F.C. Hertha 03 Zehlendorf

Beim gemeinschaftlichen Essen nach dem Spiel begannen die meisten Sätze mit: „Das Unentschieden ist schon gerecht, aber...“. Das „Aber“ bezog sich zum einen auf den unglücklichen Zeitpunkt des Ausgleichs aus Sicht der Zehlendorfer – drei Minuten vor dem Ende. Zum anderen aber auf die großen Kontergelegenheiten, die man im zweiten Abschnitt besaß, aber nicht „sauber“ zu Ende spielte. Dass Niclas Warwel auch noch den Pfosten traf und damit die Partie hätte entscheiden können, passte da ins Bild. Und dennoch verdienten sich die Gäste den Punkt nicht unverdient.

Wie unterschiedlich manchmal zwei Halbzeiten ohne offensichtlich erkennbare Gründe laufen können, bekamen die Zuschauer am Freitagabend am Siebenendenweg zu sehen. Im ersten Abschnitt spielbestimmende und größtenteils dominierende Zehlendorfer, die zudem ein deutliches Chancenplus besaßen, in der zweiten Hälfte feldüberlegene Neubrandenburger, die allerdings das Gehäuse der Gastgeber kaum in Gefahr brachten. Schlüssige Erklärungen für derartige Wendungen sind manchmal schwer zu finden, Spiele entwickeln oftmals eine Eigendynamik. Vielleicht gingen dem einen oder anderen Akteur am Ende auch etwas die Kräfte aus, denn in den ersten 45 Minuten betrieben die Zehlendorfer einen enormen läuferischen Aufwand.

Zu erwähnen sei in dieser Phase die linke Seite mit den gut harmonierenden Sven Aagaard und Mike Ryberg, die ihren Gegenspielern so manches Rätsel aufgaben. Ryberg, vor der Pause deutlich offensiver ausgerichtet als in den ersten Spielen, imponierte mit seiner Schnelligkeit und Dynamik. Hier scheint sich jetzt schon anzudeuten, dass man auf Zehlendorfer Seite mit der Verpflichtung des Hermsdorfers wieder einmal ein glückliches Händchen bewiesen hat. Untertützung erhielt er von Sven Aagaard, der seine gute Darbietung vor dem Wechsel mit der Vorbereitung zum 1:0 krönte. Seine maßgenaue Hereingabe musste Niclas Warwel nur noch über die Linie drücken.

Niclas Warwel war es später auch, dem die unglückliche Rolle zufiel, bei Kontermöglichkeiten die falschen Entscheidungen zu treffen. Er hätte dennoch der „Held des Abends“ werden können: Eine flache Hereingabe Thokomenis spitzelte Warwel an den linken Pfosten. Ein 3:1 zu diesem Zeitpunkt, die Begegnung hätte ihren Sieger gefunden.

So mancher bedauerte, dass Cüneyt Top verletzungsbedingt passen musste. Vielfach hieß es, dass er für das Konterspiel prädestiniert gewesen wäre. Aber das blieb Spekulation. Schließlich hätte die „kleine Hertha“ auch noch durch Jian Schleiffs Kopfball die Entscheidung herbeiführen können.

Was das Remis aus Zehlendorfer Sicht so unglücklich macht, ist der Tatsache geschuldet, dass die beiden einzigen echten Möglichkeiten der Gäste zu Torerfolgen führten. Was aber deren Leistung nicht schmälern soll. Sie entwickelten nach der Pause einen unglaublichen Druck und waren im Vergleich zur Partie am Gründonnerstag nicht wiederzuerkennen. Noch erscheint es verfrüht, verlässliche Saisonprognosen abzugeben, doch in dieser Form werden die Neubrandenburger noch manchem Gegner zu schaffen machen.

Ein Manko aus Zehlendorfer Sicht bleibt der Ertrag aus Standardsituationen. Mitte des ersten Abschnitts hatte sich die „kleine Hertha“ so richtig gemütlich im Strafraum der Gäste eingerichtet. Eckball auf Eckball folgte, ohne die geringste Torgefahr heraufzubeschwören. Kein Wunder, dass Trainer Markus Schatte und Präsident Niroumand ihren Unmut äußerten. Hier gilt es, die Hebel anzusetzen.

Personell bieten sich dem Trainer künftig wieder mehr Möglichkeiten: Burak Mentes und Efraim Gakpeto kehren von ihren Sperren wieder in den Kader zurück, und auch ein Comeback Felix Robrechts scheint bevor zu stehen. So bahnt sich ein Konkurrenzkampf auf einigen Positionen an, der sich durchaus leistungsfördend auswirken kann. Schon am kommenden Pokalwochenende hat Markus Schatte die Qual der Wahl: Den Ersatzspielern Einsatzminuten zu gönnen oder die Rückkehrer einzubauen, um sich für die Partie gegen Hertha 06 einzuspielen. Der erfahrene Pädagoge wird da sicherlich die richtige Entscheidung finden...