F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

10.11.2019 / 1. Herren

FC Hertha 03 Zehlendorf - SV Victoria Seelow 5:1 (4:1)

Klarer Erfolg "vor Wochen der Wahrheit"

Phil Butendeich starker Auftritt - 3 Treffer von Huke - Nun folgen BFC Dynamo und TeBe


Präsident Kamyar Niroumand appellierte am späten Sonntagnachmittag an seine Mannschaft, "dass man nun noch mehr zusammenhalten müsste. Wir stehen jetzt vor den Wochen der Wahrheit!" Das Team sowie Trainer Markus Schatte und sein Co. Manuel Meister lauschten gespannt und applaudierten kräftig. Was wie nach Durchhalteparolen im Abstiegskampf klingt, hat am Siebenendenweg seit vergangenen Sonntag eine völlig andere Bedeutung. Die "kleine" Hertha schlug in beeindruckender Manier den SV Victoria Seelow mit 5:1, einen Gegner, mit dem man in den zurückliegenden Jahren durchaus so seine Probleme hatte. Einzig die Zuschauerzahl von 171 Zahlenden trübten den sonnigen Tag etwas - "das war schon traurig", gab Niroumand seine Enttäuschung preis. Dazu später mehr.


Ein Snob hätte das Ernst-Reuter-Stadion spätestens um 14 Uhr 31 verlassen können, als Gästespieler Drews eine scharfe Eingabe Zihni Taner Hiriks unglücklich zum 4:1 ins eigene Tor gestoßen hatte. Danach ging's nur noch um die Höhe des Sieges. Die Zehlendorfer haben schon öfter fünf Tore oder mehr geschossen, aber zu Hause selten einen so leichten Sieg errungen wie diesen. Dabei sah es zunächst gar nicht danach aus. "Wir sind durch einen Fehler von mir überraschend in Rückstand geraten" gab 03-Schlussmann Philip Sprint hinterher zu. 0:1 durch Tobi Labes nach 14 Minuten, das ließ Tür und Tor für eine Überraschung offen, zumal die Gäste in der Vorwoche bereits Spitzenreiter Tennis-Borussia mit 2:1 überrascht und dementsprechend drei Punkte abgeknöpft hatten. Erst zum zweiten Mal in dieser Spielzeit lagen die Zehlendorfer im Rückstand (vorher beim 0:1 gegen den SV Tasmania).

Doch in den folgenden 17 Minuten geschah das, was Sprint so ausdrückte: "Wir haben gut reagiert und unser Spiel weiter aufgezogen, nämlich über die schnellen Außen hinter deren Kette zu kommen." Das gelang in (wieder einmal) beeindruckender Manier dem herausragenden Phil Butendeich.  In atemberaubenden Tempo marschierte der aus der eigenen Hälfte die linke Außenbahn entlang, drehte vor dem Strafraum aber nicht ab, sondern drang energisch hinein und konnte nur durch ein Foulspiel gestoppt werden.  Torjäger Sebastian Huke ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen und traf knallhart ins rechte Torwarteck. Fast deckungsgleich fiel der Führungstreffer nur 60 Sekunden später. Sprint Butendeich - Foul im Strafraum - sicher verwandelt von Huke (diesmal in die Mitte und hoch). "Ich habe heute meine Schnelligkeit ausgenutzt, gehe beide Male in den Strafraum und spüre den Kontakt. Beide Elfmeter wurden zu recht gegeben", sagte Butendeich später dazu.

Von diesem Doppelschlag erholten sich die Seelower nicht mehr, im Gegenteil. Fortan herrschte ein heilloses Durcheinander in deren Hintermannschaft, das die Zehlendorfer, nun fast im Spielrausch, zu nutzen wussten. Wieder setzte sich Butendeich an der Strafraumgrenze gegen mehrere Gegenspieler durch, spielte Doppelpass mit Huke und bugsierte beinahe artistisch das Leder zum 3:1 ins Netz (29.). "Bei meinem Tor hat sich 'Basti' revanchiert und ihn mir aufgelegt", blieb Butendeich Bescheiden. Lob bekam er nicht nur von seinem Kapitän Robert Schröder: "Phil ist grandios, er ist sehr fleißig und will in jedem Training dazu lernen. Seine Statistiken sprechen für ihn, und das in seinem 1. Männerjahr." Die endgültige Entscheidung wiederum nur 120 Sekunden später gelang dann unter gütiger Mithilfe der Gäste. Nellessen setzte sich am rechten Strafraumes durch, bediente Hirik, dessen Eingabe der Seelower Drews ins eigene Tor lenkte (31.). Somit war die Partie nach gut einer halben Stunde entschieden.

