F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

02.04.2023 / 1. Herren

Fehlende Killer-Mentalität

Zehlendorfer verschenken beim 1:1 in Schwerin zum wiederholten Mal zwei Punkte

-Der Spielbericht-

Als Zehlendorfs Trainer Robert Schröder seine Spieler nach kraftraubenden 90 Minuten zum Mannschaftskreis zusammen rief, hätte er anschließend anstatt seiner Rede auch ein Band abspielen können. Seine Worte würden sich nur unwesentlich von denen unterscheiden, die er nach den Partien bei Mecklenburg Schwerin, beim SC Staaken oder in Pampow wählte. Nach dem gestrigen 1:1 beim Tabellenachten Dynamo Schwerin hatte sein Team zum wiederholten Mal eine Führung gegen einen spielerisch limitierten Kontrahenten verspielt. Doch am kämpferischen Einsatz und der Einstellung seiner Akteure mangelte es nicht. „Wir bringen zum gefühlt 28. Mal eine Führung nicht über die Zeit. Das hat in der Häufigkeit auch mit fehlender Killer-Mentalität zu tun“, bemängelte er eine Schwachstelle, die in der Tat nicht neu ist.

Dabei hatte sich die personelle Situation vor der Partie nach vielen Wochen des Unglücks endlich entspannt. „Maxi“ Obst, Cenker Yoldas und Eric Stiller kehrten nach ihrem Fehlen gegen Eintr. Stahnsdorf wieder in die Startelf zurück.

Durchgehender Nieselregen, ein starker Wind und tiefer, unebener Boden forderten die Kräfte aller Akteure über die volle Spielzeit. Die Teams versuchten mit den Bedingungen auf unterschiedliche Weise klarzukommen. Während Dynamo Schwerin vorwiegend auf lange Bälle setzte, versuchten die Zehlendorfer zu kombinieren und spielerisch das Mittelfeld zu überbrücken. Sie waren es auch, die das erste Achtungszeichen setzten, doch Kareem Frölichs Versuch von der Strafraumgrenze verfehlte das Gehäuse knapp (13.).

Die größte Möglichkeit im ersten Abschnitt bot sich jedoch den Gastgebern dank Berliner Mithilfe: Zehlendorfs Torhüter Jasper Kühn war aus seinem Kasten geeilt, doch sein Pass auf seine Vorderleute geriet zu kurz und stattdessen direkt zu Klingberg, der jedoch, statt den Ball über Kühn ins leere Tor zu heben, links vorbei schoss (22.). Kurz darauf rauschte eine Flanke von der rechten Seite von Schwerins Kapitän Schilling quer durch den Fünfmeterraum auf Pataman, dessen Direktabnahme aus neun Metern rechts an Kühn, aber auch am Tor vorbei strich (25.).

Doch plötzlich lagen die Zehlendorfer vorn. Nach einer Ecke von Jason Rupp flog der Ball scharf vors Gehäuse, der Faustversuch von Schwerins Torhüter Suaib geriet fehl, dafür prallte die Kugel an den Hinterkopf von Obst und von dort zum 0:1 über die Torlinie (31.). Die Berliner versuchten die Gunst der Stunde zu nutzen, und so bediente Jonas Burda nach gekonntem Dribbling maßgerecht den extrem lauffreudigen „Maxi“ Obst, doch dessen Schuss konnte Schwerins Torhüter Suaib parieren (33.).

Nach der Pause war die „kleine“ Hertha gleich hellwach. Ein Freistoß von Rupp fischte Suaib gerade noch aus dem Winkel (46.), ein Schuss von Obst verfehlt das Tor nur knapp (48.).
Nach spielerischer Überlegenheit der Berliner folgten die unglücklichen Momente des Eric Stiller. Zuerst übersah er bei einem Konter die linke (freie) Seite mit Obst und Burda, sein Pass in die Füße des Gegners führte zum Gegenzug indessen Folge er unglücklich am Arm getroffen wurde. Der nicht immer sicher wirkende Schiedsrichter Maximilian Bauer pfiff sofort und entschied auf Handelfmeter bei gleichzeitig gelb-roter Karte für Stiller, was vollkommen überzogen war. Selbst nach mehrmaligem Videostudium kann man auch zu der Auffassung kommen, dass Stiller im Bereich Brust und Schultergelenk getroffen wurde. Die Geschichte über umstrittene Handelfmeter war zwar um ein Kapitel reicher, doch die Möglichkeit ließ sich Klingberg natürlich nicht nehmen und verwandelte sicher zum 1:1-Ausgleich (67.).

Was die Gastgeber überraschte: Die Zehlendorfer spielten trotz Unterzahl weiter voll auf Sieg, mussten dabei aber jederzeit auf Konter aufpassen, was ihnen auch gelang. Und so boten sich den Berlinern noch drei Möglichkeiten, während die Gastgeber im zweiten Abschnitt keinen einzigen Schuss auf das Tor von Kühn abgaben. Burda zielte nach Dribbling nicht genau genug (81.), an Mushakir Razeeks Eingabe von der rechten Seite rutschte Marius Ihbe nur um Zentimeter vorbei (87.) und in der 88. Minute ging Luis Millgramms Volley-Versuch aus der Distanz über den Kasten. „Wir bekommen nicht einen Ball aufs Tor“, rief Schröder anschließend über den Platz. Damit lag er durchaus (fast) richtig, sieht man einmal von Rupps Freistoß (siehe oben) ab.

„Die Mentalität hat gestimmt“, sagte „Maxi“ Obst noch auf dem Platz und traf damit den Nagel auf den Kopf. Denn so enttäuscht Spieler und Trainerstab über den verpassten Sieg auch waren, so gab es an der kämpferischen Einstellung aller Akteure nicht das Geringste auszusetzen. Sie wollten den Sieg um jeden Preis, entsprechend sahen ihre Trikots nach der Schlammschlacht aus. Doch scheint die Abschlussschwäche, erst recht nach Zulu Ernsts Abgang, ihr größtes Problem. Immer Pech ist auf Dauer auch fehlendes Können. Doch deswegen einen Vorwurf an seine Spieler zu richten, das kommt Schröder nicht in den Sinn, schließlich gehören die Aushilfsspitzen Obst und Rupp eher dem Mittelfeld an und sind keine ausgewiesenen Torjäger. Legt man dies als Maßstab an, kann sich ihre Ausbeute durchaus sehen lassen. Und von einem gerade der Jugend entwachsenen, wie Frölich, mehr als hundertprozentigen Einsatz in seinem ersten Jahr im Männerbereich, dazu bei einem Oberliga-Spitzenteam, zu verlangen, wäre veremessen. Ärgerlich ist es nur, weil sich durch die stetig verschärfende Hansa-Misere (2. Liga) und das Nachlassen von Hertha 06 ein Zweikampf mit dem Rostocker FC anzubahnen droht. Hier hat man am Wochenende wertvollen Boden verschenkt. Doch abgerechnet wird am Schluss und wie Schröder richtig erkannt hat: „Es sind noch 24 Punkte zu vergeben, da gibt man nicht auf!“ Das wird sein Team auch nicht, und vielleicht findet sich ja doch noch einer im Fundus der Zehlendorfer, der die Schwäche vor dem Tor abstellen kann.

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