F.C. Hertha 03 Zehlendorf

F.C. Hertha 03 Zehlendorf

22.02.2021 / 1. Herren

„Alle Spieler sind sehr eifrig dabei!“

Interview mit Co-Trainer Robert Schröder

Sie war gerade so schön in Schwung gekommen, unsere Oberliga-Mannschaft. Zum Einstand der neuen Trainer Fabian Gerdts und Robert Schröder wurde Spitzenreiter SV Tasmania 3:2 geschlagen. Fast 500 Zuschauer bildeten eine tolle Kulisse, die man auch Ende Oktober zum Derby gegen Aufsteiger RSV Eintracht Stahnsdorf erwarten durfte. Ein 4:2-Auswärtssieg in Neustrelitz und herrlich, sonniges Herbstwetter schienen die idealen Voraussetzungen zu bilden – bis Corona mit voller Wucht zurückkam und allen die Freude nahm.

Nach fast vier ereignislosen Monaten, hielten wir es (auch angesichts fallender Infektionszahlen) an der Zeit, einmal nachzufragen, was sich denn bei unseren 1. Männern getan hat. Liegen die Jungs auf der faulen, vielleicht durch Lebkuchen und Plätzchen etwas gestrafften Haut? Von wegen! Co-Trainer Robert Schröder gab uns einen Einblick in die letzten Wochen. Wir erfuhren aber auch von seinen ganz persönlichen Eindrücken zur Corona-Pause und seinen Bedenken zu einem möglichen Re-Start. Reflektiert und zum eigenen Nachdenken anregend. Dabei wurde klar, dass das neue Trainergespann auch im nächsten Jahr an der Seitenlinie unserer Mannschaft stehen wird.

Hallo Schrödi,

seit Ende Oktober und der Unterbrechung des Spielbetriebs liegen alle sportlichen Aktivitäten in den Vereinen brach. Wie sieht es bei euch aus? Haltet ihr Trainer regelmäßig Kontakt zu den Spielern bzw. trainieren die Jungs individuell und wenn ja, in welcher Form? Seid ihr sehr streng oder lasst ihr auch mal „alle Fünfe gerade sein“?

Schröder: Bevor ich auf Deine Frage eingehe, will ich erst einmal an alle Zehlendorfer bzw. die Vereinsgemeinde und alle, die um den Verein herum arbeiten ein herzliches Hallo senden und hoffe natürlich auch, dass alle gut durch die aktuellen Strapazen kommen. Hoffentlich können wir uns alle in Kürze auf dem Gelände wiedersehen. Das Vereinsleben fehlt uns schon sehr.

Zum Stand der Mannschaft: Wir stehen in regelmäßig unregelmäßigem Kontakt. Das heißt, es gibt Woche für Woche Lauf- und Athletikpläne, die an die Wetterlage gekoppelt sind. Beispielsweise haben wir in den letzten beiden Wochen aufgrund der tollen Schneeverhältnisse das Training angepasst – da stand natürlich mehr Stabilisation als Läufe auf dem Programm. Grundsätzlich ist es schon so, dass wir möchten, dass sich die Jungs bewegen. Die Läufe sind auch so angelegt, dass sie nicht auf eine Marathonteilnahme abzielen. Unser Athletiktrainer Lucas Kühnold macht da eine hervorragende Arbeit, indem er Schnelligkeitsprogramme einbaut und auch Ausdauerläufe. Es gibt da unheimlich viele Formen von Läufen, wo die Spieler auch Wahlmöglichkeiten haben und sich selbst ein wenig ausprobieren können. Das umfasst drei, maximal vier Einheiten pro Woche. Das weisen sie dann über „runtastic“nach. Es sind wirklich alle Spieler sehr eifrig dabei und für manche hat sich das Laufen auch zum Ausgleich entwickelt. Einige machen mehr als nötig, Mike Ryberg zum Beispiel hat jetzt schon mehr Laufkilometer zusammen als wir auf Kilometer bei unseren Auswärtsfahrten mit dem Bus kommen. Ansonsten versuchen wir mittels eines Programms auch Krafttraining anzubieten. Das ist wie ein Zirkeltraining über eine Videokonferenz. Eine gute Alternative, weil man sich da mal zu Gesicht bekommt. Wir haben zuletzt auch mit den Spielern eine Art Bestandsaufnahme angefangen und mit jedem Einzelnen gesprochen: Wo sehen wir Trainer die Schwächen, wo die Stärken? Wie sehen sich die Spieler selber? Was sind ihre Ziele für die Saison und darüber hinaus? Wir versuchen es schon so zu gestalten, dass wir uns alle nicht aus den Augen verlieren und regelmäßig im Kontakt bleiben, ohne dass es in Zwang ausartet. Ich hoffe da auch auf die Eigeninitiative der Spieler.

