F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

10.08.2015 / 1. Herren

Der Jugend eine Perspektive bieten

Zehlendorfer gehen selbstbewußt ins zweite Oberligajahr

Nach 14 Jahren Oberliga-Abstinenz feierte die „kleine Hertha“ in der letzten Saison eine erfolgreiche Rückkehr auf die überregionale Fußballbühne. Nach einem schwierigen Start, der auf einen Mix aus fehlender Erfahrung, mangelnder Chancenverwertung und einer gehörigen Portion Pech zurückzuführen war, fand sich das Team gerade gegen Ende der Saison. Mit sieben ungeschlagenen Partien – bei fünf Siegen und zwei Remis gegen die Regionalliga-Aufsteiger FC Schönberg 95 und FSV 63 Luckenwalde- beendete man die Saison auf beeindruckende Weise.

Das zweite Jahr gilt bei Aufsteigern immer als das schwierigere. In Zehlendorf schaut man jedoch optimistisch in die Zukunft. Mit Burak Mentes, Erdal Özdal, „Maxi“ Obst, Darius Niroumand, Cüneyt Top, Sven Aagaard, Dennis Dombrowe, Niclas Warwel, Marc Zellner und Trifon Gioudas konnten wichtige Leistungsträger gehalten werden. Der Kern des Teams blieb zusammen und wurde nun punktuell verstärkt. Die, die den Verein verließen, schlossen sich überwiegend höherklassigen Vereinen an. So wechselten Emre Cakmakci und Egzon Ismaili zu Regionalligaaufsteiger Optik Rathenow. Der beste Torschütze, Melih Hortum, hat sogar die Bundesliga vor Augen. Er läuft nun für Hannover 96 II und hat sich bereits ins Blickfeld von Profi-Trainer Michael Frontzeck gespielt. Stolz macht die Zehlendorfer in diesem Zusammenhang auch, dass ihrem ehemaligen Torhüter, Luis-Maria Zwick, der Sprung in den Profikader vom schottischen Erstligisten Dundee United gelungen ist. Die ersten beiden Ligaspiele hat er bereits absolviert und am letzten Wochenende auch seinen ersten Sieg gefeiert: 2:0 beim FC Motherwell. Beide Talente gingen übrigens aus der eigenen Jugend hervor und beide eint auch, dass ihnen der sportliche Aufstieg direkt von Zehlendorf aus gelang – ohne Umwege. Das bestärkt auch die Position des Vereins, der seinem Nachwuchs immer wieder nahelegt, auf zahlreiche Wechsel innerhalb Berlins wegen ein paar Euros zu verzichten. Die Aussage dahinter: Der Sprung in den Profibereich kann auch von hier erfolgen. Prominente Beispiele hat es über Jahrzehnte genügend gegeben, die beiden jüngsten bestätigen die Philosophie.

Aufgrund dessen ist es auch nicht verwunderlich, dass der Kader einen Altersdurchschnitt von knapp 23 Jahren aufweist und mit Carl Hopprich, Jian Schleiff, Matej Husajina, Samuel Yeboah, Rückkehrer Dennis Voigt (von 1.FC Union/A-Junioren) und Cem Kagitci erneut sechs A-Junioren in den Kader aufgenommen wurden. Da mit Markus Schatte seit Jahresbeginn nicht nur ein erfahrener, sondern ein im Umgang mit jungen Spielern bestens erprobter Trainer an der Seitenlinie steht, kann man sicher sein, dass die Vereinsphilosophie „Die Jugend ist unsere Zukunft“ keine Floskel bleibt. Schließlich spielt kein Team der Liga mit so vielen Akteuren, die aus der eigenen Jugend hervorgegangen sind. Die Zehlendorfer haben da im Laufe der letzten Jahre ein einzigartiges und mutiges Konzept umgesetzt, auf das der Verein stolz ist und für das er bereits viel Lob erhalten hat. 

Dass es mit der Jugend alleine nicht getan ist, bekamen die Zehlendorfer zu Beginn der letzten Saison zu spüren. Um dieses Defizit auszugleichen, wurde mit Robert Schröder von Viktoria 89 ein Regionalligaerprobter Abwehrmann verpflichtet, der der Defensive die notwendige Stabilität geben und gleichzeitig Erdal Özdal als verbalen Leader unterstützen soll. 

