F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

31.07.2019 / 1. Herren

„Ich bin begeistert vom Charakter unserer Spieler“

Hertha 03-Präsident Kamyar Niroumand stellt sich nicht nur den leichten Fragen (Teil 1)

Ein gelöster Präsident stand uns vor der 6. Zehlendorfer Saison in der NOFV-Oberliga Nord zu einem Gespräch bereit. Er sprach offen über seine 3-Jahres-Pläne, die Neuzugänge, die Zielsetzung für diese Spielzeit und er hofft, die spannendste Oberliga-Saison seit dem Aufstieg 2014 zu erleben.

H03: Nach der ersten Oberliga-Saison sprachst Du im Sommer 2015 von einem 3-Jahres-Plan, an dessen Ende der Aufstieg in die Regionalliga stehen sollte. Da liegen wir jetzt schon ein Jahr darüber. Sind diese sogenannten 3-Jahres-Pläne nicht eher ein Alibi, um sich für die kommende Saison nicht festlegen zu müssen?

Kamyar Niroumand: „Ich bin kürzlich auch von anderen darauf angesprochen worden, aber meines Wissens habe ich das nach unserem zweiten Jahr gesagt. Das heißt, dass die Frage nach dieser Saison berechtigt wäre, wenn wir es nicht schaffen. Aber Du hast nicht ganz unrecht. Aus meiner Sicht müsste die Frage vielleicht eher lauten: „Es beginnt das dritte Jahr. Traut ihr euch jetzt den Aufstieg zu?“. Und die beantworte ich Dir auch. Ich sehe uns zum ersten Mal, seitdem wir in der Oberliga sind, als einen der Aufstiegskandidaten.“

Ist das die offizielle Zielsetzung?

Niroumand: „Zunächst einmal wollen wir den Abstand zu den ersten Mannschaften so klein wie möglich halten und die Saison spannend gestalten. Wir brauchen natürlich auch ein wenig Glück, damit der Aufstieg gelingt.“

Was denkst Du, auf welchem Platz wird die Mannschaft am Ende der Saison einlaufen.

Niroumand: „Wie gesagt, ich traue uns einen Platz unter den ersten Dreien zu. Und wenn alles klappt, traue ich uns auch den Aufstieg zu.“

Vor genau 40 Jahren feierte Hertha 03 die dritte Berliner Meisterschaft und verfehlte am Ende nur knapp den Aufstieg in die Zweite Liga. Man scheiterte in den Aufstiegsspielen am OSC Bremerhaven 5:4 und 0:1, wobei der Siegtreffer für die Norddeutschen erst drei Minuten vor Schluss fiel. In diese Saison ging man mit dem mutigen Slogan „Wir steigen auf“. Diese Zielsetzung prangte sogar auf den Plakaten, die die Spiele ankündigen. Überraschend kam diese Idee aber nicht von Präsident Otto Höhne, wie man vielleicht annehmen könnte, sondern vom Trainer Wolfgang John. Er wollte damit seine junge Mannschaft motivieren, damit diese fest an das Ziel glaubt. Er riskierte natürlich, die Gegner zusätzlich anzustacheln, aber das nahm er in Kauf. Seine Mannschaft sollte daran wachsen, er wollte das Letzte aus ihnen heraus kitzeln. Sollten die Gegner doch top motiviert sein, seine Mannschaft wäre darauf vorbereitet. So etwas selbstbewusstes kennt man in Deutschland nur von Bayern München. Kann man heutzutage so etwas noch wagen oder ist das zu riskant?

Niroumand: „Das ist natürlich so, dass man, wenn man so einen Slogan „Wir steigen auf!“ raushaut, dann vom ersten Spieltag unter Druck steht. Andere würden vielleicht fragen, warum setzen die sich freiwillig so einem Stress aus. Aber ich finde es mutig, wenn man dieses Ziel hat, es auch auszusprechen. Ich habe immer gesagt, dass wir nicht aufsteigen müssen, aber wenn die Rahmenbedingungen stimmen und wir uns es finanziell leisten können, würden wir es machen. Wichtig ist mir dabei, dass wir den Zehlendorfer Weg beibehalten, also mit einem Großteil der Mannschaft aus der eigenen Jugend. Ich denke schon, dass es mit der Mannschaft, die wir jetzt haben, und dadurch, dass es in diesem Jahr keinen Top-Favoriten gibt - außer vielleicht Blau-Weiß 90, klappen kann. Blau-Weiß 90 hat sich natürlich gut verstärkt, verfügt aber vielleicht nicht über ein so eingespieltes Ensemble wie Lichtenberg 47 im letzten Jahr. Ich sehe in diesem Jahr zwar Blau-Weiß vorne, aber es wird kein Durchlauf mit einem großen Abstand werden.“

Die Mannschaft hat in diesem Sommer keinen wirklichen Leistungsträger verloren. Die Abgänge, die zu verzeichnen waren, spielten in der letzten Saison keine große Rolle. Dafür gibt es zahlreiche Neuzugänge. Denkst Du, dass wir besser aufgestellt sind als im letzten Jahr?