Im zweiten Abschnitt schalteten die Zehlendorfer nun einige Gänge zurück. Ihrem Kapitän Robert Schröder gefiel das gar nicht: "Kritisch ist anzumerken, das wir in der 2. Halbzeit gegen eine wirklich nicht starke Mannschaft unsere Konter nicht gut ausgespielt haben. Das müssen wir in den kommenden wichtigen Spielen besser ausspielen." Da hatte er nicht ganz unrecht, aber seit Wochen gewinnen die Zehlendorfer nun schon und finden selbst immer wieder noch Ansatzpunkte der Kritik. Da scheint auch Niroumands Befürchtung ("Hoffentlich hauen die Jungs jetzt keine Sprüche raus") unbegründet. Die Mannschaft scheint geerdet. Selbst ihr dreifacher Torschütze Huke war nicht vollends glücklich: "Ich bin heute trotz meiner drei Tore nicht ganz zufrieden und hätte mindestens einen Treffer mehr machen müssen." Aber Lob für das Team fand er doch noch: "Was unsere Mannschaft seit Wochen leistet, davor muss man den Hut ziehen. Es war schon gut, wie wir das 0:1 weggesteckt haben." Sein drittes Tor bedeutete den 5:1-Endstand (74.), Einwechsler Melih Hortum hatte mit einer wunderbaren Flanke die Vorarbeit geleistet.

30:9 Tore, 9 Siege in 12 Spielen - eine starke Bilanz. Umso verwunderlicher ist der magere Zuspruch der Zehlendorfer Fußballfreunde. Und dies insbesondere in Zeiten, in denen die Kritik an zu viel Kommerz im Profi-Fußball zunimmt, die Ablösesummen skurrile Formen annehmen und von den Fans eine mangelnde Identifikation der Spieler mit ihren Vereinen bemängelt wird. Bei der "kleinen Hertha" heißt es noch "Fußball pur". Ein junges, hungriges Team (nur 4 Spieler in der Startaufstellung hatten das 23. Lebensjahr überschritten), 5 der eingesetzten Akteure stammen aus dem eigenen Nachwuchs, ein Großteil des Teams spielt schon seit einigen Jahren zusammen. Selbst der Berliner Zeitung war der Höhenflug der Zehlendorfer nicht entgangen. In ihrer gestrigen Ausgabe war von ambitionierten Zielen, dem erhofften Regionalliga-Aufstieg, aber auch - ganz wichtig! - dem Zehlendorfer Weg die Rede. "Mehr als die Hälfte der Mannschaft besteht aus Zehlendorfer Jungs", sagt dort Präsident Niroumand, "Sie sollen den Aufstieg nun realisieren. Natürlich würden wir aufsteigen. Aber nur, wenn der Zehlendorfer Weg der Jugendarbeit das möglich macht."

Vieles erinnert derzeit an die Saison 1978/79, als ein aus vielen Junioren (und einigen älteren Korsettstangen) bestücktes Team mit Offensivfußball Berliner Meister wurde. Damals stiegen die Zuschauerzahlen kontinuierlich an, bis am vorletzten Spieltag beinahe 2.400 Besucher Zeugen der Meisterschaft wurden. Ganz so viele müssen es ja nicht gleich werden, aber mit einigen Hundert rechnet man an diesem Freitag schon. Der Punktspielalltag macht Pause, das Achtelfinale im AOK-Landespokal steht auf dem Programm. Gegner ist kein geringerer als der 10-fache DDR-Meister BFC Dynamo (19:00 Uhr, Ernst-Reuter-Stadion). Eine Woche später folgt das Spitzenspiel bei Tennis-Borussia, anschließend geht die Reise zum Torgelower FC Greif. Stehen die Jungs der "kleinen Hertha" dann immer noch an der Spitze (oder unmittelbar dahinter), folgt gegen den Tabellendritten Greifswalder FC ein Wahrsager am Siebenendenweg (Sonntag, 8. Dezember um 14:00 Uhr). Wahrsager im sportlichen Bereich, aber auch für die Zehlendorfer Fußballfreunde. Sie können hier ein Zeichen setzen, dass sie zu ihrem Verein im Bezirk stehen. Doch zunächst gilt: Das nächste Spiel - ist immer das schwerste.

Hertha 03 spielte mit: Sprint - Lux, Schröder, Stein, Sait - Rohana (46. Hortum), Wegener -, Nellessen, Butendeich (78. Dombrowe) - Huke, Hirik ( 72. Bokake-Befonga)

Tore: 0:1 Labes ( 14.min) , 1:1 Huke ( 20.min, Foulelfmeter), 2:1 Huke  (22.min, Foulelfmeter), 3:1 Butendeich (29.min), 4:1 Drews (32. min, Eigentor), 5:1 Huke (74.min) 

GELBE KARTEN: 65. Stein (F) 

Zuschauer: 171

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