Womit rechnet Ihr? Wird diese Saison abgebrochen? Wird die Hinrunde vielleicht doch noch zu Ende gespielt? Ist das noch realistisch? Die Zahlen der Neuinfektionen gehen zwar runter, aber um auf einen Inzidenzwert von 35 zu kommen, kann noch eine Menge Zeit vergehen. Oder seid ihr optimistisch und rechnet mit einem Trainingsbeginn vielleicht Mitte März – mit Abstandsregeln und einzelnen Gruppen? Wäre dann ein Re-Start Mitte April möglich? Du musst das nicht seriös beantworten, das kann ohnehin niemand, aber auf was hoffst Du?

Schröder: Ich bin auch jemand, der raus und spielen möchte und der es kaum erwarten kann, wieder auf dem Gelände zu stehen. Aber eine Prognose ist wirklich schwer abzugeben. Ich kann auch verstehen, dass Tasmania darauf drängt, weiter zu spielen. Aber es gibt auch andere Meinungen. Natürlich wollen wir auch spielen, aber ich bin da kritischer. Ich sehe es bei mir an der Schule (Schröder ist Lehrer, Anmerkung Autor), dass wir keinen Sportunterricht haben, wir haben Unterricht von zu Hause, die Restaurants sind geschlossen. Solange dieses gesellschaftliche Leben nicht möglich ist, ist es für mich auch nicht vertretbar zu sagen: „Wir machen wieder Sport.“ Ich sehe das wirklich sehr kritisch. Wie sollen wir das auf dem Platz umsetzen? Wenn wir es für die Erwachsenen im Verein anbieten, müssen wir es auch für die Kinder anbieten. Die leiden ja noch mehr unter dem Bewegungsmangel. Wenn wir da vier Mannschaften gleichzeitig trainieren lassen, benötigen wir ja zwanzig Kabinen. Auf dem Ernst-Reuter-Sportfeld wäre das vielleicht sogar möglich, aber es geht nicht bei allen Vereinen. Und was gibt die Witterung her. Können sich die Jugendlichen draußen umziehen oder setzen sie sich geschwitzt nach dem Training direkt in ein kaltes Auto der Eltern. Da besteht dann wieder die Gefahr von Erkältungen, Grippe und Lungenentzündungen. Ich möchte einfach nur sicherstellen, dass die Konzepte umsetzbar sind. Dazu gibt es ja noch die Probleme der regionalen Unterschiede. Wir haben Brandenburg mit hohen Infektionszahlen, aber auch Mecklenburg-Vorpommern, wo wenig los ist. Wie sehen es diese Bundesländer? Wie sehen die das, wenn wir aus der Großstadt dahin kommen? Und bei uns war ja auch nicht alles logisch: Wir dürfen nicht gemeinsam in einer Kabine sitzen, dafür aber stundenlang zusammen in einem engen Bus. Da war für mich vieles nicht nachvollziehbar. Ich möchte auch nicht, und das ist an den Verband gerichtet, dass die Saison auf Kosten der Spieler fortgesetzt wird. Wenn wir von einem möglichen Beginn im März oder April ausgehen, hatten die Jungs vier Monate kein regelmäßiges Training. Das bedeutet, Muskulatur bildet sich zurück, die wiederum Bänder und Gelenke schützt. Da können wir Hometraining machen wie wir wollen – das ersetzt keinen normalen Trainingsbetrieb mit Zweikämpfen und Sprints. Die Verletzungsanfälligkeit steigt somit enorm. Unsere Spieler gehen alle einem Hauptberuf nach, ich möchte nicht rechtfertigen müssen, dass jemand wegen einem übereifrigen Verband seinem Job nicht mehr nachgehen kann, weil er sich schwer verletzt hat. Ich bitte darum, dass der Verband das mit ins Kalkül zieht. Was passiert übrigens, wenn man einen Infektionsfall in der Mannschaft hat? Das ist ja immer noch gut möglich. Steht die Gesundheit der Spieler beim Verband wirklich im Vordergrund? Abschließend: Wir gehen schon davon aus, dass noch einmal gespielt wird und bereiten uns auch entsprechend vor. Ich gehe aber nicht davon aus, dass das vor April (Training) oder Mai (Re-Start) geschehen wird.

