F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

16.11.2016 / Verein

Luis Zwick - Ein Torwart-Märchen

Aus der Berlin-Liga in die schottische Profiliga

Foto: Imago

Was für eine Fußballerkarriere, was für ein Aufstieg. Über eine E-Mail seines Vaters Carlos gelang Luis Zwick der Sprung über fünf Ligen. Vom damaligen Berlin-Ligisten FC Hertha 03 Zehlendorf ging es für den Torwart zum schottischen Profiklub Dundee United. Die Erfüllung eines Lebenstraums, obwohl er vergangene Saison den Abstieg in die 2. schottische Liga erlebte.

Mit FUSSBALL.DE spricht Luis Zwick über den schweren Stand in seiner dritten Saison, seine spezielle Vorbereitung auf Dundee, seine Zukunftspläne, die Eingewöhnung im fremden Land, Schwierigkeiten bei der Kabinensuche und seinen Spitznamen „Fucking Neuer“.

FUSSBALL.DE: Herr Zwick, vor einer Woche durften Sie zum ersten Mal seit Mai wieder in einem Punktspiel das Tor hüten. Wie haben sich die 45 Minuten angefühlt?

Luis Zwick: Es war ein schönes Gefühl, mal wieder auf dem Platz zu stehen. Ich habe aber nur zwei, drei Bälle aufs Tor bekommen, sodass meine Aufgabe eher darin bestand, Ruhe auszustrahlen.

Das hat auch ganz gut funktioniert. Sie sind in der zweiten Halbzeit ohne Gegentor geblieben und haben beim Queen of the South FC einen 4:1-Sieg gefeiert. Generell läuft es nach dem Abstieg in die zweite Liga wieder in Dundee, oder?

Zwick: Ja, bei uns geht es immer mehr bergauf. Ich bin auch sehr optimistisch, dass wir unser Ziel erreichen und Meister werden. Am Anfang musste sich das Team finden, aber wir haben einen sehr guten Kader und uns mittlerweile an die Liga gewöhnt.

Allerdings sind Sie im bisherigen Saisonverlauf eher Zuschauer und haben relativ wenig zum aktuellen zweiten Tabellenplatz beitragen können. Wie gehen Sie mit der Reservistenrolle um?

Zwick: Momentan ist es relativ frustrierend und natürlich bin ich nicht zufrieden, wenn ich nicht spiele. Aber ich muss akzeptieren, dass der Trainer Erfahrung im Tor mag. Als Cammy Bell geholt wurde, war von Anfang klar, dass er die Nummer eins ist.

Aber das wirft Sie nicht aus der Bahn…

Zwick: Nein, ich sehe das positiv. Solche Situationen machen mich stärker. Ich muss da sein, wenn meine Chance kommt.

Was tun Sie alles, um auf weitere Einsätze vorbereitet zu sein?

Zwick: Ich lege den Fokus nur auf Fußball, das ist der schönste Job der Welt und ich lebe nach einem Trainingsplan von Personal-Trainer Philipp Bahn aus Berlin. Für mich sind Gesundheit und Fitness mit das Wichtigste, deshalb trinke ich auch keinen Alkohol.

Nun taugt die bescheidene persönliche Situation nicht zum Dauerzustand. Und im Sommer läuft Ihr Vertrag aus. Könnten Sie sich 2017 einen Vereinswechsel vorstellen?

Zwick: Sicher kann es so nicht weitergehen und ich bin auch für alles offen. Es war immer ein Traum von mir, in der Bundesliga zu spielen. Aber Dundee United wird mein erster Ansprechpartner sein. Ich fühle mich hier wohl und konzentriere mich auf die Gegenwart.

Was ist Dundee United eigentlich für ein Klub?

Zwick: Für schottische Verhältnisse ist es ein sehr bedeutender Klub, der immer in der Premier League oben mitgespielt hat. Das habe ich auch sofort gespürt, als ich hier ankam. Der Klub verfügt über eine beeindruckende Trainingsanlage. Wir haben hier acht, neun super gepflegte Rasenplätze, einen Kunstrasenplatz und eine Fitnessanlage. Weil es so groß und gegenüber Zehlendorf ein Riesenunterschied ist, habe ich beim ersten Mal die Kabine gar nicht gefunden.

Für das Probetraining hatten Sie eine spezielle Vorbereitung gewählt, oder?

Zwick: Ja, meine Brüder und ich haben eine Woche noch auf FIFA mit Dundee United gespielt, um die Mannschaft kennenzulernen. Und dann sitzen diese Spieler plötzlich neben dir: Das war schon irreal.

Nach den bisherigen Erfahrungen:In welcher deutschen Spielklasse könnte Dundee mithalten?

Zwick: Das kann ich schwer vergleichen. Ich würde aber sagen, dass die 1. Liga in Schottland der 2. Liga in Deutschland entspricht. Der Fußball in Schottland ist körperbetonter, aber technisch schwächer.

Was war für Sie als Torwart die größte Neuerung?

Zwick: Als ich nach Schottland gekommen bin, dachte ich: Es gibt keinen Fünfmeterraum. Die Schiedsrichter pfeifen hier fast gar nichts ab, was ich aber auch gut finde. So wird der Spielfluss nicht zu oft unterbrochen.

Wie verlief generell die Eingewöhnung?

Zwick: Am Anfang war für mich alles relativ schwer, es ging alles sehr schnell. Ich hatte in Berlin nur zehn Tage, um die Situation zu realisieren. Zudem war mein Englisch nicht das Beste. Deswegen war ich in den ersten drei, vier Monaten oft traurig und habe meine Familie und meine Freunde vermisst. Aus diesem Grund konnte ich am Anfang auch nicht die Trainingsleistungen abrufen, die ich von mir selbst erwartet habe.

Das U 20-Team hat Ihnen bei der Integration geholfen.

Zwick: Ja, wir haben zusammen im Internat gewohnt und gemeinsam Sachen unternommen. So habe ich Freunde gefunden und mich in der Zwischenzeit richtig eingelebt. Ich hatte aber auch Glück, dass mich meine Familie unterstützt hat. Im ersten Jahr bei der U 20 habe ich nämlich keinen Euro verdient.

Konnten Ihnen bisher irgendwelche schottischen Traditionen näher gebracht werden?

Zwick: Auf der Straße sieht du Musiker mit dem Dudelsack spielen. Haggis, ein schottisches Nationalgericht (Anm. Fleischgericht), wird dir überall angeboten. Aber ich bin mit diesen schottischen Traditionen nicht eng verbunden. Ich hatte auch noch nie einen Kilt an und würde diesen auch nicht freiwillig tragen.

Dagegen konnten Sie sich mit dem Humor der Schotten schon anfreunden. Ist der Spitzname “Fucking Neuer“ in Ihrem Sinne?

Zwick: Ja, das ist definitiv positiv und lustig. Ich höre das auch oft. Es werden häufig Scherze darüber gemacht. Wahrscheinlich werde ich so genannt, weil ich blond und groß bin, aus Deutschland komme und versuche, alles spielerisch zu lösen. Das Spiel mit dem Ball am Fuß ist auch meine größte Stärke. Da kommt mir zugute, dass ich bis 15 als Mittelfeldspieler gespielt habe.

Sind Sie Fan von Manuel Neuer?

Zwick: Was mich an ihm fasziniert, ist, seine Art Fussball zu spielen. Und ich bewundere seinen Mut. Das hat er auch durchgezogen, obwohl er anfangs dafür manchmal kritisiert wurde. Dazu gefällt mir sein Auftreten in der Öffentlichkeit. Deshalb ist Manuel Neuer mein Vorbild.

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