F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

11.10.2020 / 1. Herren

Matchwinner Büchel

8:7-Erfolg nach Elfmeterschießen / Zehlendorfer bezwingen Makkabi nach schwerer Woche

Als der 18-jährige Bruno Ott den weiten Weg vom Mittelkreis zum Elfmeterpunkt auf sich nahm, konnte man körperlich förmlich sein Unbehagen spüren. Alle zehn vorherigen Elfmeterschützen hatten ihre Aufgaben sicher erledigt, weder Zehlendorfs Schlussmann Paul Büchel noch sein Gegenüber von TuS Makkabi, der Ex-Zehlendorfer Joel Samake, hatten auch nur den Hauch einer Chance. Man ahnte es: Trifft Ott, kommen die Zehlendorfer eine Runde weiter – doch zuerst einmal musste er am ominösen Punkt ankommen.

Bevor es überhaupt zu diesem finalen Drama kam, mussten die Akteure der „kleinen“ Hertha Schwerstarbeit verrichten. Dazu hatten sie einen gehörigen Rucksack mit sich herumzuschleppen: Die 1:6-Niederlage der Vorwoche (beim Greifswalder FC) lässt sich eben auch nicht mit einem (Doppel-)Trainerwechsel so schnell aus den Köpfen herausbekommen. So viel auch zu den Stimmen, die man nach Spielende aus der Ecke der Makkabi-Anhänger zu hören bekam – von wegen: „Das ist eine Oberliga-Mannschaft?“ Vielleicht hatten sie auch einfach die Qualitäten ihres eigenen Teams unterschätzt. Zehlendorfs neuer Coach Fabian Gerdts jedenfalls war auf soetwas vorbereitet: „Makkabi hat sehr körperbetont gespielt und war absolut fit. Ich hatte sie so stark erwartet.“

Es entwickelte sich von Beginn an eine temporeiche Partie, gespickt mit harten Zweikämpfen. Die Zehlendorfer mussten auf den verletzten Torjäger Sebastian Huke (Wade) sowie den gesperrten Zihni Taner Hirik verzichten. Den ersten Aufeger gab es in der 10. Minute, als Egzon Ismailis 20-Meter-Schuss abgefälscht wurde und Samake das Leder aus dem Winkel holte. In der 17. Minute galt es für alle Zehlendofer eine Schrecksekunde zu überstehen: Außenverteidiger Dennis Dombrowe fasste sich nach eine Zweikampf ans Knie. Wer die Vorgeschichte Dombrowes kennt (Kreuzbandriss) befürchtete Schlimmes. Doch es gab (schmerzhafte) Entwarnung: Das Knie wurde zwar vom Stollen eines Gegenspielers getroffen, doch scheint es sich um eine äußere Verletzung zu handeln.

Nach dem Wechsel kamen die Zehlendorfer endlich zu Möglichkeiten. 1.) Butendeichs abgefälschter Kopfball wurde zur Bogenlampe und zwang Samake zu einer spektakulären Flugeinlage (53.). 2.) Rybergs Eckball verlängerte Ismaili auf Lenny Stein, dessen Kopfball auf der Linie geklärt wurde (60.). 3.) Eine erneute Flanke Rybergs aus vollem Lauf, köpfte Butendeich knapp links am Pfosten vorbei (61.). 

Für das in der Luft liegende Zehlendorfer Führungstor sorgte schließlich Melih Hortum, der eine Eingabe Butendeichs zum 1:0 über die Linie drückte (68.). Doch die Freude währte nicht lange: Nur vier Minuten später kamen die Gastgeber durch Kanto Fitiavana Voahariniainas platzierten Flachschuss ins rechte Eck zum Ausgleich. Fortan entwickelte sich ein Abnutzungskampf, in dem von beiden Teams um jeden Zentimeter gefightet wurde. Wer die Zehlendorfer beim Greifswald-Debakel verfolgt hatte, erlebte eine Wiederentdeckung ihrer Kampfkraft. Für Team-Manager „Zippo“ Zimmer war es „eine tolle Reaktion und ein Hinweis, wo wir in Zukunft hinwollen. Eine großartige Mannschaftsleistung.“ Was zweifellos auch auf ihren Gegner zutraf.