Rechnet ihr euch dieses Jahr noch etwas aus (sechs Punkte Rückstand auf Tabellenführer SV Tasmania, Anmerkung Autor) oder wollt ihr das eher als Anlauf für die nächste Saison nutzen?

Schröder: Grundsätzlich ist es so: Wenn wir die Möglichkeit haben, Spiele zu gewinnen, wollen wir das natürlich. Das ist ja auch die Motivation der Mannschaft in dieser Pause. Sonst müssten sich die Jungs ja nicht so oft die Laufschuhe anziehen. Wir sind alle Sportler und wollen immer das Beste rausholen.

Ihr schielt ja trotzdem sicherlich auch schon auf die nächste Saison. Schließlich liegen die Eckdaten bereits vor. Wie plant ihr? Wie lange haben die Jungs Urlaub?

Schröder: Mit der Urlaubsplanung haben wir uns noch nicht beschäftigt, weil es auch davon abhängig ist, ob wir nochmal spielen und wenn ja, wie lange läuft der Spielbetrieb. Wir planen derzeit mit einer Vorbereitungszeit im Sommer von sechs Wochen. Wir wollen auch mit dem Verein noch einmal sprechen, ob wir vielleicht ein kleines Kurztrainingslager machen können, damit wir als Mannschaft auch etwas Zeit miteinander haben, um uns optimal auf die neue Spielzeit vorzubereiten. Wir selbst haben gerade gute Gespräche mit dem Verein geführt und sind dankbar dafür, dass man mit uns in Kontakt getreten ist und uns das Vertrauen schenkt. Das Vertrauen wollen wir natürlich zurückgeben. Zu den Spielern: Wir haben im Moment einen richtig guten Kader und wollen nun Stück für Stück die Gespräche führen mit den Spielern, mit denen wir weiter planen. Aber selbstverständlich auch mit denen, bei denen wir derzeit noch keine verlässliche Aussage treffen können. Da spielen auch immer Variablen mit rein, die wir jetzt noch nicht abschätzen können, wie zum Beispiel Abgänge, auf die wir keinen Einfluss haben. So weiß jeder Spieler in den nächsten Wochen, wie wir die Situation sehen und kann eventuell auch eigeninitiativ tätig werden. Aber immer bedenken: Wir haben gerade einmal Mitte Februar, sonst wurde immer erst im März oder April gesprochen, da muss man auch nicht zu sehr aufs Gaspedal drücken. Auf der anderen Seite wollen wir durch die rechtzeitigen Gespräche den Spielern Sicherheit geben. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir im nächsten Jahr mit einer Mannschaft an den Start gehen, die auch das verkörpert, was wir in den letzten Wochen gezeigt haben. Eine Mannschaft, die in jeder Phase des Spiels aktiv ist.

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