Die Position des Torhüters war im letzten Jahr lange Zeit eine unsichere „Kiste“. Joel Samake, Ahmad Srais und Selvedin Begzadic spielten aus verschiedenen Gründen „Bäumchen wechsel dich“ bis am Ende der Spielzeit Trifon Gioudas dem Abwehrverbund Stabilität verlieh. Nun hat er hochkarätige Konkurrenz bekommen. Von den eigenen A-Junioren rückt der talentierte Cem Kagitci nach – und seit Luis Zwick weiß man, dass von dort nicht die schlechtesten Torhüter kommen – vom BFC Dynamo wechselt Nico Hinz, der mit seinen 29 Jahren das erfahrene Gegenstück bildet, an den Siebenendenweg.

Da Torjäger Marc Zellner bis weit in die Saison hinein mit einem Kreuzbandriss ausfällt, und auch Melih Hortums 14 Tore fehlen werden, war man gezwungen, im Sturm nachzubessern und wurde in Wilmersdorf fündig. Efräim Gakpeto hat im vergangenen Spieljahr mit seinen 18 Treffern in der Berlin-Liga bewiesen, dass er weiß, wo das Tor steht. Nun soll er für die nötigen Erfolgserlebnisse sorgen. Die Neuzugänge komplettieren: Felix Robrecht, der zweifelsohne der Mannschaft körperliche Präsenz verleihen wird und der für sein Alter einen beeindruckenden Werdegang hinter sich hat, stammt übrigens ebenso aus der Zehlendorfer Jugendarbeit wie Miguel Unger, der vom Oranienburger FC kam. Mike Ryberg setzt dagegen eine unbeabsichtigte Tradition fort: Er folgt als erfolgreichster Hermsdorfer Torschütze (16 Treffer) seinen Vorgängern Niclas Warwel und Marc Zellner.

Im Vorjahr tat sich der Verein schwer, ein konkretes Saisonziel zu benennen. Der spielerischen Stärke des eigenen Teams durchaus bewusst, waren die Verantwortlichen aber nicht ganz sicher, wie die Mannschaft mit der körperlichen Robustheit zurechtkommt, die diese Liga erfordert. Im Verlauf der Saison fanden die Zehlendorfer zur richtigen Balance.

Dieses Jahr klingt das durchaus selbstbewusster. Präsident Kamyar Niroumand und Teammanager Timo Steinert erklären übereinstimmend, dass ein Platz im oberen Tabellendrittel angepeilt wird. Darüber hinaus sind der Mannschaft natürlich keine Grenzen gesetzt. Doch auf „Teufel komm‘ raus“ soll nichts erzwungen werden. Im Vordergrund steht, das Vereinsmotto weiter mit Leben zu erfüllen, und das sehr junge Team behutsam zu entwickeln, um anschließend mittelfristig nicht nur die Erfolge zu ernten, sondern der Jugend im eigenen Verein eine Perspektive zu bieten.

Doch zuletzt konnte von einer optimalen Vorbereitung keine Rede mehr sein. Das Verletzungspech, das die Zehlendorfer schon Ende der letzten Saison ereilte (Kreuzbandrisse bei Marc Zellner und Lukas Binting), schlug erneut brutal zu. So fallen auch Carl Hopprich (Außenbandriss) und Felix Robrecht (Bänderriss) lange aus. Trainer Markus Schatte hatte, bedingt auch durch Urlaubspausen einiger Spieler, nie die Möglichkeit, sein Team gezielt vorzubereiten, geschweige denn, verschiedene Formationen oder Systeme zu testen. Die Mannschaft stellte sich zumeist von selbst auf, oftmals mussten ausgewechselte Spieler mangels Alternative wieder eingewechselt werden. Angesichts dieser erschwerten Bedingungen erklären sich die holprigen Testspiele. Ob man auf die personelle Misere noch einmal reagiert, blieb zuletzt offen – Präsident Niroumand bestätigte jedoch, dass man „eigentlich noch was machen muss.“

Dennoch: Ist der Kader komplett und können sich Warwel, Top, Obst & Co. ihre Unbekümmertheit und ihren Spielwitz vom letzten Jahr bewahren, bringen die A-Junioren sowie die noch jungen Gakpeto, Robrecht und Ryberg weitere Frische hinzu und kann Robert Schröder die notwendige Hilfe für Routinier und Vorbild Erdal Özdal sein, dürfen sie in Zehlendorf dennoch nicht zu Unrecht optimistisch in die Zukunft schauen

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