Die anschließende Verlängerung bot wenig Aufregendes. Als sich alle schon auf ein Elfmeterschießen eingerichtet hatten, ergaben sich für die Zehlendorfer doch noch zwei Gelegenheiten, die Sache vorzeitig zu ihren Gunsten zu entscheiden. Doch weder Kolja Oudennes toller Alleingang mit anschließenden Rechtsschuss (115.), noch Butendeichs famoses Dribbling entlang der Torauslinie (119.) waren vom Erfolg gekrönt.

Erfahrungen mit Elfmeterschießen hatte die „kleine“ Hertha zuhauf. Nur nicht mit diesen Spielern und zuletzt auch nicht vom Glück begünstigt: 2016 scheiterte man am späteren Pokalsieger BFC Preußen im Viertelfinale, 2014 bedeutete Regionalligist BAK die Endstation. Nun: Die ersten fünf Schützen ließen keine Zweifel aufkommen – Stein, Stüwe, Ryberg, Obst und Jahn trafen so sicher, als täten sie die ganze Woche über nichts anderes. Das Problem bestand darin, dass ihnen Makkabis Spieler in nichts nachstanden. So schritt also Ott zum Punkt. Ein glückliches Gesicht sieht anders aus, man spürte die körperliche Anspannung – doch Ott traf. Samake bekam zwar noch eine Hand ans Leder, doch zu scharf war der Strafstoß geschossen. Hierzu sei noch angemerkt: Wer glaubt, es gibt nichts leichteres als einen Elfmeter zu verwandeln, verkennt die Situation: Nervenanspannung, Verantwortung fürs Team und der Schütze kann eigentlich nur verlieren. Ott, gerade den A-Junioren entwachsen, war Herr seiner Nerven und übernahm Veranwortung - beileibe keine Selbstverständlichkeit. Pingani egalisierte für Makkabi erneut und so langsam gingen beiden Teams die Spieler aus. „Von uns hat sich ab Position 6 keiner wirklich aufgedrängt“, verriet Ryberg die Problmatik des Trainerteams.

Wenn (verständlicherweise) keiner will, müssen die Torhüter ran. Paul Büchel bewies sich hierbei als der nervenstärkere der beiden Schlussmänner und wurde somit zum Matchwinner. Erst traf er zum 8:7, parierte dann Samakes Versuch, um anschließend in einer Jubeltraube seiner Mitspieler unterzugehen. Im Umfeld herrschte Erleichterung: „Ich bin total zufrieden in Anbetracht der Situation, wo wir vor einer Woche waren. Sportlich unten, scharf kritisiert in der Außendarstellung. Da kommt so ein Erfolg gerade recht“, atmete Zimmer auf. „Eine tolle kämpferische Leistung des gesamten Teams“, war auch Präsident Kamyar Niroumand zufrieden. „Nach dieser turbulenten Woche sind wir einfach zufrieden, weitergekommen zu sein“, blieb Trainer Fabian Gerdts bescheiden, der sich „für die Mannschaft gefreut“ hatte.

Wer einen spielerisch sicheren und dominanten Auftritt eines Klassenhöheren erwartet hatte, verkennt folgendes: Nach dieser Woche voller Aufregung und vieler gravierender Veränderungen musste sich das Team zunächst einmal selbst finden. Gegner Makkabi zählt keineswegs zur Kategorie „Fallobst“ sondern zur Berlin-Liga-Spitze (und das zurecht) und außerdem schreibt der Pokal ja seine eigenen Geschichten. Oft genug bekamen das die Zehlendorfer zu spüren. BFC Preußen, Stern 1900 und der SV Tasmania sorgten jeweils als Berlin-Ligist für Überraschungen. Am Freitagabend werden es Stein, Dombrowe & Co. leichter haben. Wie das? Gegen Tabellenführer SV Tasmania werden sie nicht die undankbare Rolle des Favoriten ausfüllen müssen, vielleicht kommt diese Konstellation gerade zur rechten Zeit. Ein (hoffentlich) unbeschwerter, aber nicht weniger engagierter Auftritt kann den Neuköllnern womöglich die ersten Punktverluste bescheren.

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