das, was man braucht, um besser zu werden. Ich freue mich jedes Mal auf das Torwarttraining.

Ich stelle mir das schwierig vor: Man wartet auf den Ball, dann kommt er endlich, man hat ihn – und in wenigen Sekundenbruchteilen muss man entscheiden, was man mit ihm macht. Was passiert da im Kopf?
Ich habe im Trainingslager und letzte Saison probiert, sicherer auch am Ball zu werden, damit ich der Mannschaft von hinten Sicherheit vermitteln kann. Ich denke, dass das Am-Fuß-spielen dabei eine ganz große Rolle spielt. Denn wenn ich den Ball mit einem Pass verteile, dann merkt man mir an, ob ich das ganz selbstverständlich tue oder ich dabei Schwierigkeiten habe. Es ist mental ein Riesenunterschied für alle Spielerinnen. Man braucht eine gute Voraussicht, und das trainieren wir. Wir üben, immer wieder vororientiert zu sein und zu wissen, wo ich den Ball hin spielen kann. Es ist hart, wenn dann zwei Leute auf dich zukommen – aber es ist wichtig, die Ruhe zu behalten.

Apropos: Du musst dich ja oft vor heranrasende Gegenspielerinnen werfen. Wie viel Mut gehört dazu, Torwartin zu sein?
Angst vor dem Ball sollte man nicht haben. Und auch keine Angst, vielleicht mal einen Tritt abzubekommen. In einem Spiel wurde mir mal mein Schienbeinschoner durchgetreten. Das passiert halt. Man muss damit rechnen, dass man jederzeit verletzt werden kann – aber man opfert sich, den Ball zu kriegen, man opfert sich für das Team. Und wenn man den Ball gehalten hat, ist es ein unverbesserliches Gefühl.

Bald bist du mit der Schule fertig: Strebst Du dann eine Profi-Karriere an?
Das ist eine schwierige Frage. Grundsätzlich möchte man ja Geld verdienen, wenn man erwachsen ist. Ob das beim Fußball gelingen kann, wenn man nicht ganz oben mitspielt, ist die Frage – das ist bei Frauenfußball eben anders als bei den Männern.

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