Niroumand: „Definitiv! Wir haben alle Leistungsträger behalten. Es ist natürlich schade, dass sich Jian Schleiff, Jonas Nickel und Marc Zellner so schwer verletzt haben. Wir haben aber mit Paul Wegener einen Jungen von unseren A-Junioren bekommen, dem ich durchaus zutraue, Stammspieler zu werden. Die beiden Zugänge aus Rudow, Patrick Lux und Zihni Taner Hirik, sowie Phil Butendeich von den Junioren aus Staaken werden uns viel Freude machen. Und Hrachik Gevorgyan aus Altlüdersdorf ist ein überdurchschnittlicher Oberliga-Spieler. Ich sehe uns deutlich besser aufgestellt.“

2015/16 waren wir Dritter, anschließend immer Vierter. Nach der Saison 2015/16 und 2017/18 hast Du jeweils nach der Spielzeit gesagt, dass man mit dem Kader eigentlich hätte aufsteigen müssen oder können. Weshalb hat es Deiner Meinung damals nicht geklappt? Und was könnte in diesem Jahr anders sein, damit es funktioniert?

Niroumand: „Zu einem Aufstieg muss natürlich alles stimmen. Man braucht nicht nur gute Spieler, sondern auch welche, die auch wirklich wollen. In 2015/16 waren wir ja nach der Hinrunde Erster, aber ich hatte das Gefühl, dass es im Team einige gab, die nicht wirklich aufsteigen wollten. Diesen Eindruck habe ich von dem jetzigem Team nicht. Die Neuen sind alle sehr jung und viele haben bei den Verhandlungsgesprächen die Frage nach dem Aufstieg gestellt. Viele sind deswegen nur gekommen, und von den gebliebenen Spielern haben auch viele noch die Hoffnung, einmal Regionalliga zu spielen. Der Wille ist größer als damals.“

Wie gelingt es einem Verein wie Hertha 03 Zehlendorf, der nicht so viel zahlt wie andere Clubs, immer wieder, so herausragende Leute wie Philip Sprint, Lenny Stein, Robert Schröder, Sebastian Huke, Carl Hopprich, Dennis Dombrowe und Niclas Warwel zu halten? Sie könnten doch alle weitaus mehr, als „nur“ Oberliga zu spielen. Das scheint ein untrügliches Zeichen zu sein, dass es im Verein stimmt.

Nirumand: „Das ist auch ein großer Verdienst des Trainers Markus Schatte, denn alle sind mit ihm sehr zufrieden. Sehr wichtig ist, dass, wenn wir etwas versprechen, es auch halten. Wir haben eine sehr familiäre Atmosphäre und auch um das Team herum eine große Konstante, wie Mannschaftsleiter „Massi“ Jürgen Hain, Betreuerin Gudrun Hinze, Fotografin Kerstin Kellner und Physiotherapeutin Annika Grote, um nur einige zu nennen. Auch das gemeinsame Essen nach den Spielen, Mannschaftsabende und dergleichen haben dazu geführt, dass die Jungs auch untereinander gut zusammengefunden haben. Ihnen wird ja auch vieles abgenommen, das fängt an mit dem Wäsche waschen, ärztlicher Betreuung usw. Als Huke, Sprint und „Schrödi“ verlängert haben, fielen auch die anderen Dominosteine. Und keiner von denen, das finde ich wirklich super, hat einen Cent mehr verlangt. Diejenigen, die aus der Regionalliga zu uns kommen wollten, haben Preise aufgerufen, das war unglaublich. Bei uns bekommen sie aber ihr Geld pünktlich und wenn wir erfolgreich sind, verdienen sie auch nicht so schlecht. Wir haben bei den Neuen bewusst deren Charaktere gewählt, sie sollten gut zur Mannschaft passen. Ich habe noch nie erlebt, dass Spieler innerhalb von Minuten zugesagt haben. Alle Leistungsträger haben sich schnell entschieden. Ich weiß gar nicht, wie ich es richtig ausdrücken soll, aber ich bin so begeistert vom Charakter unserer Spieler, das habe ich selten erlebt.“

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